Branche/Kommune

Nehmen Sie jemanden mit!

Es ist einer der wichtigsten Ratschläge, die ich Trauernden geben kann: Nehmen Sie jemanden mit zum Bestatter! Und zwar jemanden, der nicht vom aktuellen Sterbefall so betroffen ist wie Sie!

Durch den Todesfall in der Familie ist man selbst in einem Gemütszustand der die freie Willensbildung eigentlich ausschließt. Bestatter haben es sozusagen mit vorübergehend unzurechnungsfähigen Personen zu tun oder wenn man es etwas milder ausdrücken möchte, mit Personen die vorübergehend nicht vollumfänglich geschäftsfähig sind.

Diese Situation verleitet die schwarzen, aber auch die grauen Schafe der Branche allzu leicht dazu, den Kunden zum Kauf unnötiger Gegenstände und zum Buchen nicht benötigter Dienstleistungen zu bewegen.
Hinzu kommt, daß man sich für gewöhnlich mit dem Bestattungswesen nicht auskennt und gar nicht weiß, welche Dienstleistungen und Waren dringend benötigt werden und welche man eher auch weglassen kann.
Sehr leicht neigt man dazu, den Vorschlägen des geschulten Beraters beim Bestatter zuzustimmen, ohne genau zu wissen, zu was man da seine Zustimmung gibt und vor allem ohne genau zu wissen, was das eigentlich kostet. Ja selbst eine anschließend überreichte exakte Kostenaufstellung ist für einen Trauernden so verwirrend, daß er zwar den Endpreis sieht und einschätzen kann, aber nicht überblickt, ob in den Dutzenden aufgezählten Positionen irgendwo die Kostenfalle verborgen ist.

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Deshalb ist es immer eine sehr gute Idee, wenn man eine Person bittet, einen zu begleiten, die nicht im gleichen Gemütszustand ist. Das kann eine Nachbarin sein, eine gute Freundin, ein Arbeitskollege oder jemand aus einem Verein. Derjenige muß weder über spezielles Fachwissen verfügen, noch ein Geschäftsmann oder gar Verbraucherschützer sein. Er soll auch nicht alle rechtlichen Fußangeln ausleuchten können und muß auch nicht zu jedem seinen Senf dazu geben. Seine Aufgabe ist es, für den von der Trauer übermannten Angehörigen einfach die Augen und Ohren offen zu halten und seinen gesunden Menschenverstand einzubringen.

Immer wieder höre ich das Wehklagen: „Normalerweise wäre mir so etwas aufgefallen, aber beim Bestatter war ich so fertig, da habe ich das nicht gemerkt.“
Genau dieses „Durch-den-Wind-sein“ soll der Begleiter abpuffern. Ihm könnte beispielsweise auffallen, daß der Druck einer einzelnen Trauerkarte (Totenbrief) über 5 Euro kostet, weil der Bestatter gesagt hat: „Die Karte kostet einsdreißig zuzüglich Druck, Umschlag und Bearbeitung.“ Die Witwe hätte vielleicht, nur um niemanden zu vergessen und ein paar Exemplare notfalls übrig zu haben, blind 200 Stück bestellt, was Kosten von über 1.000 Euro alleine für dieses bedruckte Papier bedeutet hätte.
Ein wacher Begleiter könnte da die Notbremse ziehen, nur um mal ein kleines Beispiel zu nennen.

Ich sage und schreibe es immer wieder: Die Bestatter in Deutschland machen eine ordentliche Arbeit zu einem Preis, der einem Notdienstleister angemessen ist.
Die schwarzen Schafe sind ganz wenige und nur deren Tun kommt immer wieder publikumswirksam an die Öffentlichkeit. Die Zufriedenheitsrate der Kunden ist nach Branchenerhebungen bei fast 99 Prozent.

Dennoch lauern in den Beratungsmappen aller Bestatter auch teure und unnötige Waren- und Dienstleistungsangebote, die man eventuell im Zustand der Trauer nicht erkennt.
Ein außenstehender Begleiter ist also umso wichtiger.

