Wir kennen es alle aus dem Fernsehen oder Kino. Der Kampf eines Opfers mit seiner Diabetes-Erkrankung. Das Opfer ist entführt worden und irgendwo eingesperrt. Die Familie und die Polizei sind in großer Sorge, denn das Opfer leidet an Diabetes. Daraus entwickelt sich dann ein Wettlauf mit der Zeit, denn – so wird erzählt -, wenn der entführte Mensch nicht bald seine Spritze bekommt, wird er sterben.
Wer selbst Diabetes hat, kann darüber nur müde lächeln. Denn in den allermeisten Fällen benötigen Menschen eine Spritze mit Insulin zur Senkung ihres Blutzuckerspiegels. Nimmt derjenige Nahrung zu sich, steigt sein Zuckerspiegel im Blut an. Insulin wirkt dem entgegen. Bekommt der Erkrankte sein Insulin nicht, bleibt der Zuckerspiegel hoch und bietet Langzeitfolgen wie Erblindung, Nervenschäden und Nierenschädigung Vorschub. Ohnmächtig oder sterbensschwach werden diese Diabetiker dadurch nicht. Das ist allerdings dann der Fall, wenn der Zuckerspiegel zu niedrig ist. Das kann passieren, wenn der Diabetiker zu viel Insulin bekommt oder keinen Zugang zu Nahrung hat.
So ist es zumindest mal in den meisten Fällen. Im Film wird das immer anders erzählt: Bekommt derjenige seine Spritze nicht, wird er erst immer schwächer, dann ohnmächtig und dann stirbt er.
Für ein Mädchen und ihre zwei Lehrerinnen ist aber vor drei Jahren auf einer Klassenfahrt nach London der Umgang mit dem Diabetes zu einem dramatischen Ereignis geworden. Das Mädchen starb, die beiden Lehrerinnen sind nun wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt.
Denn in diesem Fall liegt die Sache etwas anders. Das Mädchen ist nicht an der Zivilisationskrankheit Diabetes Typ II erkrankt, sondern an Diabetes Typ I. Hierbei liegt, um es vereinfacht zu sagen, nicht der Lebenswandel des Erkrankten im Fokus, sondern eine grundsätzliche Fehlfunktion der Bauchspeicheldrüse.
Das Mädchen musste deshalb ständig eine Insulinpumpe tragen. Es wird also nicht mit einzelnen Spritzen dem Blutzuckeranstieg durch Nahrungsaufnahme entgegengewirkt, sondern eine ständig am Körper getragene kleine Pumpe befördert vorprogrammiert regelmäßig kleine Insulindosen in den Körper. Vorausgesetzt, die Pumpe wird auch mit Insulin beladen. Dadurch soll verhindert werden, dass der Zuckerspiegel bis ins Unermessliche steigt und beispielsweise eine tödliche Ketoazidose auftritt.
Schülerin stirbt auf London-Fahrt – Anklage gegen zwei Lehrerinnen erhoben
Fast drei Jahre ist es her, dass Emily Schierwagen beerdigt wurde. Die 13-Jährige war während einer Schulfahrt in London nach extremer Überzuckerung gestorben. Emily … trug dauerhaft eine Insulinpumpe.
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Lehrkräfte wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt – das Verfahren jedoch eingestellt. Sie konnte nicht nachweisen, dass diese Lehrkräfte „Kenntnis von Emilys Erkrankung“ hatten. Emilys Vater war dagegen vorgegangen.
Nun wurde Anklage gegen zwei Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen erhoben. Es habe sich herausgestellt, dass sie vor der Fahrt keine Vorerkrankungen der Schüler abgefragt haben. Dazu wären sie verpflichtet gewesen.
