Tom, bei uns in B. fährt ein neues Bestattungsinstut Schreiner herum. Geiler Leichenkarren, ganz neu. Kennst die Firma?
Bei Euch in B. gibt es kein Bestattungsinstitut Schreiner. Es ist das Beerdigungsinstitut der vereinigten Schreiner.
Bestattungsinstitute haben unterschiedliche Wurzeln. Die einen sind aus Leichenfuhrunternehmen, den sogenannten Haudereien, hervorgegangen, andere aus Schreinereien. Ein weiterer Teil hat sich aus Begräbnisvereinen entwickelt. Erst in neuerer Zeit werden Bestattungsinstitute von reinen Kaufleuten gegründet und betrieben.
In diesem Fall haben wir es mit einem Unternehmen zu tun, das von mehreren Schreinereien betrieben wird. In früherer Zeit haben die Schreiner auch die Särge gemacht, die wenigen Formalitäten erledigte man selbst und die Versorgung der Leichen übernahm die Totenfrau oder der Totengräber. Als daraus ein eigenes Gewerbe wurde, also Transport, Sarglieferung und Totenversorgung, sowie die Besorgung der Formalitäten von eigens damit befassten Unternehmen übernommen wurde, haben in vielen Gegenden entweder Schreinereien so ein Unternehmen gegründet oder aber es haben sich mehrere Schreiner zusammengeschlossen, um gemeinsam den Bestattungswagen, den Fahrdienst und das Beratungsbüro zu betreiben.
In aller Regel ist man, nach meiner persönlichen Erfahrung, bei einem inhabergeführten Bestattungshaus gut aufgehoben, vor allem wenn es auf eine gewisse Tradition oder Traditionsverbundenheit verweisen kann. Das bedeutet nicht, daß neu gegründete Bestattungsunternehmen, die keine uralten Wurzeln haben, schlechter sein müssen, vor allem wenn dort Familien und Familienangehörige arbeiten, bringt das meiner Meinung nach eine ganz andere Perspektive in die Arbeit als bei Unternehmen, die nur auf den schnellen Euro schielen und nicht in Generationen, sondern nur bis zur nächsten Versammlung der renditegeilen Geldgeber denken.
Ich sehe das immer wieder: Kleinere Unternehmen, selbst wenn sie mehrere Filialen haben, schauen darauf, daß sie ihre Arbeit gut machen, weil sie auf Mundpropaganda und Empfehlungen setzen und sich ihren Ruf bewahren wollen. Der soll auch möglichst noch gut sein, wenn eines Tages die Kinder den Betrieb übernehmen oder wenn der Inhaber ihn an einen Jüngeren verkaufen will. Konzerne schielen auf die Masse, auf die große Zahl, auf Mengen von Verträgen und Kooperationen und brüsten sich damit die Größten zu sein, können aber selten sagen, die Besten zu sein.
Das ist wie mit Pesto. Grüne Pestopampe bekommt man auch in den Supermärkten, die sich brüsten, die Größten zu sein, aber da ist nichts drin, was irgendwas mit Pesto zu tun hat.
Ein kleines, aber feines Lebensmittelgeschäft bietet aber für knappe 50 Cent mehr ein gutes, selbstgemachtes Pesto an.
Daß allein Größe und Marktmacht nichts zu sagen haben, sieht man doch an allen Massenphänomenen. Man kennt doch den Spruch: „Leute freßt Scheiße, 80 Milliarden Fliegen können sich nicht irren!“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
Ohman, der Spruch ist genial. Muss ich mir merken. 🙂
Es ist bei mir in der Heimatstadt und umgebung so, dass die meisten Bestattungsunternehmer gleichzeitig auch Schreiner sind, oder zumindest ein Familienmitglied die Schreinerei führt und ein anderes das Bestattungsunternehmen.
Für den Bestatter hat es den Vorteil, dass er die Särge günstig bekommen kann, und die Kunden können darauf vertrauen das es sich um Handgefertigte Särge handelt.
