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Frag den Bestatter

Schreckliche Zustände bei Leichenbergung – Von nix kommt nix!

orgel

In einem Artikel in der Abendzeitung wird geschildert, daß Bestatter, die im Auftrag der Polizei Unfall- und Verbrechensopfer sowie Suizidopfer bergen, und dafür nur 25-50 € erhalten, oft nicht sorgsam genug vorgehen. Es blieben Leichenreste zurück, die dann später bei Hinterbliebenen oder Schauplatzbesuchern Schaudern verursachen. Das Kriseninterventionsteam und Pfarrer kritisieren die Zustände, den Zeitdruck der Bestatter und sorgen sich um Abhilfe.

Den Link zu dem entsprechenden Artikel gibt es in der nachfolgenden Zuschrift:

Ich lese Deinen Blog seit etwa einem Jahr mit zunehmendem Interesse. Ich bin voll des Lobes und absolut begeistert wie scheinbar selbstverständlich es Dir gelingt „E“ und „U“ zu miteinander zu verbinden. Bei vielen anderen Seiten muss ja der vermeintliche Informationsgehalt v.a. als Feigenblatt für Sensationslust herhalten und das ist bei Dir deutlich anders. Man fühlt sich durch das Thema „Tod“ unterhalten ohne Voyeur zu sein und das ist eine große Leistung. Der Begriff „Authentizität“ beschreibt es wohl am besten. Heute hab ich endlich mal meinen Hintern hoch bekommen und Dir was in die Kaffeetasse geworfen…
Vor kurzem ist in der Münchener Abendzeitung der unten verlinkte Artikel erschienen der in meinem Bekanntenkreis für einigen Gesprächsstoff gesorgt hat. Das hat auch damit zu tun, dass zwei meiner Kollegen die Geschichte mit den Krähen im Bahngleis wohl auch gesehen haben und bestätigen können.
Vielleicht magst Du den Link ja veröffentlichen und/oder Deine Einschätzung dazu hier posten:

abendzeitung.bestatter-in-der-kritik

Entsprechen die geschilderten Umstände wirklich der Realität oder fällt der Artikel eher in die Kategorie „Sommerloch“ Ehrlich gesagt erscheinen mir persönlich sowohl die Aussage des Notfallseelsorgers, als auch die des Bestatters etwas überzogen. Stimmen die angegebenen Beträge wirklich? Bitte sag mir nicht, das man als Besttater für das Einsammeln einer Bahnleiche pauschal nur 50€ bekommt. Da zahlt man ja bei jedem Handwerker allein für die Anfahrt mehr…
Wie genau ist den die Aufgabenteilung zwischen Bestatter und Rettungskräften eigentlich geregelt? Ist der Bestatter wirklich für die Bergung verantwortlich oder nur für den Abtransport? Wo hört die Arbeit des Bestatters auf bzw. wo fängt die des Tatortreinigers an? Und – auch wenn es makaber klingt – bis zu welcher Größe bzw. Konsistenz werden die Überreste des Verstorbenen noch als Leichenteile betrachtet und vom Bestatter mitgenommen?
Es würde mich sehr freuen, wenn Du mir diese Fragen auf die ein oder andere Weise beantworten könntest.
Ansonsten danke für diese tolle Seite und weiter so

Beste Grüße
Martin

Nun, der Artikel gibt für all das eine Erklärung:

Abendzeitung: Die Bergungen werden im Auftrag der Polizei durchgeführt. In München macht das beispielsweise die Trauerhilfe Denk. Im Schnitt wird das Unternehmen vier bis fünf Mal am Tag zu solchen Einsätzen gerufen. „Es gibt eine öffentliche Ausschreibung“, erklärt ein Sprecher des Polizeipräsidiums – der wirtschaftlichste, sprich günstigste Anbieter erhält den Zuschlag. Die Verträge laufen drei Jahre.

Die Aufträge werden ausgeschrieben, so bestimmt letztlich der Wettbewerb und somit die Wettbewerbsteilnehmer, sprich die Bestatter, für welchen Preis sie bereit sind, die Leistung zu erbringen.
Regelmäßig die Nase vorn haben bei solchen Ausschreibungen die größeren Bestattungsunternehmen und solche, die zu den Bestattungsketten gehören.
Sie können es sich leisten, auch an sich unwirtschaftliche Aufträge seitens der Polizei zu übernehmen, und hoffen dann, im Nachgang auch den lukrativen Bestattungsauftrag zu erhalten. Das ist aber nicht immer der Fall und so kommt es unterm Strich auch zu einer gewissen Anzahl von Aufträgen, die sich nicht lohnen.
Entsprechend gehetzt und mit entsprechend wenig Sorgfalt scheint man dann manchmal auch vorzugehen.

