Irgendwie ist das schon merkwürdig. Normalerweise ist ja unsere Kundschaft (hier: die Verstorbenen) vornehmlich älter. Das ist ja auch gut so. Aber es gibt immer wieder so Serien, da haben wir einen Auftrag nach dem anderen bei denen es um vergleichsweise jüngere Menschen geht. Damit meine ich jetzt mal Personen unterhalb der (willkürlich gewählten) Grenze von 60 Jahren.
Ganz besonders schlimm finde ich es, wenn es Familienväter trifft, die noch kleine Kinder haben. Häßlich wird es aber, wenn es die Mutter einer solchen Familie ist, die wir bestatten sollen.
Wenn der jeweils hinterbliebene Ehepartner meint, er müsse die Kinder mit zum Bestatter bringen, so soll mir das recht sein, wirklich gut finde ich es aber nicht. Wir bieten den Erwachsenen dann an, daß sich unsere Büromitarbeiter in dieser Zeit um die Kinder bzw. das Kind kümmern. Wenn überdies die Erwachsenen den Wunsch haben, daß die Kinder mehr von den Abläufen mitbekommen, können die gerne später auch am Beratungsgespräch teilnehmen.
Allerdings haben wir die Erfahrung gemacht, daß die Auswahl des Sarges, der Urne und der Grabstelle für Kinder sehr belastend sein kann, weil sie sich wesentlich mehr mit den Vorgängen beschäftigen als Erwachsene.
Lieber ist es mir, wenn der technische Ablauf und die Verwaltungsfragen geklärt sind und wir die Kinder erst wenn der Verstorbene eingebettet ist, behutsam an diese Dinge heranführen. Da lässt sich Vieles leichter erklären und Schritt für Schritt verdeutlichen.
Heute war eine Frau bei mir, die zwei Kinder im Alter von 5 und knapp 7 Jahren dabei hatte. Auf ihren Wunsch hin waren die Kinder bei der Beratung dabei und dann äußerte die Kundin den Wunsch, ihren Mann noch einmal sehen zu dürfen. Natürlich ist das kein Problem und ich lud die Frau ein, doch am frühen Nachmittag zu kommen, um ihren Mann in einem unserer Abschiedsräume zu besuchen.
Davon habe sie nicht geredet, sie wolle jetzt sofort mit ihren Kindern zu ihrem Mann. Den hatten wir aber gerade erst aus dem Krankenhaus abgeholt und er war nicht in dem Zustand, daß man ihn hätte vorzeigen können. Offenbar war er während einer Behandlung oder kurz vor einer Operation verstorben, jedenfalls befanden sich noch allerlei Schläuche und Kanülen an und im Körper und seine Augen waren noch mit Pflaster verklebt usw.
Vielleicht hätte man einem Erwachsenen die Umstände begreiflich machen können, nicht aber zwei kleinen Kindern.
Ich denke, in einem solchen Fall ist es doch besser, wenn der Verstorbene so friedlich wie möglich im Sarg liegt, damit die Kinder nicht zu sehr abgeschreckt werden. Es ist doch schlimm genug, daß sie ihren Papa so früh verloren haben, muß man ihnen dann den Anblick eines starren, halbnackten Kliniktoten zumuten?
Ich habe das „aus technischen Gründen“ abgelehnt, nachdem die Mutter für sachliche Gründe nicht zugänglich war. Sie will das jetzt mal mit ihrem Schwager besprechen, der sei Hausverwalter und kenne sich mit den Gesetzen aus.
Nun kommt sie heute am frühen Nachmittag, dann sehen wir weiter; immerhin haben wir bis dahin den Mann ordentlich eingebettet.
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ich frag mich, was in einer mutter vorgeht, die ihren kleinen kindern unbedingt den toten vater in denkbar schlechtem zustand zeigen will…
Ich glaube, der Frau war schlicht ueberhaupt nicht bewusst, in welchem aeußerlichen Zustand sich ihr toter Mann befindet…
Hauptsache man kennt sich mit Gesetzen aus…
Ja, der Herr Hausverwalter, der weiß Bescheid!
Wenn der 's nicht weiß, dann hilft auch lawblog nicht mehr weiter.
😉
Das Krankenhauspersonal entfernt da nicht mal die Kanülen und Schläuche? Ist das normal?
