Frag doch den Undertaker

Särge bei Walmart

WalMart verkauft Särge! Da ist die Aufregung groß und das Rauschen im Blätterwald passt zur herbstlichen Stimmung draußen. Auch der mit seiner Meinung allgegenwärtige Bestatterverband meldet sich nun in dieser Sache zur Wort, stets ein Zeichen dafür, daß man solche Dinge wichtig nimmt.

Der amerikanische Supermarktkonzern WalMart, der vor einigen Jahren mit der überraschenden Übernahme der Wertkauf-Kette hier in Deutschland von sich Reden machte, den Schritt nach Europa aber schnell wieder bereute und seine Märkte hierzulande an real,- abstieß, ist dafür bekannt, immer mal wieder was Neues auszuprobieren. Die Gigantomanie amerikanischer Einkaufszentren und Großmärkte kann man sich hier nur schwer vorstellen und wer schon mal die Parkplätze von der halben Größe des Frankfurter Flughafens, mit eigener Bimmelbahn zum Eingang, vor einer amerikanischen Walmart-Filiale gesehen hat, der glaubt schnell, daß man da schlichtweg alles kaufen kann. Autos, Fertighäuser, Segelyachten, alles das hat Walmart schon verkauft und jetzt sind es eben mal Särge. Who cares?

Der eventuell bestehende Wunsch, sich so einen Supermarktsarg zuzulegen, wird in den meisten Fällen an der Frage der dauerhaften Lagerung des guten Stücks scheitern, denn auch in Amerika leben nicht alle Menschen auf der Southfork-Ranch. Und die die da wohnen, die brauchen keinen Sarg aus dem Walmart.

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In den Vereinigten Staaten sind Särge ungleich teurer als bei uns, es handelt sich nahezu durchweg um Metallsärge mit Klappdeckel und Preise bis hin zu 20.000 Dollar allein für den Sarg sind keine Seltenheit. 2.000 bis 4.000 Dollar sind Durchschnitt und Billigbestattungen führt man mit einem geliehenen Sarg und anschließender Einäscherung im praktischen Pappkarton durch.

Daß Supermärkte Särge verkaufen, bedeutet also letztlich weder den Untergang des Abendlandes, noch der neuen Welt.

Deutsche Bestatter haben doch schon lange mit einer ähnlichen Situation zu kämpfen, nur heißt das Phänomen bei uns eben Billigbestattung oder Internetbestattung. Ganze 499 Euro soll eine solche Onlinebestattung kosten und auch da haben wir es mit extrem günstigen Särgen zu tun. Die Masse macht’s.

Halten wir uns doch noch einmal vor Augen, daß über Generationen der Preis für eine Bestattung über den Sargverkauf abgerechnet wurde. Manchmal findet man im Nachlass uralte Bestattungsrechnungen, die ungefähr so aussehen:

Sarg, Eiche, sechs Griffe mit Ausstattung 899 DM
Papiere, Träger, Glockengeld 45 DM

Sämtliche Leistungen des Bestatters steckten nahezu komplett im Sargpreis; mit eine Erklärung dafür, warum Särge so teuer sind/waren.
Heutzutage schlüsseln Bestatter ihre verschiedenen Dienstleistungen einzeln auf, das ist für den Kunden natürlich viel transparenter. Im Sargpreis sind aber auch heute noch oft weitere Kosten des Bestatters enthalten, wie die Dauerbereitschaft, Betriebskosten, Lagerkosten usw.
Würden sich nun alle Leute ihre Särge direkt ab Fabrik kaufen, was normalerweise nicht geht, würden sie natürlich beim Sarg ordentlich was sparen. Aber die Kosten des Bestatters müssten ja trotzdem bezahlt werden. Ihm würde zwar der Gewinn aus dem reinen Sargverkauf entgehen, aber der ist gar nicht so gewaltig, wie man sich das vorstellt. Denn die Spanne zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis beinhaltet ja eben nicht nur den Gewinn für den Sargverkauf, sondern auch -wie wir wissen- etliche andere Kosten. Und genau die würde er dann regelmäßig in Rechnung stellen, wenn die Kunden ihren Sarg mitbrächten.