Allerdings muß man zur Ehrenrettung aller Bestatter, die diese höchst unangenehme Arbeit übernehmen, auch noch sagen, daß das wirklich eine sehr schwierige Arbeit ist.
Eine Bahnleiche ist eben kein Verstorbener, der am Stück aus einem Bett in einen Sarg gehoben wird, sondern schlicht und ergreifend ein von Stahl zermalmter Körper, der über hunderte von Metern über Schotter, Schwellen, Schienen und Weichen, sowie am Fahrzeug selbst verteilt ist.
Bei Nacht und schlechtem Wetter kommt es regelmäßig vor, daß hier kleinste Teile zunächst übersehen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Bestatter, die Feuerwehr, Bahnmitarbeiter oder die Polizei für die Bergung verantwortlich waren.
Notwendig wäre hier eine sorgfältige Nachsuche, die aber durch die Wiederaufnahme des Bahnbetriebes oft unmöglich wird.

Um eine Leichenbergung unter so widrigen Umständen ordnungsgemäß durchzuführen, müßte man mindestens ein bis zwei Stunden Arbeit von wenigstens zwei Mann oder mehr kalkulieren und inklusive dem durchaus berechtigten Erschwerniszuschlag käme man locker auf das Zehnfache des tatsächlichen gezahlten Betrages, also auf 250-500 Euro, wollte man das anständig bezahlen.

Jede Mühe verdient ihren Lohn!

Wer nix bezahlt, bekommt auch nix.

Konkret zu Deinen Fragen:
Ja, solche Niedrigtarife sind durchaus üblich, wenn auch nicht überall.
Wer was macht, ist nicht einheitlich geregelt. Mancherorts wird alles, also auch die Bergung, dem Bestatter überlassen, anderenorts ist hier beispielsweise die Feuerwehr ebenfalls involviert.
Letztlich würde ich sagen, daß alles was erkennbar zum Körper eines Menschen gehört, Teile der Leiche sind. Blutreste, Körperflüssigkeiten, Anhaftungen und Fetzen hingegen fallen eher in den Bereich der Tatortreinigung.
Allerdings gehört es zu den Ammenmärchen der Zeit, daß es überall Tatortreiniger gibt. Oft genug ist das einfach nur der Hausmeister oder ein anderer Bediensteter im schlechtesten Fall mit einem Eimer Wasser und im besten Fall mit Reinigungsmitteln und einem Hochdruckreiniger.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 7. Januar 2015 | Peter Wilhelm 7. Januar 2015

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11 Kommentare
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Petrus
9 Jahre zuvor

Die im Artikel erwähnte Trauerhilfe Denk gibt es übrigens nur noch dem Namen nach. Da Carl Denk in der Familie keinen Nachfolger fand, verkaufte er an den Bestattungskonzern Ahorn AG. Diverse Kritik an der Ahorn AG kann man im Internet (Wikipedia) nachlesen.

Petrus
9 Jahre zuvor

… und der im Artikel erwähnte Notfallseelsorger ist der Gründer und Leiter des Münchner Kriseninterventionsteams. Ein Profi. Wenn der was sagt, dann stimmt das auch.

Sorcha
Reply to  Petrus
9 Jahre zuvor

Ich hoffe doch das war ironisch gemeint

Josef
9 Jahre zuvor

Die Kollegen die ich aus meiner Gegend kenne, unterbieten sich so im Preis als ob es kein Morgen mehr gibt! Es sind die Kollegen bei denen es im Normalbetrieb nicht so toll läuft, und die auf den Auftrag nach der Bergung hoffen, wenn sie ihn nicht mit Druck auf die Kunden regelrecht einfordern! Ich habe es zufällig erlebt, ein alter Mann wurde tot aufgefunden, erst die Streife dann Kripo, als alle Einsatzkräfte weg waren, holte der Kollege den Koffer mit den Unterlagen aus dem Auto und ging nochmal zu den Leuten. War direkt bei mir gegenüber wo ich wohne, und er hat den Auftrag auch bekommen, wie ich später auf dem Friedhof sah! Bei diesem Kollegen war zu beobachten, das immer wenn er die Ausschreibung gewonnen hatte, seine Auftragszahlen in die Höhe schnellten!! Ich war früher fast jeden Tag auf dem Friedhof, so bekam ich das immer mit.
Liebe Grüße!