Ganz wichtig: Erklären Sie dem Bestatter offen ihre finanzielle Situation, nennen Sie aber auf keinen Fall eine Summe, bis zu der zu gehen Sie bereit und vorbereitet sind!
Wer von vornherein sagt, daß er 7.500 Euro zur Verfügung hat, der wird meistens auch diesen Betrag los!
Es hat auch keinen Zweck, nur um dem Toten die angeblich so wichtige letzte Ehre zu erweisen, auf teurere Varianten zurückzugreifen und ständig zu beteuern, man wolle nur das Beste und an diesem lieben Menschen wolle man nicht sparen.

Bestatter sind von ihrer Berufseinstellung her sehr darum bemüht, den Menschen zu helfen und für sie die beste Lösung zu finden.
Aber Bestatter sind keine Wohlfahrtsstiftungen, sondern Kaufleute. Sie bieten ihre Dienstleistung an, weil sie damit Geld verdienen wollen und müssen.
Wie jeder anständige Kaufmann muß auch der Inhaber eines Bestattungsunternehmens ein gewisses unternehmerisches Streben an den Tag legen und versuchen, aus jedem Sterbefall für ihn das Optimum an Gewinn zu ziehen.
Das Optimum ist aber nicht das Maximale.
Das Optimum ist dann erreicht, wenn der Kunde genau das bekommen hat, was er möchte und auch braucht, um eine Bestattung so verwirklicht zu bekommen, wie er es sich vorstellt. Innerhalb dieses Rahmens kann und muß der Bestatter versuchen, seinen Schnitt zu machen.
Wir sprechen nicht von Abzockern, sondern von ganz normalen Kaufleuten; und nüchtern betrachtet unterscheidet sich ein „Eventmanager des Todes“ nicht von einem der jetzt so populären „Weddingplaner“.
Auch der Hochzeitsorganisator hat es mit Leuten zu tun, die nicht ganz Herr ihrer Sinne sind, denn auch die Vorfreude auf ein großes Ereignis kann die Sinne trüben.
Kurzum: Bestatter sind Kaufleute in einer besonderen Situation. Sie müssen ordentlich verkaufen können, müssen dabei aber auch besondere ethische Anforderungen erfüllen, nämlich die außergewöhnliche Situation ihrer Kunden zu berücksichtigen.

Deshalb: Nehmen Sie jemand möglichst unbeteiligten mit zur Beratungsgesprächen, egal ob jetzt beim Bestatter oder Hochzeitsplaner!

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    Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

    Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 23. Oktober 2012

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    11 Kommentare
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    amy
    11 Jahre zuvor

    :-)!
    Hochzeitswillige zählen also auch zu den potentiell unzurechnungsfähigen bzw. vorübergehend nicht vollumfänglich geschäftsfähigen Personen! Sehr interessante Ansicht! 🙂

    Bernd
    Reply to  amy
    11 Jahre zuvor

    Wenn man in den Knigge reinschaut, eindeutig ja!!! 🙂

    Orginal, nicht so ein doofes Benimmbuch wo Knigge draufsteht.

    Caron
    Reply to  amy
    11 Jahre zuvor

    Wie kommst Du bei einer Scheidungsrate von über 50% (einem überwältigenden Anteil, der dem nicht per Ehevertrag begegnet) darauf, dass das nicht so sei?

    wega
    11 Jahre zuvor

    Die Unzurechnungsfähigkeit hatten wir neulich auf der anderen Seite des Beratungstisches. Aber zum Glück war er noch zu der Entscheidung fähig, eine erfahrene Kollegin hinzu zu bitten.

    Georg
    11 Jahre zuvor

    Als meine Patentante verstarb wurde mir auch der schwarze Peter alles zu regeln zugeschoben,ich kam mir beim Bestatter auch vor wie die Jungfrau beim „ersten Mal“ aber die Dame auf der anderen Seite des Tisches war nicht so verschlagen wie ein Gebrauchtwagenverkäufer sondern sehr Hilfsbereit.Nachdem ich ihr alles geschildert hatte,einigten wir uns auf das mittlere Preissegment damit die gierigen Erben noch etwas von den Konten abräumen konnten.Alle Trauergäste waren dann bei der Bestattung auch zufrieden(Alte Leute vergleichen ja immer ),nur bei den Erben sah man die Registrierkasse in den Augen rattern.