@Sabine
klare Anzeichen von Schock über den verlust, der rationales Denken bei Ihr abgeschaltet hat
… ich habe meinen Opa in ungefähr diesen Zustand als 12jähriger gesehen, als meine Eltern und ich ihn nur besuchen wollten, er aber ganz kurz vorher verstorben war. Um dieses Bild in meinem Kopf verblassen zu lassen, brauchte ich einige Zeit und schaffte es erst nach knapp 10 Jahren ohne Panik, ohne eben jenes Bild vor Augen zu haben, einen nahen Verwandten im Krankenhaus zu besuchen
@Pax: Es gibt Krankenhäuser wo das meistens entfernt wird und es gibt welche die grundsätzlich nichts wegmachen. Wozu auch? Der Bestatter kann das ja machen und das wir auf diese Weise ständig eine größere Menge Klinik- und Sondermüll zusammenbekommen, interessiert auch niemanden.
@ Pax und undertaker: Da es sich bei Toten im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung ja meist um "ungeklärte" Todesarten handelt, schreibt hier die Strafprozessordnung (und ich meine, es war §94) das Belassen aller Zugänge, Schläuche, Pflaster etc. im/am Patienten vor.
Erleichtert dem ggf. hinzugezogenen Rechtsmediziner auch enorm die Arbeit und ist auch laut Rechtsmedizin-Lehrbuch das völlig korrekte Vorgehen.
Und ja: leider haben dann die Bestatter damit die Arbeit, falls keine Obduktion durch die Staatsanwaltschaft angeordnet wird. Und das passiert halt vergleichsweise selten… Aber vielleicht grollt Tom jetzt weniger ob der fiesen Ärzte, die ihren Müll nicht entsorgen. 😉
Ich habe in meiner Krankenhausarbeit immer viel Wert darauf gelegt, dass meine Kollegen und ich die Toten soweit herrichten, dass man sie im Idealfall noch im Krankenhaus den Angehörigen zeigen kann. Da gab es auch einen kleinen Aufbahrungsraum. Die allermeisten toten Patienten verlassen das Krankenhaus mit einer natürlichen oder zumindest geklärten Todesursache. Selbst wenn die Leichen noch obduziert werden sollen, kann man da alles entfernen. Kein Mensch braucht da noch die Zugänge im Arm oder den Tubus im Hals. Faulheit erklärt das Phänomen eher 😉 …
Diese werden meist sogar im Rettungsdienst nach zB einer erfolgreichen Reanimation entfernt. Absolut unabdingbar ist dabei natürlich die Vollständige und absolut lückenlose Dokumentation der Maßnahmen.
Und wie dokumentiert man die unerkannte ösophageale Fehllage des Tubus?
So moralisch richtig das Herrichten der Toten ist, so juristisch korrekt ist es auch, alles zu belassen!
Habe wegen der Unsicherheit nochmal ins Buch geschaut: bei nicht-natürlicher und ungeklärter Todesart beruft sich Herr Madea tatsächlich auf §94 StPO (Beweismittel)
Ooops, hier die Fortsetzung:
Demzufolge ist dann alles zu belassen.
Im vorliegenden Fall (mors in tabula) empfiehlt es sich "ungeklärt" anzukreuzen, weshalb das hier gewählte Vorgehen m. E. vollkommen in Ordnung ist.
Bei der Vielzahl der natürlichen Tode bin ich allerdings auch ein Verfechter des Herrichtens.
Sorry für den ersten, etwas missverständlichen Beitrag.
@ Sankafahrer: Ich hoffe, du entfernst alles nur bei Abgabe von erfolgLOSEN Reanimationen. 😉
Uuuups, ok ertappt 😉
ICH dokumentiere hierbei nicht viel, ich bin nur der sankafahrer ;)!
Aber ich weiß worauf Du hinaus willst, hätte es etwas ausführlicher schreiben sollen. Zum einen wird es vom Notarzt schriftlich zusammen mit der vorläufigen Todesbescheinigung dokumentiert zum anderen wird das ganze geschehen auch nochmal an die Aufnehmende Polizei bei deren eintreffen übergeben.
Sollte es natürlich hinweise geben das da uU jemand "gestorben worden" sein könnte wird natürlich alles belassen, so auch bei Verkehrstoten in aller Regel!
