Ich habe auch mal einen Beitrag versucht, vielleicht klingt es auch einen Ticken unschuldiger und jünger als ich es wollte, nur… ach wenn man fertig ist, dann ist man fertig 🙂
einen schönen Abend noch
Anselm
Es gehört zu den interessanten Dingen des Erwachsenwerdens sich in gewissen Momenten den Tod zu wünschen. Da denkt man alles ist vorbei, weil die erste Liebe einen verlassen hat, man träumt von der Welt danach, sei es Barries Nimmerland, Lindgrens Nangilima oder das göttliche Paradies, ganz obskure Gedanken krabbeln da den Kopf hinauf. Und dann, am Abend wirft man einen Blick auf sein Kopfkissen, alles nass… Ich habe mir in diesen Momenten gedacht, das kann ja nicht mein letzter Tag gewesen sein. Das wars noch nicht, ich hab noch viel zu tun, so kann das nicht zu Ende gehen.
Und wie es das Leben so will, irgendwann bin ich dann eingeschlafen und am nächsten Tag war alles wieder gut, die Sonne schien oder sie hat es bleiben lassen, jedenfalls waren die Tränen draußen. Mit dem Älterwerden kommt es dann, dass Verwandte sterben, ein Freund hat einen Autounfall, schafft es, ein Anderer stirbt – mit 19 Jahren. Es kommt zum GAU in Japan und jemand ist dort, den du kennst. Ich habe gelernt, das Leben hat ein Ende und dieses Ende könnte jeden Tag gekommen sein. Man darf sich eben nur nicht deswegen verrückt machen, sondern muss das schätzen was man hat und was ist.
Das ist zu einer Zeit, da liest man im Internet schon regelmäßig über das Sterben und die Arbeit des Bestatters und plötzlich steht man da und gräbt selbst Gräber, weil man eben eine Ferienarbeit beim Lokalen angenommen hat. Knochen sind kein großes Problem, aber wenn man auf dritte Zähne stößt, die noch ihre Originalfarbe haben, dann ist das gruselig, irgendwie. Entschuldigung, ich schweife ab; aber man macht sich realistische Gedanken, wie das aussieht.
Jedenfalls habe ich früher immer gesagt, auf meinem Grabstein soll einmal stehen ‚Er wurde nicht fertig.‘ inzwischen sehe ich ein, dass das nicht stimmt (unabhängig von der Tatsache, das diese ganzen Grabsteinsprüche nicht in Mode sind, man will lieber was positives dort stehen haben ‚Unsere Lieben‘, ‚wir denken an‘ und so weiter). Jeden Tag mache ich kleine Fortschritte, lerne Dinge, lerne Menschen kennen und all das macht jeden Tag auf ganz spezielle Art Lebenswert.
Und deshalb würde ich meinen letzten Tag nicht anders leben als jeden sonst auch. Doch, vielleicht würde ich die Uni schwänzen, alle Termine sausen lassen und eine Menge aufschreiben. Jeder der mir einfiele bekäme seine Notiz in einem dicken Buch… Und klar ich würde schreiben, wer sie für mich waren, das sie gut für mich waren, das ich nicht immer gut zu ihnen war und mir das Leid tut. Ich würde erzählen, welche Zukunft ich für sie sehe. Damit ist man ziemlich lange beschäftigt, es ist wichtig zu sagen, dass sie das nicht tun müssen, aber solche Dinge sind mir ein Anliegen und ich habe mir immer zu wenig Zeit genommen, solche Gespräche zu Ende zu diskutieren.
Und das schönste ist, ich muss mir keine Gedanken um morgen machen, weil – so traurig sie alle sein werden – sie werden wissen was ich gewollt hätte, das muss nirgends stehen, so gut kennen sie mich. Sie werden wissen, dass sie in Zukunft fröhlich sein dürfen und wann sie an mich denken, sie werden lachen über gemeinsame Erinnerungen. Das ist das schönste: Ich werde nicht so schnell vergessen werden, dafür war ich zu sehr und hab zuviel gelebt.
Ich mache ein Photo, die Sonne geht unter und ich lache in das Bild, Selbstdarstellung war schon immer mein Ding. Und dann, man sagt ja, man sieht sein Leben Revue passieren, könnte ich mit diesem Schlusspunkt wirklich sagen: Ich bin fertig geworden.
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Deine Geschichte hat mich jetzt wirklich zu Tränen gerührt – mit Tiefgang, sehr schön durchdacht und toll geschrieben … Du solltest das weitermachen …
@ anselm
wie geil! hammergut deine story!!!
gruß aus dem harz mit heftigen gewittern.
Die Top 3 (ohne Reihenfolge) sind für mich bis jetzt die Beiträge 7, 11 und 12