Branche/Kommune

Pfarrer, Redner oder Bekannter?

Wen nimmt man für die Trauerrede?
Den Pfarrer, weil der „billig“ ist?
Einen freien Redner, weil man mit der Kirche nichts am Hut hat?
Den Bekannten Willi, weil der auch in der Bütt eine gute Figur macht?

Diese Frage kann ich nicht pauschal beantworten.
Fangen wir mal mit den guten Bekannten und den guten Rednern aus der Verwandtschaft an.
Es gibt ganz bestimmt in jeder Familie einen, der -gemessen an den Ansprüchen seiner Sippe- ausgezeichnet reden kann und der auch schon oft bei Jubiläen, Geburtstagen und Taufen Selbstgereimtes im 3-Nudeltakt vorgetragen hat und bei Hochzeiten immer die Bierzeitung macht.
Das klingt jetzt alles ein bißchen spöttisch und so ist es auch gemeint, aber so jemand kann durchaus auch die richtige Wahl sein, wenn es darum geht, einen Redner für die Beerdigung zu finden. Immerhin dürfte er den Verstorbenen gekannt und wirklich Persönliches über ihn zu sagen haben.
Aber es besteht auch die Gefahr, daß diese Person den besonderen Anforderungen einer Trauerfeier nicht gewachsen ist (weil er z.B. selbst zu sehr von der Trauer übermannt wird) und daß eventuell auch das Thema leicht verfehlt wird.
Anders ist es nicht zu erklären, daß ich vor 12 Jahren mal eine Trauerrede im typischen Faschingsbütt-Rhythmus gehört habe, in der der Redner unterstützt von sehr theatralischer Gestik reimte:

„…drum fährt der gute UWE
jetzt auch in die GRUBE.
Wir alle trauern mit,
doch keiner geht mit.
Das Sterben das ist seine,
drum geht er jetzt alleine.
Amen.“

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Das sind natürlich extreme Ausrutscher und ich bin mir sicher, daß es nur sehr, sehr selten zu solchen peinlichen Pannen kommt. Deshalb rate ich immer ausdrücklich dazu, in der Familie und im Bekanntenkreis jemanden zu suchen, der so etwas wie eine Trauerrede kann.
Es kommen auch Vereinskameraden, Arbeitgeber(vertreter), Gewerkschafter, Parteifreunde usw. in Frage.

Übrigens: So eine (oder mehrere) persönliche Trauerrede(n) lassen auch die Pfarrer gerne zu und bieten den entsprechenden zeitlichen Raum, wenn man sie vorher darüber informiert.

Der freie Trauerredner
Solche gibt es in fast jeder Stadt und jeder Bestatter dürfte auf Anhieb einen oder mehrere Trauerredner empfehlen können. Die Preise für diese Dienstleistung liegen bei 150 bis 900 Euro.
Die niedrigeren Preise werden eher im Osten und im Norden bezahlt und die höheren eher im Süden und Südwesten.
Das ist aber -wie fast alles im Bestattungsgewerbe- regional sehr verschieden.

Unter den freien Rednern, die auch von freigeistigen Vereinigungen kommen können und dann evtl. sogar gar nichts kosten, sofern man da Mitglied war, gibt es durchaus sehr gute und leider auch sehr schlechte.
Einen der schlechtesten durfte ich über viele Jahre erleben. Dieser Mann hatte sich ein einziges Mal eine Trauerrede überlegt, die er nach dem dritten Mal auswendig kannte und im Leierton der Touristenführer immer wieder vortrug.
Dabei hatte er immer mehrere Rosen dabei, deren Bedeutung er erklärte und sie dann nacheinander auf den Sargdeckel oder vor die Urne legte.
Das Einzige was er jeweils veränderte war der Name des Verstorbenen.
„Ach was, die meisten von denen sind so alt, die wissen morgen sowieso nicht mehr, was ich heute gesagt habe“, antwortete mir der Mann einmal, als ich ihn fragte, ob er keine Angst habe, daß Leute die oft auf Beerdigungen gehen, das merken oder seltsam finden.
Einen Besuch bei den Angehörigen bot der Mann zwar an, aber das tat er am Telefon ungefähr mit den Worten: „Meine Rede dauert 17 Minuten, die kostet 350 Euro, wenn ich vorher zu Ihnen kommen muß, kostet jede angefangene halbe Stunde 90 Euro und jeder gefahrene Kilometer Einsachtzig.“

Unter den Rednern gibt es wahre Genies und absolute Nulpen.
Hier rate ich immer, vorher genau zu fragen und sich beim Bestatter und anderen Leuten zu erkundigen, wie die den gefunden haben.

