Nee, das mache ich nicht! Familie Kugler hat bei uns vor zwei Wochen eine Bestattung in Auftrag gegeben und wir haben alles zur vollsten Zufriedenheit abgewickelt. In unser dickes „Gästebuch“ haben die Kuglers eingetragen: „Vielen Dank für die perfekte Betreuung und die würdige Ausführung der Bestattung. Wir werden Sie weiter empfehlen.“
Jetzt haben die Kuglers gestern unsere Rechnung bekommen und heute Morgen steht Herr Kugler bei uns im Büro und möchte gerne nachverhandeln.
Da wäre ja noch was zu klären…
Da gibt es nichts zu klären. Im ersten kurzen Gespräch hatte ich Herrn Kugler einen Preis von 2.800 Euro für eine Erdbestattung genannt, so als grobes Richtmaß.
Dann sprach er mit seiner Schwester und beide kamen dann kurz darauf vorbei und wir besprachen alles im Detail. So wie immer habe ich alles gleich in unser Auftragsformular eingetragen und während die Leute noch bei mir saßen und Klönschnack hielten, haben die fleißigen Damen vorne im Büro das Ganze eben in den PC eingetippt und einen Kostenvoranschlag ausgedruckt, der dann von den Kuglers gemeinsam kurz geprüft und unterschrieben wurde und sich dadurch in eine Auftragsbestätigung verwandelte.
Der dort ausgewiesene Betrag belief sich dann tatsächlich auf 2.100 Euro, war also viel günstiger, als was ich nach erstem Überschlagen im Kopf ausgerechnet hatte.
Nun will Kugler nachverhandeln. Er habe im Internet eine Seite gefunden, wo ein Berliner Bestattungsunternehmen das schon für die Hälfte macht und nun nimmt auch er das in letzter Zeit wohl an Gebräuchlichkeit zunehmende Wort „Wucher“ in den Mund: „Sie können doch nicht das Doppelte von dem verlangen, was Ihre Konkurrenz nimmt, das ist ja Wucher!“
Wir nehmen aber gar nicht das Doppelte von dem, was unsere Konkurrenz nimmt, in der Regel schaffen wir es, deutlich günstiger zu sein. Dabei ist es keine Kunst, die Eichenlaubs in die Tasche zu stecken. Die Filiale der „Pietät Eichenlaub“ wirbt zwar mit der „preisgünstigen Volksbeerdigung“, aber wenn die Leute dann mit dem unterschriebenen Auftrag wieder rauskommen, steht da immer ein Betrag drauf, für den hätte es jeder andere Bestatter locker auch machen können; da kommt ja immer noch dieses und jenes dazu und es finden sich immer Gründe, warum ausgerechnet bei diesem Kunden das preiswerte Paket so gar nicht in Frage kommt.
Der Berliner Internetbestatter bietet seine Dienste nur deshalb so billig an, weil er sich die Auswahl des Friedhofs, des Krematoriums und des Grabes vorbehält. Außerdem kommen ja noch die Überführungskosten hinzu. Das bedeutet, er bietet seine Dienste zwar bundesweit an, man muß aber noch einen ganz deutlichen Betrag dafür bezahlen, daß da ein Bestattungswagen kommt und den Verstorbenen, sagen wir von München nach Berlin transportiert; und diese Fahrt muß man natürlich doppelt bezahlen (leer hin und voll zurück). Fairerweise muß man sagen, daß die Kilometerkosten recht günstig sind, aber diese Kosten entstehen nunmal. Na und dann findet die Beisetzung auf einem Friedhof statt, der zwar in Deutschland liegt, aber von dem man erst einmal gar nicht weiß, wo der liegt. „Friedhof nach Wahl des Bestatters“ kann ja irgendwo in der Lüneburger Heide sein oder im tiefsten Westerwald oder nahe an der polnischen Grenze. Wer will das schon, wenn man nicht gerade da wohnt?
