Frag doch den Undertaker

Sarg doppelt berechnet? Bestatterin eine Betrügerin?

zocker

Dass Bestatter Särge günstiger einkaufen, als dass sie sie wieder verkaufen, ist bekannt. Und es ist normal. Bestatter sind Kaufleute und erzielen durch den günstigen Ankauf und den teureren Verkauf von Gegenständen einen Teil ihres Gewinns.
Ich bekomme viele Mails, die sich mit der Frage beschäftigen, wie es denn sein kann, dass der „böse“ Bestatter einen Sarg für sagen wir 100 € einkauft und dann den Angehörigen dafür 300 € berechnet. Das sei doch wohl Betrug.

Mich erinnert das immer an diese Geschichte hier:

]
Jutta: Was macht eigentlich Dein neuer Freund so beruflich?
Betty: Ach der, der verkauft Jeans bei Ebay.
Jutta: Toll! Verdient er damit viel?
Betty: Ja, er kauft sie in großen Mengen günstig ein und verkauft sie dann einzeln teurer weiter.
Jutta: Mein Gott, das ist ja Betrug!
]

Werbung

Weshalb Bestatter einen durchaus hohen Aufschlag weiterberechnen, habe ich in ganz vielen Artikeln hier im Bestatterweblog schon erklärt. Ob das heute immer noch zeitgemäß und sinnvoll ist, lasse ich mal dahingestellt. Zumindest über die Höhe des Aufschlags könnte man nämlich herzerfrischend diskutieren.

Woher ein Bestatter seine Särge bezieht, ist höchst unterschiedlich. Er kann sie beispielsweise direkt von der Sargfabrik beziehen. Oder er kauft sie bei einem Pietätwarenhändler, der Bestatter mit allen möglichen Waren und Utensilien beliefert.
Auch Sarggroßhändler gibt es, die Särge verschiedener Hersteller just in time liefern. Und viele Bestatter beziehen Särge auch aus dem mittel- und osteuropäischen Ausland, weil sie dort noch günstiger sind.
Es kann aber auch sein, dass das Krematorium oder ein Überführungsdienst den Sarg gleich mitbringt. Das kommt vor allem dann vor, wenn es sich sowieso nur um den sogenannten „einfachen Verbrennungssarg“ handelt. Der ist fast überall gleich.

Den Kunden muss das nicht unbedingt interessieren. Er bestellt z.B. den günstigen Einäscherungssarg und bekommt diesen auch. Woher der stammt, ist letztlich nicht sein Bier.

Doch manchmal kann die Sache aus etwas anders aussehen. So schreibt mir ein Leser heute:

(Die Tante war gestorben.) Wir sind in ein Bestattungsinstitut gegangen. Mit der Beratung durch die Inhaberin waren wir sehr zufrieden und auch die Rechnung lag im normalen Bereich. Nach Vergleichen mit einem anderen Angebot sogar ein wenig preisgünstiger.
Nun wurde vor kurzem aufgrund einer anonymen Anzeige Anklage gegen dieses Geschäftsführerein erhoben. Es besteht der Verdacht, dass Sie Särge doppelt abgerechnet haben soll.
Der Inhaber des Krematoriums hat als Zeuge ausgesagt, dass in seiner Einäscherungspauschale bereits ein Einäscherungssarg zum Preis von 75,00 Euro enthalten ist.
Auf der Rechnung vom Krematorium stand kein Sarg drauf. Nur die Einäscherungspauschale in Höhe von 265,00 Euro.
Auf der Rechnung vom Bestattungsinstitut habe ich eine Position über einen Einäscherungssarg in Höhe von 485,00 Euro.
Den hatten wir ausgesucht. Es handelte sich dabei um ein einfachen Einäscherungssargt.
Nun hätte ich aber doch eigentlich nur die 75,00 Euro bezahlen müssen und ich müsste die 485,00 Euro vom Bestattungsunternehmen erstattet bekommen, oder?
Können Sie mir einen Rat geben, wir ich an diese Rückerstattung kommen kann. Allerdings kommt es mir schon etwas seltsam vor, dass ein Sarg nur 75,00 Euro kosten soll. Ich habe ein paar Sargpreise im Internet verglichen aber so günstig habe ich eigentlich keinen gefunden. Die preiswertesten lagen so um 200,00 Euro. Ich verstehe auch nicht, warum auf der Rechnung vom Krematorium der Sarg nicht aufgeführt wird, wenn ich iihn im Prinzip dort gekauft habe.
Dennoch möchte ich natürlich das Geld zurück haben, welches ich zuviel bezahlt habe.

