Mitarbeiter/Firma

Manni und die Abrechnung

Manni wohnt mit seiner Familie zur Miete und soviel ich weiß, muss er auch nicht besonders viel Miete bezahlen, da er seinem Hausbesitzer die eine oder andere Malerarbeit in dessen umfangreichen Immobilienbesitz erledigt. Dafür ist Manni bei ihm als nebenberuflicher Hausmeister angestellt.

Heute steht Manni in meinem Büro und dreht verlegen seine Finger ineinander und starrt auf seine Schuhspitzen.

„Was’n los?“ frage ich und Manni antwortet: „Alles Scheiße!“

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„Was ist alles Scheiße?“

„Ach, wissen Sie, ich zahle jeden Monat 290 Euro Miete und 125 Euro Nebenkosten. Letztes Jahr rief mich mein Vermieter an und sagte, wir hätten 80 Euro zuviel Nebenkosten bezahlt, ob er mir das überweisen solle oder ob er das auf’s neue Jahr übernehmen soll. Ich habe dann gesagt, er soll’s mal behalten und uns gutschreiben, weil ja die Kosten sowieso steigen werden.“

„Ja und?“

„Und jetzt habe ich gestern die neue Abrechnung bekommen und wir sollen 1.100 Euro und ein paar Zerquetschte nachzahlen.“

„Boah, das ist aber viel!“

„Jau, ich hab den gleich angerufen und er hat mir dann die Abrechnung erklärt. Wir haben 30 % mehr verbraucht als im letzten Jahr und die Heizkosten sind um fast 35 % gestiegen.“

„Also stimmt die Abrechnung?“

„Ja, wenn ich das alles zusammenrechne, dann stimmt das schon, aber ich hätte doch nie damit gerechnet, dass das so viel ist. Hätte der mir nicht vorher mal Bescheid sagen müssen, dass das so viel wird?“

„Ich nehme an, der hat das auch erst nach dem Ablesen der Heizung gesehen.“

„Stimmt. Aber das hilft mir nix, ich hab die Kohle nicht, ich weiß nicht was ich machen soll. Da geht das ganze Weihnachtsgeld drauf und der Rest ist ja irgendwie auch schon verplant. Das einzige was ich machen kann, ich könnte dieses Jahr Weihnachten ausfallen lassen.“

Was soll ich da machen?
Ich könnte Manni das Geld jetzt als Vorschuss geben und was wäre die Konsequenz? Ich müsste es ihm über Monate hinweg wieder abziehen und dann langt ihm sein Einkommen viele Monate nicht.
Um es gleich zu sagen, Manni verdient sehr gut bei uns, aber Manni hat Schulden-Altlasten durch seine Frau und man kennt das doch, man richtet seine Ausgaben auch immer nach dem, was einem zur Verfügung steht.
Und leider neigen die Leute dazu, ihr Einkommen in immer mehr fixe Kostenpositionen zu investieren: Sky-TV, Handyverträge, Leasingraten etc.
Kommt dann mal finanziell was dazwischen, dann können diese Verträge schnell mal nicht bedient werden und man steht dumm da.
Ich kann Manni das Geld aber auch nicht einfach schenken. Ich meine, ich habe meinen Mitarbeitern schon viel geschenkt, aber man muss das irgendwie im Rahmen halten, sonst kommt es schnell dahin, dass sie bei jeder Gelegenheit auf die „Versicherung Chef“ bauen.
Einmal hatte ich einen… der hat mich regelrecht ausgenommen und ich weiß bis heute nicht, wie der Kerl mich so weit gebracht hat… Irgendwie hatte der eine Art, dem konnte man nicht böse sein. Egal, das ist lange her.

Aber nun zu Manni. Was soll ich machen?
Ich zucke mal zunächst nur mit den Schultern und Manni seufzt: „Nee, ich will kein Geld von Ihnen, Sie müssen auch rechnen, das weiß ich ja, aber vielleicht haben Sie ja eine Idee.“

Ja, eine Idee habe ich. Ich frage Manni: „Sagen Sie mal, Manni, wie lange sind Sie eigentlich schon bei uns?“

Manni überlegt, zählt mit Hilfe der Finger und kommt dann zu dem Ergebnis: „Elfeinhalb Jahre, Chef.“

„Mensch, Manni“, sage ich, „Warum haben Sie mir das denn nicht schon früher gesagt. Elfeinhalb, das ist doch in Ostpreußen, wo meine Vorfahren herkommen, eine traditionelle Jubiläumszahl!“

„Was?“

„Ja, eine Jubiläumszahl! Elfeinhalb, Neunzehndreiviertel und Siebenunddreißigsechsachtel!“

„Was?“

„Warten Sie mal!“ sage ich und drücke auf den Sprechknopf zu Frau Büser, die wenig später mein Büro betritt.

Ich sage: „Mensch, Frau Büser, wissen Sie was? Wir haben Mannis Jubiläum dieses Jahr vergessen. Der Mann ist elfeinhalb Jahre bei uns. Zahlen Sie ihm bitte für jedes Jahr seiner Betriebszugehörigkeit 100 Euro aus und zwar diese Woche noch, also noch vor Weihnachten.“

Frau Büser steht mit offenstehendem Mund da, ihre Augen weiten sich einen ganz kleinen Moment und dann kommt das zu tragen, was eine sehr gute erste Bürodame ausmacht: Sie spart sich alle klugscheißernden Fragen für später auf und sagt: „Ach ja, wenn Sie das sagen, aber selbstverständlich, ich mache ihm gleich einen Scheck fertig, den kann er heute noch zur Bank bringen.“ Und an Manni gewandt: „Oder doch lieber in bar?“

Manni nickt, weiß gar nicht wie ihm geschieht und stammelt: „In, in, b-b-bar, bi-bitte.“

Frau Büser nickt und geht rüber in ihr Büro.
Manni weiß immer noch nicht, was er sagen soll und deshalb sage ich: „Ach ja, diese Jubiläumszahlen ändern sich übrigens jedes Jahr, je nach Mondwetter, da hat niemand Anspruch drauf, alles klar?“

Ach menno, ich mag es nicht, wenn mich Männer umarmen und weinen, ich muss dann auch immer heulen.

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