Allgemein

Olaf

Sandy ist ganz aufgelöst und verwirrt und das kommt selten genug vor. Sie war bei Familie Kröpplinger, weil Herr Kröpplinger gestorben ist.
Die Kröpplingers kennt man, sie gehen jeden Tag spazieren und zwar immer zu Dritt. Herr Kröpplinger, seine Frau Erna und der 32jährige Sohn Olaf.
Immer so gegen Abend hat man das Trio gesehen, samstags und auch oft am Sonntag.

Von Olaf weiß ich, daß er eine leitende Position bei einem Wetterdienst in der Nachbarstadt und seit frühester Jugend Diabetes hat, beides steht ursächlich nicht in Zusammenhang.

Man hat immer schon über Olaf, das Muttersöhnchen, gemunkelt und die Gemüsefrau erzählte mir vor etlichen Jahren, da war Olaf etwa 20 Jahre alt, daß der alte Kröpplinger ihr ein gebrauchtes Fahrrad zum Kauf angeboten habe. Da der Preis recht niedrig war, hatte sie das Fahrrad für eines ihrer Kinder gekauft und festgestellt, daß es noch wie neu aussah. Ja, das läge vor allem daran, hatte damals Herr Kröpplinger ganz stolz gesagt, daß Olaf auf alle seine Sachen so gut aufpasse und überhaupt sei er ja nur in der geräumigen Wohnung damit herumgefahren…

Werbung

„Na, das ist ja sicher schon ein paar Jahre her und sie haben das gute Stück sorgsam aufbewahrt, nicht wahr?“ hatte sich die Gemüsefrau erkundigt und Herr Kröpplinger hatte entrüstet geantwortet: „Wo denken Sie hin? Schauen Sie mal, wie groß das Fahrrad ist, nein, das hat er bis letzte Woche noch benutzt. Jetzt hat er aber ein Teleskop bekommen, das macht ihm noch mehr Freude.“

Ein komischer Typ, dieser Olaf. Man weiß allgemein, daß er hochintelligent ist, aber man munkelt so hinter vorgehaltener Hand, er könne sich den Hintern nicht selbst abwischen…
Behindert oder zurückgeblieben ist er nicht, er hat studiert und ist berufstätig, aber seltsam ist das/er schon.

Ja, und was hat Sandy nun damit zu tun?

Nachdem der alte Kröpplinger nun gestern Nachmittag verstorben ist, war Sandy bei der Witwe Erna in der Wohnung, Olaf war noch beim Wettermachen, und die beiden Frauen besprachen das Notwendige bezüglich der Beerdigung des alten Mannes. Als Sandy dann wieder bei uns in der Firma war, begann sie mit den Worten: „Das glaubt Ihr nicht!“ und erzählte ihre Geschichte.

„Das gibt’s doch nicht“, meinte Frau Büser dazu und Antonia schüttelte ungläubig den Kopf: „Ich kann das nicht glauben.“

„Doch, die alte Frau hat das gesagt und ich habe Olafs Zimmer ja auch gesehen. Das sieht aus wie ein Kinderzimmer, mit lauter Flugzeugmodellen an der Decke und Postern an den Wänden. Wie das Zimmer eines Zwölfjährigen sieht das aus“, berichtete Sandy.

„Ja, und da gab es wirklich kein Bett?“

„Nein, der hat kein Bett in seinem Zimmer. Frau Kröpplinger hat ja auch gesagt, daß Olaf immer im Graben zwischen ihnen schläft.“

„Hör doch auf!“ staunt Manni, „Der ist wie alt?“

„Über Dreißig, ehrlich, die hat das gesagt. Die sagte: Ich muß dann noch die Betten frisch beziehen, jetzt kann Olaf ja im Bett seines Vaters schlafen und muß nicht mehr im Gräbele liegen.“

„Sowas gibt’s doch gar nicht“, staune auch ich ungläubig und Sandy ist schon fast ein bißchen beleidigt, weil ihrer Geschichte keiner Glauben schenkt.

Jetzt warten wir mal ab, vielleicht kann ich Frau Kröpplinger ja irgendwas entlocken, wenn sie später am Tag vorbeikommt und noch ein paar Urkunden vorbeibringt. Nun ist die Sache mit Olaf natürlich im Moment nicht das Wichtigste, aber irgendwie beschäftigt uns das schon.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)