Unterm Strich kostet da die Bestattung dann inkl. aller Gebühren auch so um die 2.600 Euro…
Von „billiger“ kann also gar keine Rede sein, selbst wenn das im Sinne von preiswerter gemeint ist.
Das will Herr Kugler aber nicht gelten lassen, sondern posaunt: „Da gibt’s doch sowas von der EG, neues EU-Recht oder so, hab ich bei ‚wiso‘ gesehen oder bei RTL, da müssen Sie doch jetzt den gleichen Preis machen wie das günstigste Angebot aus dem Internet. Ich bekomme also noch Geld zurück.“
„So eine Regelung gibt es nicht und außerdem ist das Angebot, das sie mir da vorlegen, auch gar nicht günstiger, sondern teurer. Gäbe es so eine Regelung, müßten Sie MIR jetzt eigentlich noch 500 Euro bringen.“
„Was?“
„Ja sicher doch.“
„Ne, ne, ne, ne, neeee, so geht das aber nicht!“
„Ja aber klar doch. Wenn es so eine EU-Regelung gibt, daß immer der Preis aus dem Internet gilt, dann würden ja jetzt 2.600 Euro gelten und das ist 500 Euro mehr…“
„Ich mein‘ ja auch dieses Angebot hier“, muffelt Herr Kugler und kramt einen anderen Bildschirmausdruck hervor. Da geht es um eine Billigbestattung für 599 Euro, Feuer, anonym, ohne Friedhofsgebühren.
Ich erkläre ihm den Unterschied, er will das aber nicht einsehen und fragt: „So, wo kann man sich denn jetzt beschweren?“
„Bei mir.“
„Ja aber Sie wollen mir ja keinen Preisnachlass geben.“
„Nö.“
„Dann hilft meine Beschwerde ja gar nichts.“
„Eben.“
„Das ist doch aber voll ungerecht.“
„Find‘ ich nicht, ich kann’s aber nicht ändern. Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen, aber selbst wenn Sie mir eine günstigere Kostenaufstellung für die gleiche Leistung bringen würden, hätten Sie meinen Kostenvoranschlag unterschrieben und sind damit auch verpflichtet nach Erbringung unserer Leistung diesen Betrag zu bezahlen.“
„Ist das so?“
„Ja, so ist das.“
„Das ist aber doof.“
„Nö, das ist so.“
„Mist!“
„Wenn Sie jetzt gleich bezahlen, bekommen Sie 3% Barzahlungsskonto.“
„Gut, dann gehe ich eben zur Bank und hol‘ das Geld, man muß ja sehen wo man bleibt.“
„Eben.“
„Was?“
„Ich sagte: Prima.“
„Ach so.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Es ist doch immer dasselbe.
Der Kunde sagt was er zahlen möchte, ihr beide lacht herzlich zusammen und du sagst ihm was er zahlen wird.
Du bist aber sowas von gemein! Eine Top-Leistung bringen und dafür auch noch korrekt abrechnen…
Ein Widerling vor der Herrn.
Ach ja, die lieben Kunden. Die haben ja zum Glück immer recht (egal in welcher Branche)… oder etwa doch nicht? 😉
Nasowas aber auch, das du aber so unflexibel bist.^^
Spaß beiseite dieses Halbwissen wird in meinen Augen immer Schlimmer. Ich bin von Haus aus Buchhändler und früher kammen die Leute „nur“ mit Katalogen von irgendeinem Buchclub und wollten die dort angebotenen Sonderausgaben haben – zu dem Preis der da im Katalog steht – und verstanden nicht wieso sie das bei uns nicht bekommen konnten und bekommen können.
Heute kommen sie mit Preisen aus dem Internet, vorzugsweise von einem Unternehmen mit A. bei dem man auch gebrauchte Bücher kaufen kann, nein genauergesagt über deren Webseite man gebrauchte Bücher von Drittanbietern kaufen kann den A. bietet selber sowas nicht an.
