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Sargtischler melden Boom

Die Sargtischler vermelden einen regelrechten Boom. Weil die Preise für industriell gefertigte Särge so stark gestiegen seien, könnten sie sich vor lauter Aufträgen nicht mehr retten, vermelden Welt und BILD.

Beim Sargtischler habe man die Möglichkeit, Material, Farben und Oberflächen selbst auszusuchen und den Sarg individuell fertigen zu lassen, dabei sei der Sarg dann ungefähr nur halb so teuer…

Schöne Illusion!

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Gemeint sind hier klassische Schreinereien, die Särge fertigen können und auch Bestattungen anbieten. Diese gibt es aber immer weniger, da sich das Bestattergewerbe seit Jahrzehnten vom Schreinerhandwerk entfernt und es immer mehr Bestattungsunternehmen gibt, die keinerlei handwerklichen Hintergrund mehr haben.

Würden wir unsere Särge selbst machen, könnten wir natürlich die Gewinnspanne der Sargfabrik, des Großhändlers und die Provision des Sargvertreters, sowie die Transportkosten einsparen. Da ist es dann leicht, einen Sarg, der jetzt vielleicht im Einkauf 300 Euro kostet, für 200 oder gar 150 Euro herzustellen.
Unberücksichtigt bleibt dabei, daß eine Sargtischlerei mit allen damit verbundenen Personal- und Betriebskosten erst einmal vorhanden sein muß.

Abgesehen von den allgemeinen, teils durch die Energiekosten bedingten, Preissteigerungen ist es mir auch noch nicht aufgefallen, daß ausgerechnet Särge überproportional im Preis gestiegen sind. Rein gefühlt ist eher das Gegenteil der Fall, immer mehr Angebote mit ausgesprochenen Billigangeboten landen auf meinem Tisch.

Als Bestatter nun einen fremden Sargtischler zu beauftragen, das ist auch so eine Sache.
Wir hatten das vor Jahresfrist mal, da kam ein Kunde und bat uns, den Sarg nicht aus unserem Sortiment zu nehmen, sondern bei einem Bekannten zu beziehen, der in seiner Schreinerei auch Särge tischlert/schreinert.
Das Theater werden wir lange nicht vergessen und wir haben uns damals den Angstschweiß erst dann von der Stirn putzen können, als am Beerdigungstag, sozusagen auf den letzten Drücker, der individuell getischlerte Sarg dann endlich angeliefert wurde. Der war aber, nach meinem Dafürhalten weder schön, noch besonders gut verarbeitet und vor allem: er war dann doch bedeutend teurer als ein vergleichbarer Industriesarg.

Und überhaupt: Wo kommt auf einmal diese Aversion gegen Industriesärge her? Gibt es überhaupt solche?
Wer schon einmal eine Sargfabrik besichtigt hat und auch schon einmal gesehen hat, wie ein einzelner Sargschreiner arbeitet, der wird sehr schnell erkennen, daß es die gleichen Methoden und Schritte sind. Handarbeit hier wie da. Lediglich dort wo die größeren Stückzahlen eine Optimierung der Arbeitsabläufe ermöglichen, wird das in der Sargindustrie auch getan. Ansonsten kochen die alle nur mit Wasser, wie man so schön sagt.

Jedenfalls gibt es die einfachsten Verbrennungssärge immer noch deutlich unter hundert Euro und das muß ein Sargtischler erst mal schaffen.

Nachtrag
Und noch ein Gedanke kommt mir:

Ist es dann so, daß es sich hier in erster Linie um Bestattungsunternehmen mit angegliederter Schreinerei handelt, geben diese dann nun die Särge tatsächlich um die Hälfte oder zwei Drittel günstiger ab? Ich wage das mal zu bezweifeln.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#boom #melden #sargtischler

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(©si)