Unterm Strich würde das Geschäft der Bestatter also nicht dramatisch leiden, sie würden nur anders abrechnen müssen. Kein Grund also, jetzt verschreckt die Federn aufzuplustern, nur weil in den Staaten ein für solche Überraschungen bekannter Supermarktkonzern Särge verkauft.
Letztlich ist das alles nichts Neues und nichts Aufregendes, die Amis haben Area 51, wir haben Bielefeld, die haben die Walmart-Särge und wir haben die 499 Euro-Internetbestattung.

Ganz vergessen darf man aber auch einen Gedanken nicht: Ich kann mir gut vorstellen, daß sehr viele Bestatter bei Kunden, die mit dem eigenen Sarg antanzen, einfach sagen: „Machen wir nicht. Punkt.“
Vielleicht belässt man es einfach bei einer grundsätzlichen Ablehnung, vielleicht lässt man sich gemeinsam mit den Friedhofsverwaltungen auch irgendwelche Gründe dafür einfallen.
Aber zumindest am Anfang würde so mancher, der ein vermeintliches Sargschnäppchen gemacht zu haben glaubt, dann auf einmal auf Schwierigkeiten stoßen.
Und wenn das oft genug vorgekommen ist und die Leute den Eindruck gewinnen, daß man mit einem selbstgekauften Billigsarg nicht weit kommt, sehen vielleicht manche davon ab, sich so etwas zu kaufen und nehmen es lieber so wie es immer war.
Auf der anderen Seite könnte es natürlich durchaus so sein, daß die Bestatter im Laufe der Zeit auf diese Konkurrenzangebote reagieren und sich selbst so günstige Särge in ihre Ausstellungsräume stellen.
Eines ist gewiss: Weder Walmart in Amerika, noch ALDI oder LIDL in Deutschland können mal so eben nebenbei auch noch Bestattungen anbieten. Die müssen die Leute sowieso noch irgendwo in Auftrag geben und das wird dann -wegen des fehlenden Gewinns aus dem Sargverkauf- eine teure Angelegenheit, und es bleibt abzuwarten, ob das dann am Ende nicht teurer kommt, als hätte man gleich alles beim Bestatter gekauft.

Ein weiterer Aspekt: Ich besuche sehr viele Bestatterkollegen und sehe immer wieder, daß man nahezu überall in Deutschland sehr günstige Särge bekommen kann. 299 Euro war das Günstigste und 399 Euro sehe ich auch sehr oft. Und da geht noch was beim Preis! Vermutlich sind die Bestatter also durchaus in der Lage, nach dem Herausrechnen und Separatberechnen der im Sargpreis enthaltenen Leistungen, noch günstiger anzubieten. Alles in allem wird sich unterm Strich am Preis einer Bestattung wahrscheinlich gar nichts ändern, es würden die Kosten nur anders verteilt aufgeschlüsselt.

Außerdem ist es ja so, daß man nicht jeden Sarg für jeden Zweck nehmen kann und ich sehe schon jetzt die langen Gesichter der Leute, die sich irgendein schickes Modell ausgesucht haben und dann erfahren, daß man das Ding auf diesem Friedhof gar nicht bestatten darf…
Letztlich ist eine Bestattung eine sehr beratungsintensive Dienstleistung und wer diese Beratung ausschlägt, der läuft Gefahr, die typischen Fehler des Laien zu machen.

Und eins wollen wir nicht vergessen: Immer wieder regt sich jeder, allen voran die Schreiber div. Test- und Ökozeitschriften, aber auch das schlechte grüne Gewissen der Bevölkerung, darüber auf, daß hastig zusammengezimmerte Billigsärge aus Osteuropa den hiesigen Markt überschwemmen. Gäbe es hier Särge beim Discounter, dann kämen die aber vermutlich genau da her.


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 2. November 2009 | Revision: 7. September 2012

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