Und diese Menschen sind ebenso verwundert das man für das Buch das sie dort für 5 Euro gesehen haben bei uns das doppelte oder dreifache zahlen muss…
Manchmal frage ich mich was solche Leute überhaupt mit einem Buch wollen.
Naja, ich kann es durchaus Verstehen, dass man sich als total unwissender ein wenig veräppelt vorkommt, wenn man irgendwo das vermeintlich gleiche für den 4-fachen Preis findet.
Nach der Erklärung gilt das natürlich nicht mehr als Entschuldigung.
ich finds erschreckend und traurig… die leute wollen heute alles umsonst haben, aber wenn sie was verkaufen wollen, dann am liebsten gebraucht mehr bekommen als das teil neu gekostet hat …
traurig isses..
Kunde,aus Kasachstan,mit deutschen Schäferhund, betritt mein Geschäft. Ich komme wegen Ihrer Rechnung .Ja sage ich ,die ist schon 2 Wochen überfällig. Ja wir wollen uns erst mal beim Amt erkundigen ob wir eine Unterstützung bekommen wir sind nicht zahlungsfähig.
Ich erkläre das kein Amt für Blumenschmuck zur Berdigung einen Cent dazugibt.
Hm.
Vieviel Zeit geben Sie uns noch?
Bis Freitag.
Gut ,dann zahle gleich .Gibt mir den fälligen Betrag in nagelneuen 50€-Scheinen und verlässt mein Geschäft ohne Gruß.
#8: war die Farbe wenigstens schon trocken?
Wenn der Herr Kugler eine Porsche-Niederlassung betreiben würde, würde ich da mal mit der Skoda-Preisliste hingehen und den Spieß umdrehen :-).
Immerhin geben solche Gespräche später schöne Anekdoten ab.
Ist doch immer wieder unterhaltsam, wenn langjährig tätigen Geschäftsleuten mit theoretischen und praktischen Fachkenntnissen mittels Boulevardblättern oder (geringfügig besser) öffentlich-rechtlichen Fernsehsendungen die Welt erklärt wird.
„Da gibt es so ’ne EG-Richtlinie, die regelt das.“ passt aber sonst eigentlich immer 😉
…Geier… 🙂
http://notalwaysright.com/
Wer des Englischen mächtig ist, kann hier herrliche Geschichten über Kunden lesen. Manche Geschichten müßten den Verursachern eigentlichen Schmerzen bereiten…
oh ja, kenn ich auch. Zu genüge. Ich zähl schon gar nicht mehr, wie oft ich am Tag sage, dass immer der Preis gilt, der auf dem Etikett steht…..
Anscheinend bin ich zu gut/naiv für diese Welt. Ich bezahle immer anstandslos den ausgehandelten Betrag. Und seltsamerweise erwarte ich dies umgekehrt auch.
Wir haben das teilweise auch, dass Kunden zu uns ins Büro kommen und um den Preis handeln, unser Unternehmen liegt auf einer Straße wo mehrere Bestatter angesiedelt sind, dann gehen die Kunden von Bestatter zu Bestatter und lassen sich Kostenvoranschläge geben und schreiben einem dann den Preis vor, teilweise werden die Leute auch wirklich frech 🙁
@11: das sind nicht die beratersendungen der öffentlich-rechtlichen, sondern die reisserisch aufgemachten beratungsshow-unterhaltungs-/dokusendungen der privaten sender.
Ob er in der Gaststätte, in der der Leichenschmaus statt fand, auch mit der Speisekarte des Selbstbedienungsrestaurants vom Kaufhaus nebenan gewedelt hat?
Sag mal, wie oft bekomsmt du nach solchen Besuchen unerklärbare Schmerzen im Hirn? XD
Sowas nennt sich dann Meinungsaustausch, oder?
Der Kunde kommt mit seiner Meinung zu dir und geht mit deiner Meinung nach Hause. 😉
„Dann hilft meine Beschwerde ja gar nichts.“
herrlich!
😀