Ganz früh am Morgen (des 24. Dezembers) klingelt der Paketbote und bringt einen großen gelben Karton. Brav bleibt er stehen, sucht die Konversation, erzählt von seinen Kindern und berichtet davon, wie sehr er sich, trotz seines muslimischen Glaubens assimiliert hat und daß er sogar einen Weihnachtsbaum besitzt und man, einmal abgesehen von besonders christlich geprägten Liedern, ganz normale deutsche Weihnachten feiert. Schön, daß der Mann so viel erzählt, denke ich, denn er kommt jetzt schon eine ganze Weile und man hatte noch gar keine Gelegenheit ein paar Worte zu wechseln.
Mit den gewisperten Worten „Du Hornochse!“ piekst mir meine Frau von hinten in den Rücken und zerrt mein Portemonnaie aus der Gesäßtasche und drückt es mir in die Hand. Ich drehe mich um und wispere ihr zu: „Das kostet nix!“ und drücke ihr das Paket in die Hand. „Oberhornochse!“
Und dieser liebevolle Diminutiv der sonst üblichen Kosenamen bringt mich dann doch kurzfristig zum Überlegen und ein weiteres Pieksen von hinten, jenseits der Tür, bringt es mir auf einmal in den Sinn, der Gelb-Graublaue könne in Anbetracht der jahresendlichen Feiertagslage auf ein Trinkgeld spekulieren.
Zwanzig Euro wechseln den Besitzer, der Schwarzhaarige bedankt sich artig und zaubert noch zwei Minitäfelchen Schokolade aus seiner Hosentasche: „Für die Kinder!“
„Du bist aber auch sowas von steif“, motzelt meine Frau während sie mich mitsamt Paket nach oben treibt: „Was ist denn da drin?“
„Woher soll ich denn das wissen?“
„Das ist doch an Dich adressiert, an Deinen Blognamen.“
Dabei betont sie das Wort Blogname so, als würde ich nachts heimlich auf den Strich gehen und da stünde nun „Miss Chantale“ oder „Lady Monique“ oder so. Aber da steht nur „Undertaker Tom“ und das Paket ist von einer sehr aktiven Kommentatorin meines Weblogs.
Wieder bohrt meine Frau: „Und, was issen nun da drin?“
„Ich weiß es nicht! Läßt Du mir vielleicht eine Chance, das Ding erst aufzumachen?“
„Du hast schon so viele Karten und Päckchen bekommen, nie habe ich eins davon aufmachen dürfen“, mault sie und ich drücke ihr den Karton in die Hand: „Bitteschön, dann machst Du eben heute das Paket auf.“
Wenig später sitzen wir im Wohnzimmer, ich auf dem Sofa, Sie auf ihrem Sessel und sie säbelt, in gewohnt grobmotorischer und mir Schauder über den Rücken treibender Weise, mit einem viel zu großen Küchenmesser an den schmalen Klebestreifen herum.
Der Deckel des Kartons schwingt auf und sie nimmt einen großformatigen Zettel mit Weihnachtskarte heraus und unser Blick fällt auf lauter bunte Bündel in Seidenpapier.
„Was ist das denn?“ fragt sie und ich zucke nur mit den Achseln: „Keine Ahnung.“
Sie wickelt eines der Seidenpapier-Päckchen auseinander und es liegt eine abgeschnittene Scheibe von irgendwas auf ihrer Handfläche. Es ist eine halbfeste bis feste dunkelbraun und hellbraun geschichtete Masse, eindeutig Schichtnougat!
Ich liebe Nougat!
Ein Griff, kurz daran gerochen, eine leichte Zimtnote steigt in meine Nase, gepaart mit dem Aroma von Vanille und ich beiße hinein.
Naja, die Absenderin mag es ja gut gemeint haben, aber die Kunst des Nougatmachens ist jetzt nun nicht unbedingt die Kunst mit der sie künftig ihren Lebensunterhalt bestreiten sollte. Mit anderen Worten: Das Zeug schmeckt nicht. Es wird im Mund nicht richtig weich, es ist nicht cremig und der Geschmack ist eher bescheiden.
