Frau Entrikat hat nur eine Sorge. Ihr ist besonders daran gelegen, daß das gemeinsame Essen aller Trauergäste, der so genannte Leichenschmaus, reibungslos abläuft.
„Es muß erst eine Suppe geben, das ist wichtig! Wenn die Leute vom Friedhof kommen, dann sind die verfroren. Und Schweinebraten. Schweinebraten ist ganz wichtig. Nichts nährt so gut wie Schwein! Ja und dann einen schönen Nachtisch. Wir haben früher immer Birne-Helene gegessen.“
Ich notiere ihre Wünsche, denn es gehört auch zu den Aufgaben eines Bestatters, quasi als Eventmanager des Todes, nicht nur die Trauerfeier an sich, sondern auf Wunsch der Kunden, auch das Beisammensein nach der Beerdigung zu organisieren.
Das ist mir auch ganz lieb so, ich kenne die Preise, kann mit den Wirten auf Augenhöhe verhandeln und bekomme immer auch die Erlaubnis, daß die Leute ihren Kuchen selbst mitbringen dürfen.
Ja, das ist manchmal ein Problem. „Bei mir bringt keiner mehr seinen Kuchen selbst mit“, sagte ein Wirt zu mir. „Hinterher kriegen die alle Durchfall und dann haben sie mich am Arsch, weil das in meinem Lokal passiert ist, dabei waren die Eier für die Creme im Kuchen schlecht. Mit mir nicht!“
Doch für Frau Entrikat werde ich das alles hinbekommen und während sie noch über die besonderen Vorzüge von Birne Helene philosophiert und ausführlich alte Kindheitserinnerungen heraus kramt, drücke ich am Telefon eine Taste und rufe damit meine Büroangestellte Antonia herbei. Sie soll die Bestellung schon mal an den Ochsenwirt durchgeben.
Antonia betritt mein Büro, ich gebe ihr die Weisungen der Kundin und da sagt eben diese: „Und sagen Sie dem Wirt, er soll an die Suppe und an den Braten tüchtig Salz dran machen. Ich weiß nicht woran das liegt, aber in letzter Zeit schmeckt mir alles immer so fade. Egal was ich esse, es fehlt Salz, ich muß alles nachsalzen.“
„Das liegt am Alter, glaube ich“, sage ich zu Frau Entrikat und füge hinzu: „Das war bei meiner Oma und meiner Mutter auch so. Je älter die wurden, umso weniger intensiv schmeckten sie Gewürze.“
Antonia mischt sich ein, nickt verstehend und sagt: „Ja ist doch klar, das nennt man Salzheimer.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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„Eventmanager des Todes“ – genial.
Und das mit Salzheimer stimmt auch. 🙂
Den Eventmanager des Todes fand ich auch klasse. 🙂
Wir haben den Leichenschmaus in der Familie organisiert und bei meinem Onkel abgehalten. Fand ich auch schöner so, denn das ist so intim, da will ich einfach nicht irgendwo sein. In der Gaststätte zu essen ist für mich verbunden mit fröhlichen Sachen wie Geburtstagen und so, da finde ich das irgendwie unpassend. Auch wenn ich natürlich gut nachvollziehen kann, dass man sich da nicht selbst noch den Stress aufbürden will.
Das hat nicht unbedingt mit Stress, sondern auch mit Platz zu tun. Wenn ich mal sterbe, passend meine Gattin, unsere Kinder, meine Geschwister und deren Kinder und Gatten wahrscheinlich auch zusammen im mein Woihnzimmer – bei meinen Großeltern war das nicht möglich. Und es soll Gerüchten zufolge auch heute noch größere und verzweigtere Familien als meine geben.
Es ist einmal die Größe, die passen muss (mit Familie, Ex- Kollegen und diversen Vereinen können da manchmal 200 Leute zusammenkommen), und dann finde ich auch, dass die Familie genug Belastung hat und nicht auch noch die ganze Trauergesellschaft bewirten muss. Bei der letzten Beerdingung die ich besuchte war die Witwe die ganze Zeit auf den Beinen um wenigstens mit jedem Gast ein paar Worte zu wechseln, da sollte sie sich nicht auch noch drum kümmern müssen dass jeder was im Glas hat. Daheim mag es gemütlicher sein, aber die Entlastung der nächsten Angehörigen finde ich hat da Priorität.
Salzheimer, genial. 😀