Der Pfarrer
Manche sagen, man könne den Pfarrer nur dann für die Beerdigung gewinnen, wenn man auch Mitglied seiner Gemeinde war. Das ist nach Ansicht mancher Pfarrer auch wirklich so. Teilweise ist das in den Städten sehr streng geregelt. Jeder Pfarrer darf nur die Gläubigen aus seinem Sprengel beerdigen und die Externen macht nach Dienstplan immer ein anderer…
Externe, das sind die Kirchenmitglieder, die von außerhalb kommen und deren Gemeinde einen „Entlaßschein“ ausgestellt hat, damit er/sie woanders beerdigt werden kann.
Auch unter den Pastören gibt es solche die supergut beerdigen können, andere können besser taufen und verheiraten…
Aber da hat man dann manchmal keine Wahl. Es sei denn, man kennt einen Pfarrer besonders gut, spricht vorher mit seiner eigenen Gemeinde, daß man aus diesem oder jenem Grund lieber einen anderen Pfarrer hätte usw.
Es gibt ja beispielsweise auch Fälle, in denen Gläubige jahrzehntelang am Gemeindeleben einer gar nicht für sie zuständigen Kirchengemeinde teilnehmen; die Gründe können mannigfaltig sein. Dann will man natürlich möglicherweise, daß eben der Pfarrer dieser Gemeinde die Beerdigung macht und nicht der eigentlich zuständige, den man gar nicht kennt.
Viel häufiger kommt aber Kirchenferne dadurch zustande, daß sich die Menschen mit dem „Bodenpersonal“ Gottes überworfen haben. Dabei sind sie tief im Inneren gläubig, leben an sich auch als gute Christen, gehen aber nicht mehr in die Kirche und nehmen weder an den kirchlichen Veranstaltungen noch an den Sakramenten teil. Ja, manche sind deshalb auch aus der Kirche ausgetreten oder haben diesen Schritt gemacht, um Steuern zu sparen.
Wer dennoch ein Begräbnis mit kirchlicher Begleitung und Betreuung wünscht, sollte unbedingt mit seinem Pfarrer sprechen! Vielen ist der bekundete Glaube wichtiger als irgendeine abgestempelte Kirchenmitgliedschaft!
Auch der Bestatter kennt u.U. Pfarrer, die eine kirchliche Bestattung für „Sonderfälle“ durchführen.
Die Kosten für einen Pfarrer halten sich im Rahmen. Manchmal erbitten sie eine kleine Spende in die Gemeindekasse, manchmal erwarten sie, daß man ihnen die Fahrtkosten ersetzt. Insbesondere dann, wenn man keine Kirchensteuer gezahlt hat und auch dann, wenn man die Betreuung gut und die Rede toll gefunden hat, sollte man hier nicht geizig sein. Zur Höhe der „Spende“: Es muß rascheln und nicht klimpern. Alles über 20 Euro ist okay. Es ist aber auch nicht notwendig, 1.000 Euro in einen Umschlag zu stecken (wobei: wer das übrig hat und das unbedingt so will: nur zu!) und es ist unangemessen 5 Euro in 50-Cent-Stücken mit Tesafilm auf ein Kärtchen zu kleben!

Es ist immer lohnenswert, mit dem Pfarrer zu sprechen (und wenn ich Pfarrer sage, kann das natürlich jeder Gottesmann sein ((bzw. jede Gottesfrau, sowas soll es ja bei diesen Thesenanschlägern auch geben)), also auch ein Diakon usw.).
Denn neben der reinen Zeremonie bieten die Pfarrer natürlich auch seelsorgerischen Beistand und weitere Möglichkeiten der Trauerarbeit. Das fängt bei den jeweiligen Kirchenritualen (Trauergottesdienst, Sechswochenamt usw.) an und führt evtl. auch bis in einen kirchlichen Trauerkreis.

Alles in allem:
Fragen Sie herum! Erkundigen Sie sich, wer so etwas kann und wer so etwas machen möchte!
Wenn es mehrere Leute sind, kann ohne weiteres jeder von ihnen einige Sätze sagen.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, ob nicht jedes Familienmitglied etwas sagen möchte? Vielleicht jeder nur einen Satz.

Die Möglichkeiten der Gestaltung einer Trauerfeier sind so vielfältig. Sprechen Sie mit dem Bestatter darüber, lassen sie nicht locker, es gibt mehr Möglichkeiten als sie denken und Sie müssen sich nicht mit dem 08/15-Standard abspeisen lassen.

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(©si)