    Chris
    11 Jahre zuvor

    TOM’s Vorschlag ist unbedingt zu unterstützen ! Ich weiß von einem Fall in Hamburg, wo einer knapp 80-jährigen bei der Beerdigung ihres Mannes (Keine reichen Leute – ehemaliger Schornsteinfeger…) 13.000 Teuro abgenommen wurden.

    Um der ewigen Diskussion „Abzocke beim Bestatter“ mal ein Ende zu bereiten – vielleicht sollte man mal darangehen, das ganze System auf den Prüfstand zu stellen. Warum nicht Bestatter auf eine Stufe mit Feuerwehr und Polizei stellen ? Rufe ich die Feuerwehr, tut sie was getan werden muss. Ich muss mich nicht vor meinem brennenden Haus entscheiden „Wollen Sie, dass der Löschzug Premium+, Premium oder Ecconomy kommt ?“ Oder die Polizei mich bei Einbrechern im Haus fragt „Wollen sie zwei Polizeimeister oder lieber zwei erfahrene Kommissare?“ „Sollen die mit dem BMW oder dem Diesel-VW Bus (billiger) kommen ?“

    Vorschlag: Es gibt eine vom Umfang klar definierte, bundeseinheitliche Pauschale für „Erdbestattung“ und „Feuerbestattung“ PUNKT. Diese sollte einfach und würdevoll sein. Dann weiß jeder, was zu erwarten ist. Natürlich sollte es weiterhin möglich sein, auf Wunsch Zusatzleistungen hinzuzunehmen.

    amy
    Reply to  Chris
    11 Jahre zuvor

    Und die Standard-Hochzeit für die unzurechungsfähigen Liebestollen…! 🙂

    whiskey
    Reply to  amy
    11 Jahre zuvor

    … und den standard-ehegatten für die unbemannten liebestollen. man bedenke auch hier die möglichkeit der zusatzleistungen *hihi*

    tunfischer
    Reply to  Chris
    11 Jahre zuvor

    Und wieder rufen die (vermeintlich) dummen nach dem Staat.
    Staaat hilf uns sonst müssen wir noch mündig werden und uns selbst kümmern (und das kannst du ja nicht wollen).
    Nur mal ne frage: Lebst du östlich von Fulda?

    yemina
    11 Jahre zuvor

    Toms Argumentation unterschreibe ich voll und ganz.
    Mein LP war nach dem Tod seiner Mutter von jetzt auf sofort völlig handlungsunfähig.In der Endabrechnung wurden Posten,die ich selbst durchgeführt hatte,(letzte Körperwäsche+Einkleidung) mit abgerechnet.Nach Reklamation meinerseits wurde alles ordentlich zurückgerechnet.Wir sind mit dem Bestattungsinstitut Bamberg in Großburgwedel 100% ZUFRIEDEN:

    Wolfram
    11 Jahre zuvor

    Einige Wochen nach der zweiten Beerdigung, die ich in meiner praktischen Ausbildungszeit hatte, besuchte ich die trauernde Witwe, und sie saß in einem Haufen Papiere. Immer wieder fragte sie mich, ob ich nicht gesehen hätte, welche Griffe am Sarg gewesen sind, die hätten ihr sechs goldene Griffe berechnet, sie hätte aber gar keine goldenen bestellt, das wisse sie genau.
    Ehrlich gesagt, ich wußte es auch nicht. Mittlerweile würde mich die Zahl sechs stutzig machen, weil hier üblicherweise vier Träger zum Einsatz kommen, wozu braucht man da sechs Griffe? Aber ob die nun schwarz, brüniert, verchromt oder vergoldet sind, darauf achte ich nicht.
    (Das war übrigens in Dijon, und die Bestattungsfirma hatte ihren Firmensitz direkt am Friedhofseingang.)




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