Ich lege die Scheibe Schichtnougat wieder in den Karton und wickele ein anderes Seidenpapier auf. Zu Tage kommt eine hellrosa Rolle. Marzipan, denke ich und breche mir ein Stückchen davon ab. Aus bekannten Gründen habe ich jahrelang unter einer Marzipanverweigerung gelitten, mußte aber inzwischen feststellen, daß das Zeug doch wieder ganz gut schmeckt. Das Stück von der rosa Rolle jedoch schmeckt kein bißchen gut. Es klebt an den Zähnen, ist viel zu glatt und fest für Marzipan und lässt sich nur schwer zerbeißen. Im Abgang ist es eher schleimig.
„Das schmeckt nicht“, sage ich und meine Frau, die nicht so sehr auf Süßes steht, stellt den Karton beiseite und nimmt den Brief der Absenderin des Paketes und beginnt zu lesen: „Zimt, Vanille, Butter, Olivenöl…“
Also doch Süßigkeiten! Ich greife wieder in den Karton, nehme ein anderes Bündelchen und wickele ein grünliches, herzförmiges Stück aus. Irgendwas mit Pistazie, vielleicht alles nach ausländischen Rezepten gemacht, wer weiß?
Ich bin schon etwas vorsichtiger und beiße nur ein ganz kleines Stückchen ab. Zwar ist auch diese Masse sehr fest, aber der Geschmack hat irgendwas, es ist nicht wirklich lecker, aber auch bei weitem nicht so schlimm wie beim missglückten Nougat und dem merkwürdigen Marzipan.
Meine Frau liest weiter vor: „Ich hoffe Euch gefallen meine kleinen Präsente, die ich alle selbstgemacht habe, ich wünsche euch viel Freude mit meiner selbstgemachten Seife.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Ich lieg am Boden.
Auweia Tom. Aber zumindest sind jetzt Mund und Magen sauber. 🙂
Ich verkneife mir jetzt den Spruch mit den gierigen Kindern. *gg*
Für diese Art von GEschichten liebe ich das Blog!
Schöne Weihnachten aus der Hauptstadt!
RTFM! 😉 Frohes Fest!
So kann man sich auch den Magen verderben, köstlich 😀
Aber Tom, immer diese Gier beim Auspacken… wo bleibt das gespannte Auswickeln, das überraschte Begaffen und das freudige Betatschen vor dem Reinbeißen? 😉
Ich kann mich nur Nummer 5 anschließen: RTFM!!!!!
Frohes Fest
Jakob
Da gehe ich nach dem Nachtdienst nicht sofort ins Bett und stöbere etwas durch meine Blogliste – und liege vor lachen am Boden.
Sehr genial…
Gute Nacht!
ROTFL Tom, you made my day 🙂 alter gierschlund lach
*kicher*
Da scheint jemand eine lausige Handschrift zu haben….
Mich würde jetzt noch interessieren wer der Absender ist.
Und ich hätte gerne das Rezept für Nougatseife. 🙂
Also die einzigen Seifenrezepte die ich kenne funktionieren mit Natronlauge…. Herzlichen Glückwunsch, Tom, wenn du jetzt noch lebst hast du nen echten Pferdemagen 😉
@Frauke:
Er ist abgehärtet durch die ganzen Verpackungschips, die er gegessen hat.
aua, dachte blos mir passiert sowas…
*LOL*
Ich ahnte sowas, Du würdest nie über ein Geschenk in der Form herziehen. *kugel vor lachen*
War’s denn beim Duschen angenehmer ;)?
Köstlich lach
Neulich beim Bestatter…
[i]Toms Frau[/i]: Jetzt schling doch nicht alles auf einmal runter! Mann, was machst Du da überhaupt?
[i]Tom[/i]: Sprechblasen.
@15(bee) *rofl*
Tom, you made my X-mas! Danke!
Bei-pack-zettel. erst lesen.
herrliches stück leben.
danke. machst du eigentlich jetzt blubberbläschen beim aufstoßen?
Also, Google hat mir beim Thema „Weihnachtsseife“ das hier rausgeworfen:
http://schattenbaum.net/seife/seife.php?seife=weihnacht
Vielleicht kann man sich das ja so ähnlich vorstellen? Nur nicht so hübsch? *g*
Also ich musste auch schon ein Kind davon abhalten, in meine duftende Schokoseife meiner Lieblings-Seifenherstellerin zu beißen… 😀
@Robert: ich denke schon, dass man das gut verwechseln kann. Für selbstgemachte Seifen werden auch oft Kuchenformen verwendet^^
Das erinnert mich irgendwie an die Minzblättchen die es an der Tankstelle zu kaufen gibt, habe mich sehr gefreut als mir in der Apotheke zu meinen Medikamenten auch so ein Schächtelchen mit den Minzblättchen gegeben wurde.
