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Skandal entpuppt sich als internettypische Schaumschlägerei

Man soll ja bekanntlich auf das Gefasel in irgendwelchen Foren nicht viel geben.

Gestern berichtete ich schon etwas skeptisch über die angeblichen Mißstände bei der Verlegung eines Friedhofes in einem rheinischen Braunkohleabbaugebiet.

Braunkohle wird in diesem Bereich im Tagebau gefördert, also durch Weggraben der oberen Schichten und nicht durch tiefe Schächte und Stollen wie etwa bei der Steinkohle im Ruhrgebiet usw. Das bringt es leider mit sich, daß man nicht unter den Ortschaften und Häusern Stollen graben kann, sondern daß ganze Ortschaften umgesiedelt werden müssen und die alten Orte dem Abrissbagger zum Opfer fallen müssen.

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Natürlich müssen auch die Friedhöfe ‚umgesiedelt‘ werden. Im neuen Ort wird ein neuer Friedhof angelegt und am alten Friedhof wird ausgegraben, was noch vorhanden ist, z.T. in Gebeinekisten umgebettet, in neue Särge gebettet oder einfach Gebeine mit Graberde in Kisten verpackt und zum neuen Friedhof gebracht, wo alles wieder ordnungsgemäß in die jeweiligen Gräber verbracht wird.

Das teilweise schon eingeebnete Gelände von Altötzenrath ist Betriebsgelände des Energieunternehmens RWE, die ehemaligen Bewohner sind entschädigt und umgesiedelt und offiziell hat dort niemand, außer den Beauftragten des RWE etwas zu suchen. Das hält aber wohl zahlreiche Spaziergänger, Sensationshungrige und Neugierige nicht davon ab, dort wochenends ihre Zeit zu verbringen.

Einer dieser Spaziergänger glaubte nun am verg. Wochenene einen unglaublichen Sensationsfund gemacht zu haben Er entdeckte nahe der Altötzenrather Kirche Knochen, Schädel und Gebisse von Verstorbenen, mutmaßte, es handele sich um die Reste schlampiger Umbettungen und es wurde gar der Eindruck erweckt, als ob man einfach mit dem Bagger „Leichen“ plattgefahren hätte.

Sogar eine Mail an den Papst will der Sensationsfinder geschrieben haben und hat natürlich auch Funk und Fernsehen verständigt. Glücklicherweise nahm sich der WDR in seiner Sendung „Lokalzeit Düsseldorf“ gestern des Themas an und konnte Licht ins Dunkel der Vermutungen und Spekulationen bringen.

Dem WDR-Bericht zurfolge handel es sich nicht um den Friedhof, der den Altötzenrathern bekannt war; dieser wurde ordnungsgemäß komplett ‚umgezogen‘, sondern um Reste einer spätmittelalterlichen bis frühneuzeitlichen Begräbnisstätte, die schon 1858 aufgegeben und teilweise überbaut wurde.

Die nun im Zuge der Baggerarbeiten zutage gekommenen Knochen wurden zunächst mit Planen und Folien abgedeckt, was aber durch ständige Regenfälle zu einer Schlammbildung mit einem Gemenge aus Lehm und Knochen geführt hat. Deshalb ist man dazu übergegangen, die Knochen frei liegen zu lassen. Sicherlich kein schöner und würdevoller Anblick, aber eigentlich hätte dort ja auch niemand was zu suchen.

Die ältesten Gebeine sollen wissenschaftlichen Untersuchungen unterzogen werden, die jüngeren Knochen werden eingesammelt und auf dem neu erbauten Friedhof in einem Sammelgrab beigesetzt werden.

Es handelt sich also nur um einen zwar ungewöhnlichen, aber wenig sensationellen Akt im Zuge einer Gemeindeumsiedelung und nicht um die große Sensation, wie zunächst vermutet wurde.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 2. April 2008 | Revision: 28. Mai 2012

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16 Jahre zuvor

Das Dörfchen ist übrigens direkt bei mir um die Ecke. Ich kann nur bestätigen, dass das RWE viel Geld und Mühe in solche Umsiedlungen setzt, um das Firmenimage nicht zu ruinieren.

Übrigens wird das Dorf in ca. 10 Jahren mal so aussehen: http://hellhost.de/gal/tagebau/

Gruß Sascha

MiniMoppel
16 Jahre zuvor
Stefan
16 Jahre zuvor

Grüß Euch,

ich bin der sensationshungrige Spaziergänger! Als ich diese Sauerei gesehen habe, da haben sich mir die Nackenhaare hochgestellt.

Nichts hat den Anschein erweckt, dass es sich hier um eine Ausgrabungsstelle handelt.

Ich finde es nach wie vor eine Sauerei, wie mit den Überresten dieser Leute umgegangen wird.

Zum Glück hat sich ja nun bestätigt, dass alles zu mindest mit „rechten Dingen“ zugeht.

Ein wenig mehr Würde und Anstand im Umgang mit solchen Gebeinen wäre schon toll. Ein Hinweisschild hätte ja vielleicht schon einige Fragen, die sich bei dem Anblick nunmal stellen, beantworten können.

