Mitarbeiter/Firma

Quergelesenes

Ich lese sehr schnell. Das führt manchmal dazu, daß z.B. Frau Büser glaubt, ich hätte mir ein Schriftstück, das sie mir vorlegt, gar nicht richtig angeschaut, wenn ich es dann unterschreibe, abnicke oder einen Kommentar dazu abgebe.

„Haben Sie das denn auch richtig gelesen?“

„Jau.“

Werbung

„Nein, so richtig meine ich.“

„Jau.“

„Nicht nur überflogen?“

„Nein, richtig gelesen.“

„Hm, auch nicht nur quergelesen?“

„Nein, richtig gelesen, so ganz richtig.“

„Wirklich?“

„Jau.“

„Wollen Sie nicht doch noch mal gucken?“

„NÖ.“

„Ehrlich nicht?“

„NÖÖ!“

„Aber nicht, daß Sie es dann doch nicht richtig gelesen haben und am Ende alles an mir hängen bleibt.“

Gut, wenn die brave erste Bürodame so darauf besteht…
Also werfe ich noch mal einen Blick auf das Schriftstück, sehe aber, daß alles so ist, wie ich es schon beim ersten Mal gelesen habe und nicke erneut.

„Dann ist ja gut“, sagt Frau Büser, lächelt zufrieden, rückt die Brille auf ihrer Nase zurecht und geht.

Was nutzt mir eigentlich das Schnelllesen?

Beim nächsten Mal sage ich zu Frau Büser, sie möchte mir das alles bitte in eine Mappe tun, ich schaue dann bei passender Gelegenheit mal drüber.

Diese Formulierung „bei passender Gelegenheit“, die finde ich sowas von klasse, daß ich sie vor Jahren mal von einer Beamtin, die sie mir gegenüber verwendete, einfach geklaut habe. Bei passender Gelegenheit, das zeigt doch schon an, daß es jetzt gerade nicht passt und daß andere Gelegenheiten passender wären. Außerdem kann das jetzt gleich irgendwann sein, es kann aber auch in sechs Wochen um elf oder im August um fünf sein.

„Nee“, sagt die Büserin, „das ist nichts für die Mappe, das ist wichtig, da muß ich nachher anrufen…“

„Dann legen Sie es da vorne hin, ich schaue es mir dann an.“

„Nee, nee, nee, nachher schieben Sie es wieder in einen Ihrer Stapel und dann isses weg.“

„Meine Stapel sind nach einem komplizierten System geordnet, da kommt nix weg.“

„Nöööö, natüüüürlich nicht!“. Spott schwingt in ihrer Stimme mit, Natter, alte…

„So, jetzt muß ich hier weitermachen. Legen Sie’s einfach da hin, ich gucke dann gleich.“

„Nee, nee, Sie kommen aus dem Ruhrgebiet, da bedeutet gleich soviel wie nachher und nacher ist zu spät.“

Ich könnte ja mal eben gucken, aber ich will diesen Punkt nicht an die Büserin gehen lassen. Deshalb wippe ich mit meinem Schreibtischsessel ganz nach hinten, vertiefe mich in die Unterlagen, die ich gerade vor mir hatte und lege demonstrativ meine Füße auf den Rand des Papierkorbs.

„Ach, kommen Sie, Chef, nur eben mal gucken, das ist wichtig.“

„Hmm…“

„Chehef?“

„Hmmm?“

„Kuckuck!“

„Hmmm…“

„Nicht nur Hmmm machen, Sie sollen mal gucken.“

„Frau Büser, ich leite ein Unternehmen und Sie sind meine Angestellte. Denken Sie mal drüber nach!“

„Chef, können wir es nicht so machen: Sie sind der Chef und ich sage Ihnen was gemacht wird?“

„Wie bitte?“

„So machen wir es doch schon seit Jahren. Wenn ich nicht wäre, dann würden Sie hier doch im Chaos versinken.“

„Was?“

„Hopp! Lesen!“

Gut, ich hab’s dann gelesen, aber nicht weil sie Recht hatte, einfach so…

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)