Emilys Vater glaubt, seine Tochter hätte gerettet werden können, wenn ihr rechtzeitig geholfen worden wäre. „An Diabetes stirbt man doch nicht“, hatte er gesagt, „nur wenn einem keiner hilft.“ Ein Gutachten hatte ergeben, dass Emilys Tod vermeidbar gewesen wäre, wenn ihre Ketoazidose früher ärztlich behandelt worden wäre.
Die Lehrkräfte hätten bereits dem ersten Hinweis der Mitschülerinnen nachgehen und ärztliche Hilfe holen müssen. Nach Aussagen von Mitschülern soll es Emily bereits am Morgen nach der Ankunft schlecht gegangen sein, sie habe sich oft übergeben müssen, sei desorientiert gewesen, habe viel geschlafen. Die gleichaltrigen Freundinnen wollen die Lehrkräfte auf Emilys Zustand hingewiesen haben.
Doch die sollen erst gar nicht und dann nur flüchtig nach Emily geschaut haben, ließen das kranke Mädchen sogar mit zwei gleichaltrigen Freundinnen einen ganzen Tag alleine im Hotel. Erst am Tag der Abreise ruft eine Lehrerin den Notarzt. Emily hat da einen Blutzuckerspiegel von 1470, normal ist nach einer Mahlzeit ein Wert von unter 140. Das Mädchen wird noch im Hotel reanimiert, stirbt jedoch Tage später an einem Herzinfarkt.
Quelle SZ
Ketoazidose
Die Ketoazidose ist eine Form der metabolischen Azidose, die besonders häufig als Komplikation bei Diabetes mellitus bei absolutem Insulinmangel auftritt. Ursächlich ist eine zu hohe Konzentration von Ketonkörpern im Blut.
Die Ketoazidose zeigt sich klinisch durch unspezifische Symptome wie Atembeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Polyurie, Durst und Schwäche. Im weiteren Verlauf des Krankheitsbildes (ketoazidotisches Koma) kommt es zur Trübung des Bewusstseins bis hin zum Verlust, der Kußmaul-Atmung mit Acetongeruch der Atemluft und Austrocknung (Exsikkose). Das Krankheitsbild endet unbehandelt tödlich. -aus Wikipedia
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Diese Einschätzung beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und gibt ausschließlich meine Meinung wieder. Zu Rechts-, Steuer- und medizinischen Themen sollten Sie immer einen ausgewiesenen Fachmann fragen. Das ist oft günstiger als man denkt. Verlassen Sie sich nie auf Erkenntnisse, die Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!
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Also zumindest in den Büchern, die ich gelesen hab, wo Diabetes aufgrund einer Entführung lebensbedrohlich für das Opfer wird, hat es sich immer um Typ 1 mit den hier beschriebenen Symptomen gehandelt, an denen auch die Schülerin verstorben ist, zB bei Simon Beckett in Chemie des Todes.
Zu dem Fall hier mit dem Mädchen:
Egal ob sie vorher von den Vorerkrankungen wußten oder hätten wissen müssen oder nicht: wenn eine Schutzbefohlene sich nicht gut fühlt, sich übergibt und desorientiert ist, würde ich immer erwarten, daß die Lehrer irgendwas tun. Das kann doch neben eben wie hier Ketoazidose auch andere Ursachen haben, die auch nicht harmlos sein müssen.
Mich wundert ein wenig, dass die Lehrerinnen nicht schon viel früher auf die Diabetes-Erkrankung aufmerksam gemacht wurden. Das ist ja schließlich eine Erkrankung, die bleibt und eben auch Nebenwirkungen haben kann. Da ist aber eine ganze Menge schief gelaufen. Was war denn mit der Insulinpumpe? Hatten nicht die Eltern dafür zu sorgen, dass die Pumpe befüllt war? Das ist doch offensichtlich nicht geschehen, sonst wäre es dem armen Mädchen nicht schon am Ankunftstag schlecht gegangen.