Beginnen wir bei der Sektion dieses Falls mit der einfachsten Fragestellung. Wie kann es sein, dass der Sarg nur 75 € gekostet haben soll?
Nun, das ist der Preis, den man als Bestatter bei einem Krematorium, Überführungsdienst oder auch Sarghändler für einen solchen Sarg bezahlt. Es gibt sie noch günstiger, in Großmengen abgenommen kosten einfachste Särge nur um die 25-39 €.

Aber hat die Bestatterin unredlich gehandelt?
Nun, das hängt von der Gesamtbetrachtung ab.

  1. Betrachtung (die Bestatterin):

    Die Bestatterin verkauft einen Sarg für 485,- €. Sie sieht es so, daß der Sarglieferant in diesem Fall das Krematorium ist. Die Spanne zwischen 75,- € und 485,- € betrachtet sie als ihren Gewinn.
    Da der Sarg nicht auf der Krematoriumsrechnung explizit aufgeführt ist, reicht sie diese als reine Einäscherungskosten an die Angehörigen weiter.
    Für sie ist damit alles korrekt gelaufen.

  2. Betrachtung (Außensicht):

    Die Bestatterin bezieht den Sarg für 75,- € vom Krematorium. Diese 75,- € stecken in der Krematoriumsrechnung von 265,- € bereits drin.
    Diese Rechnung leitet sie an die Angehörigen zur Bezahlung an sie weiter. Gleichzeitig berechnet sie aber noch einmal den vereinbarten Preis von 485,- €.
    Sie hat also den Sarg zweimal abgerechnet, einmal in der Gesamtrechnung des Krematoriums und einmal auf ihrer Bestatterrechnung.

  3. Betrachtung (richtige Vorgehensweise):

    Es gibt drei Möglichkeiten, hier korrekt vorzugehen.

    • a) die Bestatterin stellt sich auf den Standpunkt, die Krematoriumsdienstleistung als Einkauf zu betrachten. Sie kauft diese Dienstleistung inkl. Sarglieferung vom Krematorium zu. Es steht ihr dann frei, welchen Preis sie für Einäscherung und Sarg verlangt. Allerdings darf sie dann die Einkaufsrechnung, die ihr vom Krematorium gestellt wird, nicht an die Kunden weiterleiten. (Welcher Jeans-Händler legt seiner Jeans für 109,- € seine Einkaufsrechnung über 29,- € von der Textilfabrik bei?)
    • b) die Bestatterin verzichtet auf einen eigenen Sargverkauf und erklärt, dass der Sarg in den Einäscherungkosten enthalten ist. Sie reicht die Rechnung des Krematoriums 1:1 weiter.
    • c) die Bestatterin erhält vom Krematorium zwei Rechnungen. Eine über den Sarg für 75,- € und eine über die Einäscherungskosten. Sie betrachtet die Rechnung über 75,- € als Einkaufsrechnung, schlägt ihre Marge auf und verkauft den Sarg für 485,- € an die Angehörigen weiter. Die reinen Einäscherungskosten reicht sie wiederum 1:1 an die Hinterbliebenen durch.

Die Betrachtungsweise 1 nehmen ganz viele Bestatter als Standpunkt an. Das ist höchst gefährlich. Es droht tatsächlich eine Anzeige wegen Betrugs.
Wie man in Betrachtung 2 sieht, verkaufen sie wahrscheinlich völlig unbedarft den Sarg doppelt. Sie sehen nur die für sie günstige Einkaufsmöglichkeit und übersehen die tatsächlich erfolgende doppelte Abrechnung.

Es sit deshalb für die Bestatter ganz wichtig, kristallklar zu trennen, was Sargeinkauf und was der Bezug von Einäscherungsdienstleistungen ist. Sie dürfen nicht eine Gesamtrechnung, die Sarg und Einäscherung enthält, als reine Krematoriumskosten berechnen und dann nochmals den Sarg berechnen.

Wie das im Einzelnen nun beim anfragenden Leser gehandhabt wurde, kann ich seinen Zeilen nicht zu 100% entnehmen. Ich befürchte aber, dass es ganz ungünstig gelaufen ist.
Der Betroffene sollte den Fall genau verfolgen und sich ggf. anwaltlicher Hilfe versichern. Es wäre zu überprüfen, ob es sinnvoll ist, selbst Anzeige zu erstatten oder Klage zu erheben.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#Bestatter #bestatterin #Sarg

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)