Also zumindest in der etwas ländlicherern und kleinstädtischen Umgebung scheint es mir eher üblich zu sein, dass die Schreiner auch bestattungsunternehmen führen.
@Ludoergosum: Universalschreinereien gibt es heute nicht mehr. Nur noch theoretisch kann jeder Schreiner z.B. Fenster oder Türen herstellen. In der Praxis reduziert sich das auf spezialisierte Betriebe, die aufgrund der dann größeren Stückzahlen wesentlich kostengünstiger arbeiten können – bei absolut gleicher Qualität. Bei Särgen ist das auch nicht anders.
Daß die Endmontage, und vielleicht noch eine Oberflächenbehandlung, dann beim Schreiner vorgenommen wird, steht auf einem anderen Blatt. Dazu braucht es keine gelernten Schreiner. Die Mitarbeiter von Tom machen das auch.
@ Tom:
Kann es eventuell sein, dass hier auch regionale Unterschiede eine (historische) Rolle spielen? Ich hatte mich vor langer Zeit während meines Studiums mit der Entwicklung von Zünften, Gilden und Sozialverbänden beschäftigt und mir war anhand von Straßennamen und historischen Stadtplänen – eine Fundgrube für alle, die etwas über die Geschichte ihres Wohnorts erfahren möchten – aufgefallen, dass im Süden eher die Schreiner eine Nähe zum Bestattungsgewerbe gesucht haben, im Norden eher die Wagenbauer und Fuhrleute. Genauso gut kann das auch nur ein Zufallsfund gewesen sein, dazu habe ich viel zu wenig Material gehabt. Aber möglich wäre es. Vielleicht weißt Du da etwas?
Also, ich kenne auch hier (Großraum Hannover) einige Tischler (wie man hier sagt), die auch Bestatter sind. Das ist auch hier in der Gegend durchaus üblich.
Ich glaube, daß das weniger von Norden oder Süden bestimmt ist, als vom urbanen Umfeld. Im dörflichen Bereich dürften es eher die Schreiner sein, in den Großstädten eher die Fuhrunternehmer.
Während auf dem Dorf ja weniger Haudereien ansässig waren, sind diese Firmen in der Stadt eher notwendig geworden, weil die Städte rapide wuchsen und die Friedhöfe in die Randbereiche verlegt wurden.
Da wo ich ursprünglich herkomme (5000-Seelen-Dorf im nördlichen Niedersachsen) macht das auch der örtliche Universalschreiner. Das bestattertechnische Angebot ist schmal, jedenfalls verglichen mit dem Feuerwerk, das Tom ggf. abbrennen kann. Als mein Grossvater letztes Jahr starb hatten wir z.B. 4,5 Särge zur Auswahl (Der fünfte war ein Kindersarg) und die „Beratung“ fand im Schreinerbüro statt. (Durch die Werkstatt, zweite Tür links.) Sowas stört da im Dorf aber keinen, denn das war schon immer so, und es sind auch bisher alle gut unter die Erde gekommen.
@6 Tom:
Danke für Deine Antwort 🙂 Da muss ich dann wohl noch mal etwas gründlicher auf die Suche gehen, bevor ich mir irgendwelche Theorien zurechtbastle 😉
Wahrscheinlich müsste man das Alter einer Stadt viel stärker berücksichtigen und die Einwohnerzahl, um zu sehen, wie sich die Siedlung entwickelt hat, ob es schon richtige Zunftquartiere gab, ob die Obrigkeit bereits so etwas wie Stadtplanung betrieb usw. Mir bleiben zwar noch ein paar Jahre bis zum Rentenalter, wenn ich dann Zeit habe, das alles mal aufzuschreiben, aber die Vergangenheit läuft einem ja nicht weg 😉
Hoppla, jetzt hat sich beim Festplattenputzen der Cookie verkrümelt. Der vorstehende Kommentar kam natürlich von mir.