Dazu können wir alle nichts sagen und wir können auch niemanden beschuldigen. Wir wissen einfach viele Dinge nicht. Ich bin aber auch mal zur Schule gegangen und wir sind damals auch nach London gefahren. Damals hat jedes Kind einen Zettel mit nach Hause bekommen, den die Eltern ausfüllen mussten. Zum einen war da eine Erklärung drauf, die den Lehrern bestimmte Befugnisse einräumten, z.B. dass wir teilweise unbegleitet und auf eigene Faust unterwegs sein durften. Dann musste exakt angegeben werden, ob das Kind Krankheiten, Behinderungen oder Besonderheiten hat. Auch ob und welche Medikamente eingenommen werden müssen, wurde dort eingetragen. Als ich selbst dann später mit Schülern* zu tun hatte, war das genauso. Einer meiner Schüler trug beispielsweise zwei Hörgeräte und den Eltern war es wichtig, dass er beim Sport immer ein spezielles Stirnband trug, damit die teuren Geräte nicht verloren gingen. Die Ersatzbatterien für die Hörgeräte haben auch wir Erwachsene aufbewahrt. Aber egal, ob das hier und heute noch so ist oder nicht, Diabetes ist so oder so eine schwere Erkrankung, die jederzeit in einen Notfall… Weiterlesen »
Ich hätte von Eltern eines kranken Kindes erwartet, daß sie von sich aus die Lehrer auf mögliche Komplikationen und deren Abhilfe aufmerksam machen, insbesondere bei so einer Krankheit bei der es sehr genau darauf ankommt, daß sowohl Lebensmittelufnahme als auch die Insulingabe aufeinander abgestimmt sind.
Auch im normalen Schulalltag (z.B. Sportunterricht) kann Diabetes I zu Problemen führen. Eine Mitschülerin von mir (eher leistungsorientiert) überschätzte gerade am Anfang ihrer Erkrankung die Auswirkungen von körperlicher Aktivität auf den Stoffwechsel und bekam dann manchmal Unterzuckerungsprobleme. Okay, da half etwas Traubenzucker schnell dem Problem ab, aber trotzdem waren die Sportlehrer unserer Schule über alle insulinpflichtigen Schülern informiert.
NB: mein Abitur habe ich 1985 gemacht, kann also keine neue Praxis sein.
Bei meiner Tochter (heute 26) ist mit 12 Jahren Diabetes Typ 1 festgestellt worden. Sie hat ihren Lehrern (m/w/d) und den Handballtrainern (m/w/d) Bescheid gegeben, dass sie Diabetikerin ist. Sollte mal etwas sein, dass ihr entsprechend geholfen werden kann.
Sehr seltsam. In der Regel sind Insulinpumpen mit einem Sensor gekoppelt, der an die Pumpe meldet, wieviel Insulin abgegeben werden muss. Ist dem nicht so, muss der Patient regelmäßig seinen Blutzuckerwert messen. Auch wenn der Sensor arbeitet muss der Blutzucker regelmäßig abgeglichen werden. Das müsste die Schülerin selbst unterlassen haben. Wenn sie selbst dazu nicht in der Lage war, müssen die Lehrer informiert gewesen sein.
Diabetes wird in dem Alter vielleicht gerne versteckt, weil die Schülerin nicht „anders“ sein sein wollte. Aber selbst dann muss sie mit 13 Jahren wissen wie man Blutzucker misst und entsprechend handelt. Sonst hat sie auf einer Klassenfahrt nichts ohne spezielle Betreuung verloren.
Es kann sein, dass eine Fehlfunktion der Pumpe vorgelegen ist (Katheter blockiert, Pumpe defekt, Reservior leer oder undicht etc.) Das zeigt das Gerät aber an.
In der Meldung scheinen einige essentielle Informationen zu fehlen.
Übrigends kann auch bei Überzuckerung Schlappheit und Desorientierung auftreten. So ganz daneben sind die Krimis also nicht. Auch wenn es immer sehr vereinfacht dargestellt wird.