Ich ging hier von einem Fall aus bei dem zB der 85 jährige Ehemann nach bekannter (Herz)krankheit morgens um viertel nach 6 in seinem Badezimmer (Rettungsdienstklassiker) nicht mehr Reanimiert werden konnte und nun die genausoalte Ehefrau nun in einer Vertrauten umgebung diese Situation erleben muss!
Normalerweise beführworte ich es, den Kindern den Tod bei richtiger Gelegenheit behutsam beizubringen, aber so eine "Schocktherapie" ist nun wirklich voll daneben. Vielleicht war die Mutter wirklich noch nicht ganz zurechnungsfähig und Deine Reaktion absolut richtig.
Das mit den Schläuchen und Kanulen stimmt, da liegst´s ganz am Krankenhaus und der Faulheit des Personals, ob noch was "drinsteckt", oft haben tatsächlich die Bestatter das "Vergnügen", das Zeug zu entfernen. Achtung vor den Toten, weit gefehlt!
Als ich vor einiger Zeit mit unserem Leichenwagen auf der Autobahn fuhr und nicht schnell genug von der linken Spur runter war, da streckte mir so´n Tiefergelegter glatt den Mittelfinger entgegen!!! Pietät, was ist das???
> Als ich vor einiger Zeit mit unserem Leichenwagen auf der Autobahn fuhr und nicht schnell genug von der linken Spur runter war, da streckte mir so´n Tiefergelegter glatt den Mittelfinger entgegen!!! Pietät, was ist das???
Dem Tiefflieger am nächsten Brückenpfeiler trotzdem professionell einzusammeln.
Tux2000
@tux:
heute auf dem feuerwehrwagen gelesen: "Überholen sie ruhig- wir schneiden sie gleich raus" 🙂
scnr.
@ toneum
Klar, bei "ungeklärten" Todefällen ist das natürlich richtig mit dem Belassen der Beweismitteln. Aber sobald dem Bestatter der Leichnam übergeben wird, hat der ja offensichtlich die (staatsanwaltliche) Freigabe erhalten und spätestens dann könnte das Krankenhaus aus dem "Beweismittel" ja wieder eine zumutbare Leiche machen 🙂
Hallo Sankafahrer, ich hoffe Ihr denkt da ein wenig weiter und stellt der Witwe einen Notfallseelsorger oder einen Notfallnachsorgedienst oder ein Kriseninterventionsteam zur Seite. Hats ja jetzt schon überall. Helfen echt bis das soziale Netz geknüpft ist.
Hallo Tom? Undertaker?
Du schreibst das ein Bestatter ständig eine größere Menge Klinik- und Sondermüll zusammenbekommt.
Das Klinikmüll Sondermüll ist weiß man ja aber was fällt bei einem Bestatter sonst noch an Sondermüll an?
Körperausscheisdungen/Flüssigkeiten?
Oder ist das in Deutschland kein Sondermüll? (ich meine zu wissen, das sowas in den USA Sondermüll ist…)
wird eigentlich diese 'spezielle Herrichtung' (ist ja nunmal kein Opa-schlaeft-im-Bett-ein) gesondert berechnet, oder faellt das mit unter die 'Auftragspauschale'?
Oder so 'Loesungen' wie beim 'dicken Doktor', ist das mit in der Pauschale, oder steht dann hinterher auf der Rechnung 'Sargverkleidung nach Mass'?
neugierig fragt
gb
@ Mac Kaber:
Notfall..was?
Kriesenint…wer?
😉
@Robert: Blättere doch mal zurück, bis zu dem "Pümpel/Klo-Artikel" da steht was über Ausscheidungen und Kanalisation.
@gb: Wir haben eine Rechnungsposition "Mehraufwand". Bei der Formulierung der Rechnung haben wir die Wahl, dort noch einen Kommentar einzugeben oder es zu lassen. Manchmal ist es besser, das zu lassen. Dann fragen hin und wieder die Angehörigen nach. Ich antworte dann auch schon mal: "Fragen Sie lieber nicht." Es wird dann ohne zu Murren bezahlt.
@Sankafahrer (Grongnwochnbeifohra):Frag mal Deine Leitstelle.(Ich meine die mit der 112 Nummer)
Da wird Dir gehelft.
Nein, nein ich meinte nur was ansonsten, außer der genannten Sachen, noch an Sondermüll anfällt….