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Nette Jungs

Unser Auto ist ja sowieso ein bißchen größer als andere und da tut man sich schwer, einen geeigneten Parkplatz zu finden. Nicht gerade erleichtert wird das, wenn der einzige Parkplatz weit und breit von drei Jugendlichen belagert wird, die dort um einen vierten Jugendlichen herumstehen, der auf einem Motorroller sitzt. Offenbar hat der Knabe das Ding ganz neu und sein ganzes Geld dafür ausgegeben. Neu scheint es deshalb weil es noch so glänzt und die anderen ganz neugierig alles begutachten und kein Geld scheint der Bursche deshalb mehr zu haben, weil es offenbar noch nicht einmal für einen Helm gereicht hat.

„Hallo Jungs“, spreche ich die Burschen aus dem heruntergelassenen Seitenfenster heraus an: „Könntet ihr mit dem Moped mal da drüben hingehen, da ist doch genug Platz für Euch und ich könnte dann hier parken.“

Mit was rechnet man, wenn man so eine Handvoll hormongesteuerter Jungs vor sich hat? Daß die jetzt von irgendwo aus den Weiten ihrer halb heruntergelassenen Buxen ein paar Baseballschläger hervorholen und mir das Auto und das Gesicht zerdeppern?
Könnte sein, hat man alles schon gehört, aber ich baue immer auf meine Theorie, daß die bloß ernstgenommen werden wollen und an sich ganz normal reagieren, wenn man sie vernünftig anspricht.

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Ha!
Recht gehabt! Die machen irgendwelche grunzenden Geräusche, dann Handbewegungen die ich nicht interpretieren kann und schieben tatsächlich drei Meter weiter nach rechts ab damit ich einparken kann.

„Prima, Danke Jungs!“ rufe ich nach dem Aussteigen rüber und die nicken nur.

Aber dann sehe ich, daß einer von denen ein kleines, fast quadratisches Tütchen aus der Hosentasche zieht. Drogen? Nein, der Beutel hat etwa 10 cm Kantenlänge, das ist für Drogen zu groß.
Der Junge knetet den Beutel und dabei entsteht ein Geräusch, als ob man einem Hamster die Knochen bricht. Nach dem Durchkneten reißt der Bursche den Beutel auf, legt den Kopf in den Nacken und schüttet sich den offensichtlich trocken-bröseligen Inhalt in den weit geöffneten Mund.
Knisternd, knackend und knuspernd kaut er das Zeug dann und schluckt es runter.

Ein weiterer Junge macht es auch so, Beutel raus, kneten, aufreißen, reinschütten und kauen.

„Was eßt ihr denn da?“ will ich neugierig wissen und einer zieht so einen Beutel aus der Tasche und reicht ihn mir rüber: „Nudelsuppe!“

„Nudelsuppe? Ist Nudelsuppe nicht normalerweise weicher, irgendwie flüssiger?“

„Die nich‘ die kommt aus China“, bekomme ich zur Antwort und ein anderer Junge sagt: „Nee aus Japan.“

„Ach was? Muß die nicht trotzdem erst gekocht werden?“ frage ich nochmals und schaue mir den Beutel in meinen Händen genauer an. Er ist überwiegend mit asiatischen Schriftzeichen bedruckt, trägt aber auch eine deutsche Beschriftung und die sagt: Instantnudeln, Suppe mit Shrimpsgeschmack.

Auf der Rückseite steht klitzeklein, daß man den Inhalt in eine Tasse oder Schale schütten soll und dann 300 ml kochendes Wasser darüberschütten muß. Insgesamt sollen in dem Beutel die Nudeln und drei weitere Beutelchen enthalten sein, einer mit etwas Fett, einer mit Suppenpulver und einer mit scharfem Würzpulver.

„Nee, die ißt man so“, sagt der erste Junge, der inzwischen alles zerkaut und laut schmatzend die Zahnzwischenräume gereinigt hat.

„Da steht aber drauf, daß man die mit Wasser macht.“

„Kann sein, keine Ahnung, wir essen die immer so.“

„Komische Mode“, sage ich lächelnd und gebe dem Jungen seinen Beutel wieder. „Shrimpgeschmack klingt lecker“, sage ich noch.

„Keine Ahnung, die Beutelchen schmeißen wir immer weg“, sagt der erste wieder und zeigt mir wie zum Beweis, daß er die drei kleinen Beutelchen, die gemeinsam in einem durchsichtigen Tütchen stecken, geschickt in der Verpackung zurückgehalten hat, als er sich die zerbröselten Nudeln in den Mund geschüttet hat.

„Gibt auch noch Schweinefleisch und Ente“, sagt ein anderer Junge und wieder ein anderer sagt: „Und Hähnchen und Rindfleisch.“

„Aber ich habe das richtig verstanden, das wo der Geschmack drin ist, die kleinen Beutelchen, die eßt ihr nicht.“

„Nee, die sind nich‘ lecker.“

„Na dann noch guten Appetit und viel Spaß noch.“

Nette Jungs!

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