Warum da jemand bei einer Beerdigung filmt? Nun, das kommt seit den frühern 80er Jahren immer häufiger vor. In den Jahren des Video-Booms gab es beinahe in jeder größeren Stadt einen Anbieter, der Filmaufnahmen von Taufen, Hochzeiten und natürlich auch Beerdigungen anbot. Mit dem Sinken der Preise für Videokameras und deren weiterer Verbreitung übernehmen seitdem immer wieder Angehörige diese Aufgabe.
Ob es nun als pietätvoll angesehen wird, bei der Beerdigung der Mutter zu filmen, liegt im Grunde allein in der Betrachtung der jeweiligen Familie.
Sämtliche Riten und Zeremonien rund um Tod und Trauer dienen der Bewältigung der besonderen Situation. Bestattungsriten wurden nicht, wie oft gerne behauptet wird, von geldgierigen Bestattern oder indoktrinierenden Kirchen geschaffen, sondern sind in den meisten Fällen aus den Bedürfnissen und Vorstellungen der Trauernden heraus entstanden und von Bestattern und Kirchen in vielen Teilen nur aufgegriffen worden.
Je mehr man dem Traditum folgt und je genauer man die allgemein bekannten Bestattungsriten einhält, umso mehr wird man als Trauernder erkannt und umso mehr wird es allgemein so empfunden, als mache man im Sinne des sozialen Umfeldes alles richtig.
Für die Trauernden selbst sind die Riten Auslöser für den Ablauf bestimmter Prozesse, die das Trauern erleichtern und die Bewältigung der Situation ermöglichen.
Nehmen wir hierzu ein sehr einfaches Beispiel:
Ich schrieb ja schon häufiger über die besondere Macht der Musik und welche Emotionen man allein durch Töne und Worte auslösen kann. Die Leser des Weblogs wissen das, wenn sie die Geschichten hier lesen und sich an die Episoden erinnern, in denen Trauerfeiern geschildert wurden. Allein durch die Erwähnung bestimmter Musikstücke und das bildhafte Beschreiben von Abläufen und Handlungen wird soviel Kino im Kopf erzeugt, daß oftmals schon beim Lesen Tränen fließen.
Das Weinenkönnen ist nur ein Teil der Trauerbewältigung, aber es kann als ganz wichtiges Element dazugehören und so setzen Bestatter, Pfarrer, Organisten ganz bewußt bestimmte Musikstücke, Kerzenlicht, Formulierungen und Handlungen ein, um eine ganz bestimmte Atmosphäre bei der Trauerfeier zu schaffen, die oft auch dem die Tränen (endlich) in die Augen treibt, der bis dahin nicht zum Weinen in der Lage war.
Riten sind also ein Hilfsmittel zum Trauern und es liegt ganz allein am sozialen Umfeld und den tradierten Gepflogenheiten innerhalb einer oft eng umrissenen Gruppe, was als Sitte und somit als sittsam anerkannt wird. Ist es in einer Familie, Volksgruppe oder Dorfgemeinschaft etwa üblich, sich laut schreiend am Grab gegenseitig die Haare zu raufen, so würde das auf viele von uns befremdlich wirken, wäre aber innerhalb der ausübenden Gruppe das vermutlich einzig korrekte Verhalten.
Als Außenstehender kann und darf man in solchen Fällen nicht leichtfertig vom eigenen Verhalten wertend auf das Verhalten anderer schauen. In dieser Familie, um die es in diesem Artikel ging, scheint das Filmen von Familienfesten und somit auch Beerdigungen durchaus als angemessen angesehen zu werden. Vielleicht hilft es den Angehörigen ganz enorm bei der Bewältigung ihrer Trauer, wenn sie sich hinterher die Aufnahmen nochmals anschauen können.
Wir jedenfalls bieten seit Jahren einen Foto- und Videodienst an und immer wieder kommt es vor, daß Angehörige diese Dienstleistung buchen. Es ist ähnlich wie mit dem Kondolenzbuch, am Tag der Beerdigung haben die wenigsten engeren Angehörigen einen Blick für das Drumherum und hinterher ist man oft betrübt, weil man vor lauter Trauer gar nichts mitbekommen hat. „Wie, der Hans war auch da?“
Allein aus der Tatsache, daß da eine Videoaufnahme gemacht wurde, kann man also zunächst gar nichts schließen.
—
Daß ein Sarg so halbseiden in die Grube rutscht, das ist zwar unschön, schadet aber dem Verstorbenen in aller Regel nicht. So etwas kann passieren, sollte aber nicht passieren.
Ich habe solche und ähnliche Vorfälle schon ganz oft gesehen und finde im Grunde nichts dabei. Man wird das nicht verhindern können; wo Menschen arbeiten, werden auch mal Fehler gemacht.