Nur leider haben die nicht geschmeckt….
Wer kann auch ahnen das es Seife in Blättchenform zur einmaligen Verwendung gibt….
Erinnert mich daran wie ich mich eines morgens damit rasiert habe:
http://www.beautyspion.de/spionneu/wp-content/uploads/2009/01/odol-med3-samtweiss-gelschaum.jpg
Auaaaaa mein Bauch!!!
Das ist ja mal wieder „köstlich“.
Komisch, schmeckt nicht!
Vielleicht in Zukunft doch erst alles auspacken, ehe probiert wird 😉
Nebenbei bemerkt: Ziegenböcke knabbern auch an allem herum.
Am besten ist, Du hebst dir die Stücke auf, und immer wenn Du ein böses Wort gesagt hast, wäschst Du Dir den Mund mit Nougat, Marzipan, Vanille und Pistazie aus.
Liebe Absenderin, das war besser als ihn in den April zu schicken. Die besten Streiche spielen die Menschen sich nun mal immer selbst.
Das kommt mir bekannt vor. Ich habe vor ein paar Jahren auch ganz gierig bei Kerzenschein in ein Plaetzchen gebissen welches aus einem Briefumschlag kam. Nach der Geschmacksprobe und bei elektrischem Licht betrachtet entpuppte es sich als golden bemalter Salzteigstern und war als Dekoration der Weihnachtskarte gedacht. Lecker…
Mich nervt diese Verquickung von Lebens- und Pflegemitteln schon lange. Offenbar wissen wir schon nicht mehr, wie wir uns noch verwöhnen können. Was wir nicht mehr fressen, schmieren wir uns eben aufs Haar. Sahne-, Obst-, Nougatschokoladen- und sonstige Spülungen, Seifchen, Cremes… und woanders verhungern die Menschen.
(Ja, und ich weiß, daß das alles künstliche Aromen sind und am Nougat höchstens vorbeigetragen – trotzdem finde ich es zum Würgen).
Salat
Danke für die schöne Geschichte, so lässt sich der Tag doch gut beginnen ,O)
Hoffe die Seife ist nicht allzusehr aufgestossen ;O)
20 Euro fuer den Brieftraeger? Also meine Schwiegermami arbeitet auch als Zustellerin. Die kann froh sein, wenn die Leute ihr frohe Weihnachten wuenschen. Und dann heisst es, die Sueddeutschen seien geizig…
unser postbote (intern aufgrund seiner nationalität „die türkische post“ genannt – kein vergleich übrigens zur deutschen snailmail) hatte am 24. ne nikolausmütze auf. soviel dann zur integration 🙂
ok, ich oute mich dann mal endgültig als Täterin *g* @salat: Die Seifenherstellung hat mehrere für mich stichhaltige Gründe. 1. sie sind allergenfrei. Zumindest für mich und die Kumpels, die ich damit versorge. Da ist ein staatlich geprüfter Hypochonder dabei. Symptomfrei. *g* Und die Inhaltsstoffe wie Spitzwegerich und Ringelblume (die „Pistazien“ *g*) sorgen dafür, dass kleine Wunden auf der Haut schnell desinfiziert werden und gut wegheilen. was z.b. einen guten Freund, der gerade ein Haus baut, hinter dem Zeug her sein läßt wie der Teufel hinter der armen Seele 😉 Ich probiers halt grad noch aus, sowohl was Duft angeht als auch was das Aussehen (da muss ich echt noch dran arbeiten) angeht. Und ich nehme Silikonkuchenformen bzw. ein Stück einer Regenrinne (!) zum Ausformen. Mehr hab ich noch nicht, ist ja noch alles am Ampfang. 😉 Aber grad das Weihnachtsteil duftete doch sehr nach Zimt und Vanille 🙂 2. das Spaßbremsenargument „anderswo verhungern leute“ zieht nicht mehr. Das Öl, was ich in die Seife kippe, würde niemandem vor dem Verhungern retten, wenn ich das… Weiterlesen »
Du warst das, Tante Jay? 😀
Ich lach´ noch immer. Hab zu Weihnachten auch so Zeug geschenkt bekommen, was wie Seife schmeckt. Sollten aber Süßigkeiten sein. Andersrum wäre es mir lieber…
ROFL… feine Geschichte Tom 😀
@Tante Jay: uiiiii…. supi Idee… Ich möchte sowas auch mal gerne herstellen —->>> undsofortmalgoogeln…
lg @all und einen schönen Sonntach noch
Tja, so viel Undank über ein selbsgemachtes Geschenk muss bestraft werden. 😉
guten Rutsch!