Eine Schweinerei ist das trotzdem! Wenn man bedenkt, wie stark das Gelände von Anwohnern und Spaziergängern frequentiert ist.

Soll das beim Abriss der Kirche in Immerath etwa genau so laufen?

Martina
16 Jahre zuvor

@Stefan: Also als Erstes: ich wäre auch geschockt gewesen.

Aber ich verstehe Deine Aufregung nicht. An hunderten, ja vielleicht an tausenden von Orten in Deutschland kann man graben und wird auf Reste früherer Bestattungsstätten stossen. Mehr als die Fundstellen zu sichern, die Knochen zu bergen und irgendwo anders endzulagern wird man nicht tun können. Keine Sensation, keine Aufregung, nichts.

Gut, du hast nicht gewusst, dass das uralte Knochen sind, aber du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, verstehen zu wollen, um was es geht. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Du immer noch von einer Ausgrabungsstätte sprichst.

Es ist nun einmal ein Fakt, dass von uns Knochen übrigbeiben. Die werden irgendwann irgendwem im Weg sein.

Was hast du dir denn vorgestellt? Dass da jedes einzelne Gebein mit Glockengeläut und im Beisein eines Pfarrers neu beerdigt werden?

Stefan
16 Jahre zuvor

Hallo,

ich habe gedacht das wären Knochen, die in den Fundamenten der Kirche bestattet waren. Oder übrig gebliebene vom Friedhof. Früher wurde ja oft um Krichen herum bestattet.

Weil die da so verteilt rumgeflogen sind, unter anderem halt auch im Schutthaufen, war ich doch ziemlich empört.

Dass dort eine Ausgrabung ist, war ja nicht ersichtlich.

Und so habe ich eben die Mail an den WDR geschickt.

Nun hat sich ja alles aufgeklärt zum Glück.

Und der „Spuk“ hat ein Ende 😉

Oli
16 Jahre zuvor

Wäre es nicht besser man kümmert sich um die noch Lebenden als um bereits jahrhundertelamg verstorbene Menschen?
Manchmal muß man seinen Blick neu justieren um die wichtigen Dinge zu erkennen. Ich schließe mich da ein!

r
16 Jahre zuvor

full ack zu stefan: und wenn die knochen 10.000 jahre alt wären: die lässt man nicht einfach so herumliegen.

Johannes
16 Jahre zuvor

Naja, wie soll man als Laie denn bitte den Unterschied zwischen „alten“ und neuen Knochen erkennen? Den Begriff „Schaumschlägerei“ finde ich schon etwas derb. Okay, ich habe auch nicht täglich mit Toten zu tun.

Rena
16 Jahre zuvor

Steht nicht weiter oben ‚ausser den Leuten von RWE hat dort keiner was verloren‘? Wie passt das dann mit ’stark frequentierten‘ Besuch zusammen? Wie? Abgesperrt? Nicht für mich. Gönnt doch dem armen Mann seinen vermeintlichen Platz auf der ersten Seite von Bild.

Grab mal in Städten, die von den Römern gebaut wurden. Da kommst Du keinen Meter tief, ohne auf irgendwelche „Überreste“ zu stossen. Wer weiss, wie es in 200 Jahren an der Stelle sein wird, auf der wir begraben sind.

Vaiton
16 Jahre zuvor

Ich finde Schaumschlägerei trifft es voll und ganz. Man muss sich nur den Thread bei ntv mal durchlesen.
Da glaubt einer was entdeckt zu haben, macht sofort viel Wirbel, ohne zu wissen um was es eigentlich geht und schickt Mails an den Papst. Meine Güte, wes Geistes Kind sind diese Leute?

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

@stefan: wenn eine Kirche abgerissen wird, ist es keine Kirche mehr, weil sie vor dem Abbruch entweiht wird oder wie der Fachausdruck dafür heißt. Das ist dann nichts als eine normale Baustelle wie jedes andere Gebäude auch.

Stefan
16 Jahre zuvor

Eigentlich gibts für mich nix mehr zu diskutieren. Nennt es ruhig Schaumschlägerei. Ich habe da eine Situation vorgefunden, die sich in Worten kaum beschreiben lässt. Für Niemanden war erkenntlich, dass es sich dort um eine Ausgrabungsstätte handelt. Die Knochen flogen da rum wie Müll. Von Planen und Schildern war nix zu sehen. Nach meiner Eingabe beim WDR wurden die ganz schnell und jetzt ist wenigstens erkenntlich was da los ist. Da sah es aus wie im Krieg. Verbotsschilder hingen da auch nicht. Und jeder kann da hin, nach wie vor. Die Mail an den Papst ist mit Humor zu sehen, reisst mal nicht alles aus dem Zusammenhang. Gibt schließlich auch andere Dinge ausser den Leuten das Verhüten zu verbieten *g*. Ich habe erreicht, was ich erreichen wollte und bin da sogar stolz drauf. DAMIT meine ich, dass die Ausgrabungsstätte als solche erkennbar ist und die Schweinere da verdeckt ist. Was Ihr da jetzt noch reininterpretiert ist mir schnuppe und wie ich im Forum mit „Freunden“ spreche, das geht eigentlich niemand was an. Schließlich war das… Weiterlesen »




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