Sterben + Trauer

Schweiz: Hindus dürfen Totenasche nun in der Aare verstreuen

Indische Frauen stehen bis zu den Knien in einem Fluss

Wasserbestattung für Hindus an der Aare in Bern: Ein Meilenstein für die tamilische Gemeinschaft in der Schweiz

Ein Fluss, der sich gemächlich durch die malerische Stadt Bern schlängelt, ist seit kurzem Schauplatz eines bedeutenden Rituals für die hinduistische Gemeinschaft in der Schweiz. Der hinduistische Verein Saivanerikoodam hat die offizielle Genehmigung erhalten, Wasserbestattungen an der Aare durchzuführen – ein Ereignis, das für die Gemeinschaft als Meilenstein betrachtet wird. Diese Entwicklung ermöglicht es den Gläubigen, ein traditionelles Ritual in ihrer neuen Heimat durchzuführen und ist insbesondere für diejenigen von Bedeutung, deren Wurzeln zwar in Indien liegen, die aber den Großteil ihres Lebens in der Schweiz verbracht haben.

Sasikumar Tharmalingam, ein angesehener Hindu-Priester und Seelsorger im Haus der Religionen in Bern, betont die Bedeutung dieser Genehmigung. „Das ist für uns ein großer Meilenstein“, sagt er mit einem Lächeln. Die Mitglieder des Vereins dürfen nun seit dem vergangenen Herbst Wasserbestattungen an der Aare durchführen, und dies bringt eine unglaubliche Erleichterung mit sich. Normalerweise wurden die Urnen der Verstorbenen nach Varanasi, Indien, am heiligen Fluss Ganges geschickt. Diese Praxis gestaltete sich jedoch nicht immer einfach und wurde zunehmend schwierig für die zweite Generation, deren Eltern bereits seit zwei bis drei Jahrzehnten in der Schweiz lebten. Die Möglichkeit, die Bestattung in der näheren Umgebung durchzuführen, wird daher als ein bedeutendes Geschenk für die Gemeinschaft betrachtet.

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Um Wasserbestattungen im Kanton Bern durchführen zu können, musste der Verein Saivanerikoodam eine Gewässerschutzbewilligung einholen. Diese Genehmigung sieht vor, dass der hinduistische Verein jährlich höchstens 20 Bestattungen durchführen darf. Der Ort der Verstreuung wurde genau festgelegt – ein gut zugänglicher Ort stadtauswärts, der für andere Nutzungen nur begrenzt genutzt wird, wie zum Beispiel Baden oder Sport. Der Aschenverstreuung geht selbstverständlich eine herkömmliche Einäscherung in einem Krematorium voraus.

Das Verfahren der Wasserbestattung ist in einem Dokument des Kantons detailliert festgelegt. Traditionell werden neben der Asche auch ein Löffel Milch und einige Rosenblätter ins Wasser gegeben. Das Dokument legt Kriterien fest, nach denen die Bestattung erfolgen soll, einschließlich der Anforderung, dass nach dem Kremieren keine Schwermetalle in der Asche zurückbleiben dürfen.

Die Zahl von 20 bewilligten Wasserbestattungen mag angesichts der rund 60.000 Tamilen in der Schweiz gering erscheinen, aber David Leutwyler, ein Vertreter des Vereins, betont die Realitätsnähe dieser Zahl. Angesichts der aktuellen tamilischen Bevölkerung in der Schweiz sei dies eine angemessene Anzahl. Sasikumar Tharmalingam stimmt dem zu, weist jedoch darauf hin, dass angesichts der steigenden Zahl der pensionierten Tamilen in der Schweiz – derzeit etwa 10.000, mit steigender Tendenz – eine Überprüfung dieser Regelung in der Zukunft notwendig sein könnte.

Im hinduistischen Glauben hat die Wasserbestattung eine zentrale Bedeutung für den Kreislauf der Wiedergeburt und der Natur. Der Körper soll nach dem Tod den fünf Elementen zurückgegeben werden, aus denen er besteht. Für die hinduistischen Tamilen in der Schweiz, deren Glaube tief in ihrer Kultur verwurzelt ist, hat die Wasserbestattung eine ähnliche Bedeutung wie die Erdbestattung im christlichen Glauben. Etwa 90 Prozent der hinduistischen Verstorbenen werden gemäß diesem Ritual im Wasser bestattet. Nur bei Kindern unter 12 Jahren und heiligen Mönchen gibt es Ausnahmen.

