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Neufundländer Evolution

orgel

Das Ehepaar Klusskamp ist sehr nett. Sie ist etwa so breit wie hoch, er hat bloß kurze Beine und ist moppelig.
Es mag ja ein Klischee sondersgleichen sein aber an der These, daß manche Tierliebhaber ihren Viechlein immer ähnlicher werden, da ist wirklich manchmal was dran.

Es mag ja sein, daß die Leute sich Tiere zulegen, die ihrer eigenen Physiognomie von vornherein schon irgendwie ähneln, aber ich habe inzwischen kaum noch einen Zweifel daran, daß sie sich auch in Richtung ihrer Tiere schnellevolutionieren.

Die Klusskamps jedenfalls haben sich geneufundländert. Zwei riesige schwarze Neufis teilen sich eine 55 Quadratmeter große Etagenwohnung mit den beiden Mittfuffzigern und, ich muß es einfach ehrlich sagen, man riecht das schon, wenn man die Treppe hoch kommt.

Im Flur wölken einem kleine Minineufundländer in Form von Haarbüscheln entgegen, die Herr Klusskamp geschickt mit dem Fuß beiseite schiebt, während er mir strahlen die Tür öffnet. „Kommen’se rein, dann könn’se rausgucken.“

Und seine Frau streckt ihren Kopf mit der schwarzen wusseligen Neufundländerfrisur durch die Küchentür und ruft mir mit etwas heiserer Stimme zu: „Komm’se näher, komm’se ran, hier werden’se genauso beschissen wie nebenan.“
Beide lachen ein asthmatisches Lachen, das in gemeinschaftlichem Husten endet.

„Se müssen entschuldigen, aber ich hab‘ ’ne Hundeallergie“, sagt Frau Klusskamp immer noch hustend, was sie aber nicht dran hindert, noch hinzuzufügen: „Sie haben ja keine Angst vor Hunden, odda?“ und gleichzeitig die Küchentür ganz aufzumachen, woraufhin die beiden schwarzen Riesenstinker neugierig hechelnd und von allen verfügbaren Lefzen tropfend auf mich zugewalzt kommen, meine Hosenbeine beschnüffeln und meine Schuhe vollsabbern.

Ja, ich mag Hunde, ich liebe sie sogar, grundsätzlich, aber nicht alle und nicht immer.

Ich habe schon mit meinem Labrador Hundeveranstaltungen besucht (und meiner hat sogar schon ganz viele Preise gewonnen), auf denen auch Neufundländer waren. Gut, die sind größer und haben grundsätzlich mehr Körperoberfläche zum Haaren und Stinken, aber die waren immer pieksauber und superschön.
Die zwei Neufis der Klusskamps sind nur filzig, bis aufs Grauschwarze verdreckt und stinken wie zwei friesische Fischkutterreiniger.

Aber sie sind ganz arg lieb und wollen nur spielen. Ehrlich, die wollen nur spielen.
Ich bin ja der Letzte der was sagt, wenn einem ein Hund um die Beine streicht und schnüffelt, ich habe ja selbst einen und der wird auch diverse Gerüche an mir und meiner Kleidung hinterlassen, die von den anderen Hunden wahrgenommen werden.
Nun sitze ich aber auf dem Sofa der Klüsskamps und der Neufundländer Robbi hat seinen dicken, schweren Schädel auf meine Füße gelegt und schaut mich von unten aus blutunterlaufenen Augen ganz verliebt an.
Der andere Neufi hört manchmal, wenn er will auf den Namen Tobbi und hat sich noch nicht entschieden, er sitzt neben mir auf dem Fußboden, kann mir trotzdem fast in die Augen schauen und als Frau Klüsskamp mir eine Tasse Kaffee bringt, schaut und sabbert er von oben in die Tasse.

„Ach Gott, stehen’se mal schnell auf, Sie sitzen ja auf Tobbis Hundedecke, da werden Sie ja voller Haare!“

Ach so, deshalb guckt der so.

Mein Anzug ist schon bis unter die Achseln grauschwarz verhaart, ich bekomme die Decke unterm Hintern weggezogen und bin dann mit meinen beiden neuen Freunden wieder ganz allein.
Tobbi hat sich entschieden: Mit der Grazie einer Dampfwalze oder eines Bestatters Anfang Fünfzig, hüpft er mal eben schnell neben mich aufs Sofa. Das heißt, zuerst legt er nur die Sabberschnauze auf die Couch, dann legt er eine Pfote daneben, es folgt etwa eine Minute später die andere Pfote und dann stemmt er müde seinen massigen Kopf hoch. Zwei-, dreimal muss der Hund sich mit den Hinterläufen abstoßen, bis er es endlich schaft, aufs Sofa zu gelangen.