Für die Angehörigen ist das allerdings immer besonders dramatisch, denn Beerdigungen sind natürlich nicht beliebig oft wiederholbar.
Was hätte man anders machen können? Nun, wenn der Sarg jetzt wirklich kopfüber in die Grube gedonnert wäre, hätte ich eingegriffen, den Pfarrer und die Angehörigen um eine halbstündige Unterbrechung gebeten und den Sarg nochmals in die Leichenkammer des Friedhofs bringen lassen. Nachdem dann alles wieder gerichtet ist, hätte man mit der Zeremonie fortfahren können. Aber bei einem solchen Ausrutscher, finde ich, sollte man kein zu großes Drama daraus machen.
—
Nein, bei Aufbahrungen steht nicht immer ein Friedhofsmitarbeiter dabei. Danach hatte jemand im Zusammenhang mit dem gestohlenen Ehering gefragt.
Es gibt Friedhöfe, bei denen die Verstorbenen nur durch eine Glasscheibe betrachtet werden können. Auf anderen Friedhöfen bleibt der Friedhofsmitarbeiter etwas abseits dabei stehen und viele Leichenkammern sind immer abgeschlossen und werden nur beim Besuch von Angehörigen geöffnet.
Es gibt aber durchaus auch Friedhöfe, da wird der Zugang zu den Leichenzellen morgens aufgeschlossen und abends wieder verschlossen, sodaß jeder die Möglichkeit hat, zu den Toten zu gehen.
Viele ältere Leute gehen gerne mal gucken, wie der eine oder andere tot aussieht, auch wenn sie ihn gar nicht kannten…
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
Bei uns in der Stadt ist letztens ein Jugendlicher bei einem Autounfall gestorben.
Seine Freunde haben bei der Beerdigung und der Trauerfeier gefilmt und werden daraus und aus alten Filmaufnahmen ein Abschiedsvideo mit einem für ihn geschriebenen Lied unterlegen.
Für die Freunde (HipHopper, Musiker) ist das eine wichtige Art der Abschiednahme.
Was aufstößt ist ja nicht, dass gefilmt wird, sondern das durch wen und wie. Ausserdem kommt es noch darauf an, was man danach aus dem erzielten Material macht.
Ich selbst, übrigens nicht „Branchenfremd“ erlebe oft, dass Bild-oder Filmmaterial vor oder während der Trauerzeremonie gefertigt wird und vertrete hierbei die Ansicht, jeder wie er mag, es haben möchte und braucht. Bei meinen verstorbenen Familienmitgliedern deren Beisetzungen ich weitestgehend geplant und mit organisiert habe, mochte ich das nicht haben. Außer bei meiner Mutter, die gerade kürzlich erst verstorben ist. Meine Motivation Fotos machen zu lassen, lag der Tatsache zu Grunde, dass meine Mutter das selbst so gewollt hätte. Hatte sie doch schließlich selbst von allem und jedem stets Bilder gemacht… Der Schock, an dem ich noch heute zu knabbern habe, folgte auf dem Fuße. Als nämlich eine CD, deklariert mit der Aufschrift „Bilder der Trauerfeier von Frau ***“ vom Bestatter bei mir ankam und ich gedankenverloren, aber mit der dennoch festen Vorstellung Bilder aus der eigens geschmückten Kapelle, vom Sarg, den ich selbst dekoriert, den Blumen und Kränzen zu sehen zu bekommen, deren Wirkung ich natürlich während der Beisetzungszeremonie ansich nicht habe erfassen können. Was mich dann schlicht vom Stuhl gehauen hatte war, dass die… Weiterlesen »
Ich musste bei den letzten Absätzen vorhin leise vor mich hinkichern, weil mich das an die Zustände bei uns in der Gemeinde erinnert. In dem kleinen Dorf, aus dem ich komme, wohnt in der direkten Nachbarschaft meiner Eltern eine Frau, die schon alt war, als ich geboren wurde. Inzwischen ist diese Frau schon 90 Jahre alt und immer noch erstaunlich fit und verfügt, wenn es nötig ist, über Bärenkräfte. Ihr Schwiegersohn sagt, die Frau lebt nur deshalb noch, weil selbst der Tod vor ihr Angst hat. Jedenfalls… bis vor etwa 15 Jahren hatte sie ein besonderes Hobby. Sie fuhr alle paar Tage in die Nachbargemeinde und ging in das Leichenschauhaus um sich die Toten anzusehen. Sie schwang sich bei Wind und Wetter aufs Rad und fuhr die 6 km mit wachsender Begeisterung. Mein Großvater starb 1996 und zu dem Zeitpunkt hatten die Friedhofsmitarbeiter gerade damit begonnen, die Zellen verschlossen zu halten und nur nach Absprache mit den Hinterbliebenen zu öffnen. Bei aller Trauer, von der wir ergriffen waren, konnte ich mir doch damals ein schadenfrohes… Weiterlesen »