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Morgen bist Du tot! – Beitrag 7

Geschockt beendet sie das Gespräch. Ein Fingertipp und die Geräusche verklangen. Das war es jetzt also. Trotz der ganzen Anstrengung, trotz der vielen Hilfe, trotz der fortschrittlichen Medizin. Morgen ist es zu Ende. Morgen wird ihr letzter Tag. Manche Menschen haben Glück, bei manchen bleibt es unentdeckt und sie fallen einfach um. Andere zittern Jahre. Da ist es jetzt eigentlich ganz okay. Sie weiß, wann es zu Ende ist. Wusste sie eigentlich schon seit Wochen. Aber nur sie. Nur sie weiß es. Morgen also. Für große Reisen ist es zu spät. All ihre Liebsten wird sie nicht mehr sehen können. Die Pläne, die sie hatten. Die Ideen. Die Treffen. Das wird alles ohne sie laufen. Sie wird ein paar Wochen fehlen, das weiß sie. Aber dann. Dann war es das. Menschen verschwinden. Ohne ein Wort. Sie wird verschwinden. Mit wenigen Worten. Genug gegrübelt. Es ist schon viel zu spät. Sie legt sich ins Bett und stellt sich den Wecker. Viel vor morgen. Am letzten Tag.

Gefrühstückt mit der Familie. „Warum bist du denn noch hier?“ – „Urlaub heute, ich fahre nachher zu meinem Freund.“ Kein Urlaub eigentlich. Aber an ihrem letzten Tag wollte sie nicht arbeiten. Kurzer Besuch bei den Großeltern, ungezwungen ein bisschen mit ihnen reden. Über die Hochzeit, die nächsten Jahr stattfinden sollte. Aber nicht wird. Über das Baby, welches für geübte Augen schon sichtbar ist. Das Baby, das sie sich so gewünscht hat. Es wird mit ihr gehen. Durch das kleine Geschöpf wusste sie überhaupt nur, was in ihrem Körper verkehrt war.

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Die Fahrt zu ihrem Freund, ein letztes Mal. Die 100km. Dann steht sie bei ihm im Laden. Lächelnd, weil sie ihn überrascht hat. Er erwartete sie erst ein paar Stunden später. Sie bleibt bei ihm und pünktlich zum Feierabend entführt sie ihn. Zum Strand. Nach Dänemark. Es ist nicht weit, sie sind schnell dort. Es ist warm, warm genug um mit einer Decke den Sonnenuntergang anzuschauen. Sie braucht nichts zu sagen, er weiß es. Er weiß, dass das die letzten Momente sind. Er ist der einzige, der ihre Geschichte kennt. Sie haben so lange für ihr Glück gekämpft. Jetzt war es zum Greifen nah. Aber die Seifenblase wird zerplatzen. Sie reden und reden. Über alles und jeden. Nur nicht über das, was danach passiert. Sie weiß, dass er ihr sofort folgen möchte. Aber das geht nicht. Er hat eine Tochter, die ihn braucht. So sehr braucht. Seine warmen Hände liegen auf ihrem Bauch. Ihr Traum. Den ganzen Tag hat sie gelächelt. Es war ein schöner Tag. Ein stiller Abschied. Die erste Träne läuft über ihre Wange. Als er sie weinen sieht, nimmt er sie fest in den Arm. Sie hat Angst. Möchte nicht alleine sein. Dann passiert das, was keiner verhindern konnte: Ihr Herz bleibt stehen. Sie stirbt in seinen Armen.

(Prinzessin)

Zwei Tage später veröffentlicht sich ein Blogpost. Der Versuch einer Erklärung. Mit Worten an alle, die ihr wichtig waren. Sie hatte daran gedacht. Wusste, wie sie ihnen eine letzte Nachricht überbringen konnte. Ein letzter Blogpost, verlinkt auf Twitter. Das ist alles, was bleibt.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 11. August 2011 | Revision: 1. Juni 2012

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7 Kommentare
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LuzieFehr
13 Jahre zuvor

—- wow —-

mir lief eben ein schauer über den körper —-
.. beindruckend, kurz, sensibel, ängstlich, weinend, einfach schöööööön!!!!!

Luzie

iceegg
13 Jahre zuvor

Traurig … aber schön!

13 Jahre zuvor

Der bisher schönste Beitrag, wie ich finde. Kurz, prägnant und der erste, der mich wirklich berührt hat.

Vielleicht eben weil der Beitrag so schnökellos ist.

Herrenna die Hennahaarige
13 Jahre zuvor

Mann jetzt hab ich verheulte Augen!

Verfluchte
13 Jahre zuvor

Sehr Sehr Schön ! Gefällt mir 🙂

Tim
13 Jahre zuvor

idem #3, gefällt mir

Karin
13 Jahre zuvor

Einfach wunderschööön!
Ich hatte Gänsehaut und Tränen in den Augen.
Luzie hat es schon auf den Punkt gebracht.
Der beste Beitrag bisher.




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