So sitzt er da neben mir und guckt auch ganz verliebt.

„Sie sind ja so ein netter Mann“, sagt Frau Klüsskamp, als sie mit ihrem Mann wieder hereinkommt. „Da merkt man, daß Sie Hunde mögen. Mit jemand anders würden wir auch gar keine Geschäfte machen. Wir gucken immer erst wie die Leute auf Robbi und Tobbi reagieren und wenn einer die nicht mag, dann mögen wir den auch nicht.“

Bin ich froh, daß die keine Würfelquallen halten.


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Menschen

Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 27. Juni 2012 | Peter Wilhelm 27. Juni 2012

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18 Kommentare
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Mort
13 Jahre zuvor

Ist Fliewatüüt schon gestorben?

Ma Rode
13 Jahre zuvor

… oder Sandvipern!

13 Jahre zuvor

Irgendwie entgeht mir der Sinn in der Geschichte und nach der Nachricht über mackaber passt das, meiner Meinung nach, auch irgendwie nicht so richtig, jedenfalls heute nicht.

Garfield
13 Jahre zuvor

„Bin ich froh, daß die keine Würfelquallen halten.“

Nachvollziehbar! 😉

Thomas
13 Jahre zuvor

2 Neufundländer auf 50qm?
Da fällt mir wieder meine alte Forderung nach einer flexieblen Volljährigkeit ein.
Jeder der über einen gewissen Grundintelekt verfügt darf mit 16 Verträge schliessen, Autofahren oder eben auch Tiere halten.
Bei Menschen welche einfach nicht dazu in der lage sind zu überblicken welche tragweite ihr handeln hat.
Den Sohn Kevin nennen, 3 Handyverträge von ALGII, in der Schwangerschaft rauchen usw.usw.usw.
Bekommen diese Volljähigkeit mit einem: Da bist Du noch zu Blöd für.
Aberkannt.

lya
13 Jahre zuvor

bäääckes.

Kirstin
13 Jahre zuvor

Schon beim lesen bin ich froh das dieser Hund nicht neben mir sitzt grade. 🙂
Halte durch Tom, allet wird jut.

Althäea
13 Jahre zuvor

Ich verstehe nich warum man sich auf die qm bezieht. Neufundländer und auch z.b. Irishe Wolfshunde sind gut in der Wohnung zu halten (vorausgesetzt genügend Auslauf ist geboten)

Da gibt es kleinere Hunde die da weit komplizierter sind.

Bürsten und Pflegen sollte man sie Natürlich trotzdem.

Die Treppen machen mir da mehr sorgen wenn sie keinen Fahrstuhl haben da diese Rasse extrem anfällig für Gelenkserkrankungen ist.

Wolfram
13 Jahre zuvor

also Neufundländer.
Wenn die gute Frau dagegen allergisch ist, dann sollen sie doch andere Hunde halten – im Gegensatz zu Katzen haben bei Hunden jede Rasse andere Allergene, so daß man gegen Neufundländer allergisch sein kann, während man mit Cockerspaniels keinerlei Probleme hätte.

bloeder_hund
13 Jahre zuvor

@wolfram,
bei der fehlenden Pflege wäre eher ein Tamagotchi angesagt 8)

Chrissi
13 Jahre zuvor

@10 bloeder_hund: neee, das arme Ding würde auch noch eingehen, schließlich muss man das auch ab und an sauber machen! Brrr…. mich schüttelt es grade: ich habe selber genug Erfahrung mit Hunden, um sagen zu können, selbst wenn ein Hund schlimm haart, sollte es in der Bude nicht nach Hund riechen! Wozu kann man Staubsaugen? Sowas regt mich auf, weil durch hygienische Mängel vom Herrchen auch das Hundchen krank werden kann! -.- *schüttel*

Big Al
13 Jahre zuvor

Meine Mutter hat auch einen Riesenhund der nicht stinkt.
Wird halt regelmäßig gewaschen, der Hund und seine Decken usw.
Und auf`s Sofa gehören Hunde sowieso nicht, unter den Tisch schon.
B. A.

kall
13 Jahre zuvor

„da diese Rasse extrem anfällig für Gelenkserkrankungen ist“

Warum züchtet man sowas?
Warum hat man damals dem Schäferhund die abfallende Linie angezüchtet und damit die HD?
Warum musste der Boxer so tumorempfindlich werden?

Was um alles in der Welt sollen diese züchterischen Fehlgriffe und Modemätzchen?