cof
9 Jahre zuvor

In unserer Tageszeitung beschwert sich heute eine Frau in einem Leserbrief über folgendes: Ihr Mann sei nach dem Mittagsschlaf nicht mehr wach geworden. Der Hausarzt war nicht erreichbar, und so kam der Notarzt. Dem kam die Sache auch nicht geheuer vor, und so kam die Kripo. Die habe den Mann nackt ausgezogen und dann habe der von der Polizei verständigte Bestatter den Mann nackt mitgenommen. Darin sieht die Frau nun einen Verstoss gegen §1 GG. (Die Würde des Menschen ist unantastbar) Normal? Zeitdruck? Oder der Zwang, keine Spuren zu verwischen ?
Schon am nächsten Morgen sei der Leichnam frei gegeben worden, ohne Obduktion.

Chris
Reply to  cof
9 Jahre zuvor

Poblem: Sobald ein Mensch tot ist, hat er keine (Grund)Rechte mehr!

Da gibt es nur noch „Störung der Totenruhe“.

Zum Fall München – jaja-Eichenlaub mal wieder…

Dave B
9 Jahre zuvor

Na gut von Bahntoten kann ich jetzt nicht berichten, aber in der Familie gibts wen mit Abschleppunternehmen, da durfte dann bei schwersten Unfällen der Abschlepper mitbergen.

Inklusive knirschende Zähne unter den Arbeitschuhen und auch mal ein vergessener Kopf der noch in einer Plasikttüte „versteckt“ am Unfallort rumlag als der Rest schon wieder weggefahren war.

Chief Inspector Bliss
9 Jahre zuvor

@ cof: Die Leichenschau, egal ob vom Haus-/Notdienst-/Notarzt vom Rettungsdienst der Feuerwehr oder auch iVm. der Kripo, hat immer an der vollständig entkleideten Leiche (jur.) bzw. Verstorbenen (best.) stattzufinden. Dieses folgt aus den/m Bestattungsgesetz/en. Das ist auch aus rechtsmedizinischen und kriminalistischen Gründen notwendig, damit sich bei Arzt und Kripo kein verfrühtes Urteil bildet oder Fakten übersehen werden. Der Bestatter sollte für solche Fälle entsprechend ausgerüstet sein: Die Leiche wird in einen Einweg-Leichensack (Bodybag) gelegt, der sich auf einer Bergungstrage oder Transporttrage mit Übersack befindet. Die Leiche auf der Bergungstrage wird dann in den Transportsarg gelegt und im Bestattungswagen abtransportiert bzw. die Transporttrage mit der Leiche im Bodybag im Übersack. Der gute Bestatter hat zusätzlich noch ein flüssigkeitsabsorbierenden Transporttuch dabei. Je nach Zustand der Leiche und deren körperlichen Gestalt wird die Leiche vorher vollständig in dieses Transporttuch gehüllt. Bedingt durch das vorläufige Ermittlungsergebnis der Kripo vor Ort (z.B. 99-jährige schlanke und bekannt schwerkranke Dame, friedlich entschlafen, Freigabe zur Bestattung am nächsten Tag Formsache) kann man evtl. dann auch auf das Bodybag verzichten und benutzt nur das… Weiterlesen »

melonja
9 Jahre zuvor

Bei uns im Kreis hat die Polizei so eine Art Liste, da ist wohl festgelegt, wann welcher Bestatter bei polizeilichen Sachen zum Einsatz kommt. Damit will man vermeiden, dass irgendein Unternehmen bevorzugt wird
Wer mehr über das wissen will was mit dem passiert, was die Bestatter nicht mitnehmen können, sollte eventuell mal die Bücher von Peter Anders lesen – der arbeitet in München als Tatortreiniger

Veit
9 Jahre zuvor

Damals in Eschede haben sie das Gleisbett ausgebaggert, damit sich Bild und Co nicht über potentielle „Restefunde“ echauffieren können.

9 Jahre zuvor

„Heute hab ich endlich mal meinen Hintern hoch bekommen und Dir was in die Kaffeetasse geworfen…“

Iiiih!!! =:-O




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