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Mechthild und Käthe

Rechtschreibung geprüft

Mechthild und Käthe sind Schwestern. Mechthild ist 84 Jahre alt, war Stadtbibliothekarin, Käthe ist 81 und hat es bis zur Oberamtmännin gebracht. Sie stammen aus einer rund 300 Kilometer entfernten Stadt und hatten am heutigen Sonntag nach der Frühmesse um 7 Uhr die Idee, sie müßten unbedingt, das Grab von Käthes Schwiegereltern besuchen.

Die beiden Schwestern haben ihr ganzes Leben gemeinsam in einem Haus gelebt, das sie von ihren Eltern geerbt haben. Als Käthe dann 1969 Clemens heiratete, trübte das das Verhältnis der Schwestern sehr. Jedoch währte die Ehe nicht lange, was vor allem daran lag, daß Clemens bereits 1973 einen plötzlichen Herztod erlitt, was zur Folge hat, daß er heute immer noch tot ist.

Clemens wurde in einem Reihengrab in Käthes und Mechthilds Heimatstadt begraben, das Grab ist lange abgelaufen und existiert nicht mehr.

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Ob es nun am Alter liegt, einer leichten Verwirrtheit, einer gewissen Schrulligkeit oder einem Anflug von Sentimentalität, das weiß man nicht so genau, jedenfalls erinnerte sich Käthe heute bei der Frühmesse, vielleicht auch vom Weihrauch benebelt, an die Tatsache, daß es in unserer Stadt seit Jahrzehnten das Grab von Clemens‘ Eltern geben muß. Ja, und da haben die beiden Damen, Mechthild und Käthe, beschlossen, man müsse doch unbedingt jetzt sofort und auf der Stelle nachsehen, ob das Grab noch existiert und wie es um diese Grabstätte bestellt sei.

Ja, und was liegt da näher, als frühmorgens in ein Taxi zu steigen und dem sehr überraschten Fahrer zu eröffnen, man möchte mal eben 300 Kilometer weit zu einem Friedhof gefahren werden. In solchen Fällen vereinbaren die Fahrer ja gerne einen Festpreis. Ich weiß jetzt nicht, wie viel der Fahrer für seine Arbeit bekommen wird, allerdings stand er so gegen zwölf bei uns vor der Tür, die beiden putzmunteren und etwas aufgeregten Damen im Schlepptau und entschuldigte sich auf das Heftigste für die sonntägliche Störung.

„Wir haben jetzt schon eine gute halbe Stunde gesucht, aber wir finden das Grab nicht. Da hatte ich die Idee, mal bei Ihnen zu fragen, es könnte ja sein, daß sie da was wissen“, sagte der Fahrer augenzwinkernd und man merkte, daß er ganz offensichtlich schon viel mit den beiden alten Damen „mitgemacht“ hatte.

Es ist natürlich ziemlich aussichtslos, an einem Wochenende, wenn das Friedhofsbüro geschlossen hat, eine bestimmte Grabstelle ausfindig zu machen. Eine Tafel neben dem Büro gibt zwar Auskunft über die Reihen und Felder auf dem Friedhof, jedoch nicht über die einzelnen Namen der dort Bestatteten.
Immer wieder mal kommen Leute zu uns und fragen nach einem bestimmten Grab, aber wir können nur dann helfen, wenn wir den betreffenden Verstorbenen auch bestattet haben, nur dann haben wir die Grablage in den Akten.

Käthe und Mechthild freuten sich über ein Tässchen frischen Kaffees, während der Taxler lieber Cola wollte und ich durchsuchte unser Sterbebuch nach dem genannten Namen. Natürlich hatte Käthe keinerlei Ahnung von welchem Bestatter Clemens‘ Eltern damals bestattet worden waren. Nach kurzer Suche stand fest, wir waren es nicht.

Aber Frau Moosbauer könnte uns helfen, die Friedhofsgärtnerin, die ihren Blumenladen auch sonntags geöffnet hat. Irgendwer muß ja über all die vielen Jahre das Grab von Käthes Schwiegereltern gepflegt haben und in erster Linie käme da der Betrieb der Moosbauers in Frage.
Aber auch Frau Moosbauer konnte nicht helfen, der genannte Name war ihr völlig unbekannt.

Das brachte mich dann auf die Frage: „Sind Sie sich denn sicher, daß das auch genau dieser Friedhof ist?“

Käthe schaute mich entrüstet an und fragte mit Empörung in der Stimme: „Halten Sie mich etwa für gaga?“

Mechthild verzog ihren Mund und nickte vielsagend: „Jaja, das sage ich ja schon die ganze Zeit.“

„Hier in der Stadt und der Umgebung gibt es etwa 25 Friedhöfe, da könnte man sich leicht mal vertun“, gab ich zu bedenken.

„Nun gut, dann fahren wir jetzt wieder nach Hause, ich gucke nochmal in meine Schachtel mit den Unterlagen und wir kommen nächste Woche wieder“, beschloß Käthe und ich bremste sie ein wenig: „Vielleicht rufen Sie uns nochmal an, ich gebe ihnen mal unsere Karte mit und sie fahren erst wieder los, wenn wir alle ganz sicher sind, wo das Grab ist.“

Der Taxifahrer zog ein wenig die Augenbrauen hoch, zu gerne hätte er wohl die Damen jeden Sonntag zum Festpreis zu irgendeinem Friedhof gefahren, eine willkommene Abwechslung vom täglichen Klein-Klein-Geschäft.

„Ja, so machen wir das“, verkündete Käthe und Mechthild meinte: „So, dann können wir ja jetzt nach Hause fahren“, und zum Taxifahrer: „Aber am Mittwoch fahren wir zum Völkerschlachtdenkmal, das haben wir ja schon besprochen.“

Fahrt nur! Ich wünsch‘ Euch viel Spaß!

Geschehen an einem Sonntag vor zwei Jahren. Später erfuhr ich, daß zumindest in unserer Stadt kein solches Grab besteht. Wer weiß, wo die wirklich hingemußt hätten.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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(©si)