@salat: die verquickung von pflege- und lebensmittel ist uns eigentlich nur für ein paar jahrzehnte abhanden gekommen, weil bevor die menschen begonnen haben die dinge in großen fabriken künstlich herzustellen gabs nichts anderes als olivenöl gegen trockene haut, eidotter für glänzende haare usw.
und deine kinder, haben die in ihrer schüttphase nie mit getrockneten bohnen oder hörnchennudeln gespielt. niemals bei den übungen des täglichen lebens reis von links nach rechts gelöffelt. also so eng darf man das mit den lebensmitteln auch wieder nicht sehen.
Wie kann das an dich adressiert sein, wenn du doch geheim hältst wer du bist und wo du wohnst?
Tante Jay, komisch, hatte auch gleich an dich gedacht.
Ich will dir deinen Spaß auch nicht madig machen. Und ich gestehe, wir haben mit den Kleinen nicht nur rote Linsen auf dem blauen Teppich von links nach rechts gelöffelt (es waren noch MONATE danach rote Linsen im Teppich), nein, ich habe sogar mit Nudeln etc gebastelt.
Uuuuuuuuuuuuuuuuund trotzdem – es macht mich wütend, zu wissen, daß wir hier genug haben, um damit Scherz zu treiben, und anderswo haben sie es nicht. So rum verständlicher?
Salat
Um dazu mal mein Dressing dazuzugeben:
Lebensmittel, die zur Körperpflege eingesetzt werden, sind Natürlich und nicht verschwendet.
Lebensmittel sonstwohin zu transportieren ist keine Lösung, wenn in Afrika europäische Zwiebeln billiger verkauft werden als die Zwiebeln aus dem eigenen Dorf. Da wird der afrikanische Bauer nämlich auch hungrig, weil er nichts mehr verkauft. Ich bin allerdings völlig Deiner Meinung Salat, Verschwendung von Lebensmitteln gehört bestraft, solange man mit diesen den Hunger Anderer lindern könnte.
Uff, auch das ist ja nur ein Teil. Einerseits die Lush-Läden mit TiramisuCaramelSahneBodylotion, andererseits die Tütenhühnersuppe für 10 Teller mit den gesetzlich verordneten 5 g HühnerfleischEXTRAKT drinnen.
„Toasties“ für so zwischendurch aus Preßfleisch und Pappe, Gemüse ja sooo teuer, aber das neue Handy für nur 1,- € Zuzahlung (aber mit nem Vertrag für insgesamt 500,- € Fixkosten).
Uns gehen die Verhältnisse flöten.
Salat
Fast-Food, beinahe Futter,
das ich keinem Tier vorsetzen möchte.
Deswegen backe und koche ich lieber selber, wenn ich doch mal etwas Fertiges esse, schmeckt fast Alles einheitlich künstlich, übersüßt, und macht lange nicht so satt wie selbst Zubereitetes. So gesehen sind Lebensmittel gar nicht mal so teuer, bis auf die Arbeitszeit. Da man sich aber so vor Chemie und Allergien schützen kann, steigt die vermutliche Lebenserwartung, das gleicht die Arbeitszeit um ein Vielfaches aus.
(Wer meint, solche Handys als Statussymbol brauchen zu müssen, ist entweder Opfer der Werbung, oder wirklich selber Schuld.) 😛
Ganz Recht, die Verhältnisse werden immer musikalischer, immer mehr pfeifen auf dem letzten Loch. 😉
Das hat mich doch sehr erinnert an eine Geschichte, die ich selber mal erlebt hab:
http://diekatzelaesstdasmausennicht.over-blog.de/
Ich kenne dieses Phänomen von elektronischen Geräten: In der Bedienungsanleitung steht meistens gleich ganz vorn, woran ich meist eine Stunde herumprobiere.
Seitdem lese ich immer zuerst, bevor ich irgendwas falsch mache.
sowas ist mir auch mal passiert-als kind. damals war es aber ein rosa seifenschweinchen, das dran glauben musste. ich ziehe eindeutig marzipan vor.
Boah hab ich grad lachen müssen =)
Ich muss einiges nachholen .. ich gestehe, ich war abstinent.
Nu weiterlesen 😉