Big Al
13 Jahre zuvor

@ kall.
Womit wir beim Thema Qualzüchtungen (auch so ein sperriges Wortungetüm) wären. Fast jeder Mischlingshund von der Bordsteinkante ist robuster als gezüchtete Hunde, egal ob große oder kleine „Rasse“-Hunde.
Aber nee, es muß edel, rein und teuer sein, incl. Stammbaum auf Büttenpapier, ob es bei den Kleintier-und Geflügelzüchtern oder bei Rassehundenzüchtern ist.
Dummsinn sind dann die Normen und Regeln, das Ausehen betreffend die von diesen Verbänden als Ideale aufgestellt und konsequent gezüchtet werden. Pfui Deibel.
B. A.

Wolfram
13 Jahre zuvor

@ Big Al: Das stimmt so aber nicht. Bei Gebrauchshunden nämlich keinesfalls – ein Jäger oder Hirte kann keinen Hund gebrauchen, der nach zwei Jahren mit kaputten Gelenken zusammenklappt. Deshalb werden beispielsweise DSH, die für Wachzwecke benötigt werden, immer noch aus den Stämmen der ehemaligen DDR gezogen – mit hoher Hinterhand und deutlich schärfer als der West-DSH.

Degeneriert sind vor allem Rassen, die irgendwann mal Modehunde wurden, ob Cockerspaniel oder Foxterrier oder auch die ach so berühmten Dalmatiner…

Hier gehts aber noch um was anderes: Neufundländer sind keine Etagenwohnungshunde. Der Neufundländer gehört nach Neufundland – mit Wäldern, Wiesen und riesigen Seen, denn das ist ein Wasserjagdhund…
Und jede Hunderasse, auch Mischlinge und – ja sogar Menschen machen sich auf Dauer ihre Gelenke kaputt beim Treppensteigen, denn Treppen sind nun mal in der Evolution nicht vorgesehen.

kall
13 Jahre zuvor

Womit ich nichts gegen Zucht an sich gesagt haben wollte, obwohl auch mir viele Mischlinge lieber sind als manche Reinrassige. Aber eigentlich war es ja mal Aufgabe der Zucht, z.B. bei Hunden, eine Rasse herauszuzüchten, die bestimmte Eigenschaften für einen vom Menschen gewünschten Einsatz hatte. Dass diese Rasse dann auch gesundheitlich möglichst stabil und langlebig sein sollte, müsste sich eigentlich von selbst verstehen. Was nützt ein Schäferhund, der ja eigentlich als Wach- und Hütehund gedacht war, wenn er diese Aufgabe schon nach wenigen Jahren nicht mehr erfüllen kann, weil er wegen HD nicht mehr laufen kann? Dieser Hund wurde zwischenzeitlich nur auf Äußerlichkeiten getrimmt, weil er durch die Linie, die ihm die HD einbrachte, „aufmerksamer“ AUSSAH. Das hat man wohl inzwischen ein wenig eingesehen, aber bei vielen anderen Rassen wurden und werden ähnliche oder schlimmere Fehlgriffe getan. Hunde sollten keine Modeartikel sein (genauso wenig wie Katzen oder andere Tiere). Wenn auch der reine Nutzgedanke heute bei den privaten Haustieren mehr und mehr in den Hintergrund tritt, sollten doch die Tiere auf jeden Fall in erster… Weiterlesen »

kall
13 Jahre zuvor

Upps, hat sich überschnitten. Aber @Wolfram: „Der Neufundländer gehört nach Neufundland“ Das mag mal zutreffend gewesen, Tatsache aber ist, dass er heute zum allergrößten Teil _nicht_ mehr in Neufundland jagt. Ob man einen solchen Hund in einer Etagenwohnung halten sollte, daran kann man zumindest Zweifel anmelden. Aber die moderne Zucht sollte sich doch langsam mal Ihrer Verantwortung bewusst werden und bei ihren Bemühungen auch daran denken unter welchen Umständen Haustiere im privaten Umfeld, und da leben nunmal z.B. die meisten Hunde, aufwachsen und leben. Auch der Dackel war mal als Hund zum Eindringen in Baue gedacht, so auch sein Name. Das dürften aber heutzutage nur noch die allerwenigsten Dachshunde tun. Und selbst wenn, wäre das auch mit einem etwas weniger anfälligen Rückgrat möglich, er sähe dann allerdings ein klein wenig anders aus. Aber daran könnte man sich ja eventuell gewöhnen. Übrigens ist Treppensteigen für den Menschen durchaus keine unphysiologische Angelegenheit, solange es nicht die einzige Fortbewegung ist 😉 Entgegen manch früherer Ansicht war der Mensch zumindest in den letzten mehr als 50000 Jahren seiner Evolution… Weiterlesen »

der Glöckner
13 Jahre zuvor

[quote]Ist Fliewatüüt schon gestorben?[/quote]

😀 😀 😀




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