Während in Sri Lanka und Indien Wasserbestattungen weit verbreitet sind, stellt die Genehmigung in der Schweiz einen Schritt in Richtung kultureller Integration und religiöser Freiheit dar. Die tamilische Gemeinschaft kann nun ihre spirituellen Praktiken in ihrer neuen Heimat fortführen und sich zugleich mit der Schweizer Gesellschaft verbinden.

Insgesamt markiert die Genehmigung von Wasserbestattungen an der Aare in Bern nicht nur einen Fortschritt für die tamilische Gemeinschaft, sondern auch einen Schritt in Richtung kultureller Vielfalt und Anerkennung der religiösen Bedürfnisse verschiedener Gemeinschaften in der Schweiz. Diese Entwicklung verdeutlicht die Wichtigkeit von interkultureller Sensibilität und der Bereitschaft, den Glauben und die Praktiken anderer Gemeinschaften zu respektieren und zu akzeptieren.

Der Fluss Aare bei Bern

Der Fluss Aare bei Bern

Das liberale Verhalten der Schweizer ebnet nicht nur den Weg für eine tiefere spirituelle Verbindung der tamilischen Gemeinschaft mit der Schweiz, sondern leistet auch einen Beitrag zur kulturellen Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft. Dieses Beispiel zeigt, wie eine offene Haltung gegenüber unterschiedlichen Glaubensrichtungen und Praktiken zu einer harmonischen Koexistenz in einer vielfältigen Gesellschaft beitragen kann.

Wie ist der Ablauf einer hinduistischen Wasserbestattung in Indien?

Die hinduistische Wasserbestattung, auch als „Asthi Visarjan“ bekannt, ist ein zutiefst spirituelles und rituelles Ereignis, das im Hinduismus eine zentrale Rolle spielt. Dieser heilige Brauch markiert den Abschluss des irdischen Lebens und symbolisiert den Übergang der Seele in den Kreislauf der Wiedergeburt. Ein Blick auf den Ablauf einer hinduistischen Wasserbestattung wirft Licht auf die tiefe spirituelle Verbundenheit, die mit diesem Ritual einhergeht.

1. Vorbereitung des Verstorbenen:

Die erste Phase des Prozesses beginnt mit der Einäscherung des Verstorbenen. In hinduistischen Gemeinschaften werden die sterblichen Überreste auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Dieser Akt repräsentiert die Vorstellung, dass der Körper aus den fünf Elementen – Erde, Feuer, Wasser, Luft und Äther – besteht und durch die Einäscherung in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehrt.

2. Sammlung der Asche:

Nach der Einäscherung wird die Asche sorgfältig gesammelt und in eine spezielle Urne überführt. Traditionell werden der Asche Milch und Rosenblätter hinzugefügt. Diese Symbole haben eine spirituelle Bedeutung und sollen die Reinheit und die Schönheit des Übergangs betonen.

3. Auswahl des Gewässers:

Die Wahl des Gewässers, in dem die Wasserbestattung durchgeführt wird, ist von großer Bedeutung. In Indien sind es oft heilige Flüsse wie der Ganges, während in anderen Teilen der Welt, wie in der Schweiz, spezielle Gewässer unter Berücksichtigung der lokalen Gesetze und Vorschriften ausgewählt werden.

4. Durchführung der Zeremonie:

Die eigentliche Zeremonie der Wasserbestattung findet oft in Begleitung eines Hindu-Priesters statt. Die Angehörigen versammeln sich am Ufer des Gewässers, tragen traditionelle Kleidung und rezitieren heilige Gebete. Der Priester führt Rituale durch, die darauf abzielen, die Seele des Verstorbenen in Frieden und Harmonie in die spirituelle Welt zu entlassen.

5. Verstreuung der Asche:

In einer feierlichen Atmosphäre wird die Urne behutsam ins Wasser gelassen, und die Asche wird sanft in den Fluss gestreut. Dieser Akt symbolisiert nicht nur den Abschied von der materiellen Welt, sondern auch die Rückkehr der Seele zu den göttlichen Elementen.

6. Abschluss und Gebete:

Nachdem die Asche in das Wasser gegeben wurde, schließen die Angehörigen die Zeremonie mit Gebeten und spirituellen Gesängen ab. Diese Gebete sind oft darauf ausgerichtet, Frieden für die Seele des Verstorbenen zu erbitten und den Segen der Gottheiten zu empfangen.

Info: https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/hindus-duerfen-asche-von-verstorbenen-nun-in-der-aare-verstreuen-155976359

Bildquellen:
  • flow-5058089_1280: Bild von Marcel auf Pixabay
  • hindus: Symbolfoto: Bild von Yogendra Singh auf Pixabay


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 16. Mai 2024

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