Allgemein

Schranke II

Wir fahren ab März alle über den Betriebshof auf den Friedhof. Auf der anderen Seite hat der Friedhof nämlich eine Zufahrt, die durch ein Tor gesichert ist. Die Friedhofssatzung sieht ausdrücklich vor, daß nur über die Zufahrt am Haupteingang und über den Betriebshof eingefahren werden darf. Ja und am Betriebshof muß immer einer der Bedienstete herauskommen, das Tor aufschließen und die zwei Torflügel aufklappen. Dorthin müssen künftig sowieso alle ortsfremden Bestatter und Zulieferer, die keinen Transponder bekommen haben.

Die Steinmetze sind sowieso viel besser organisiert, als die Bestatter und seit drei Jahren ziehen auch die Gärtner meistens an einem Strang. Auch der katholische Stadtdekan hat zugesichert, daß seine Pfarrer solidarisch sind und so kommen wir auf rund 60 Fahrten am Tag, für die dann jemand das Tor am Betriebshof öffnen muß. Und alle Autos müssen am pavillionartigen Anbau vorbei, in dem der Friedhofschef sein aus Steuermitteln begrüntes Büro hat.

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Worum geht es beim Protest?
Nun, daß allenthalben gespart werden muß, ist doch verständlich und daß ein Schrankenwärter durch eine Automatik ersetzt wird, ist auch nichts Ungewöhnliches. Daß man aber einen älteren Mitarbeiter wegrationalisiert, indem man alle Beteiligten -bis auf den betroffenen Mitarbeiter- davon unterrichtet, das ist an sich schon ein starkes Stück. Noch stärker finde ich allerdings die Aussage des Friedhofchefs, man müsse ja nicht jede „soziale Schwachheit“ jahrelang mitschleppen.

„Sie werden sehen, in den nächsten Jahren wird sich hier noch viel tun und die Karawane zieht eben weiter. Schwache Kamele werden ja auch ausgesondert, damit sie den ganzen Zug nicht behindern.“

Und das aus dem Munde des Mannes, der einerseits Chef der städtischen Friedhofsverwaltung ist, andererseits der Leiter des privatwirtschaftlichen Bestattungsinstitutes des Kommune ist und zufälligerweise der Ehemann der Geschäftsführerin des ehemals städtischen und jetzt privatwirtschaftlichen Krematoriums.

Was uns Bestatter aber auch noch auf die Palme treibt ist folgender Umstand:

Kein Bestatter ist verpflichtet, einen eigenen Kühlraum zu betreiben. Es gibt in vielen Städten Bestattungsunternehmen, die ihre Verstorbenen nach dem Einbetten direkt zum Friedhof in die dortigen Aufbewahrungsräume bringen. Hier bei uns in der Stadt gibt es dafür extra einen Raum am Hauptfriedhof, in den man vor allem nachts die Särge anliefern kann.

Für das Tor an der Schranke und diesen Raum konnte man bisher, außerhalb von Georgs Dienstzeiten, die Schlüssel beim Tag und Nacht besetzten Bestattungsinstitut der Kommune abholen.

Man sollte meinen, daß jetzt mit der geplanten Einführung der automatischen Schranke das alles einfacher wird. Aber Fehlanzeige! Jetzt kann nur noch zwischen 7 Uhr morgens und 20 Uhr abends angeliefert werden, außerhalb dieser Zeit ist die Schranke gesperrt. Viele kleinere Bestatter aus dem Umland sind dadurch gezwungen, entweder eine Kühlung anzuschaffen, die Toten über Nacht im Auto zu lassen oder auf einem Dorffriedhof, zu dem sie Zugang haben, zwischenzulagern.

Nochmals, damit es klar wird: Jetzt macht Georg tagsüber die Schranke auf und zu, tagsüber ist auch die Annahme von Särgen personell abgedeckt. Kommt man derzeit nachts mit einem Sarg, holt man sich den Schlüssel für Tor und Leichenkammer und kann anliefern.

Ab März haben berechtigte Fahrzeuge einen Transponder, sodaß man tagsüber Georg nicht mehr braucht. Nachts bleiben Tor und Schranke, sowie Leichenzelle aber verschlossen.

Ich kann das alles gar nicht nachvollziehen.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#schranke

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(©si)