Da fragt mich jemand:
Super Blog! Gab es eigentlich auch mal einen richtig lustigen Moment während deiner Tätigkeit als Bestatter?
Es gibt tagtäglich etwas zu lachen und hier bei uns im Hause heisst es anerkanntermaßen, dass es keinen Beruf gibt, der soviel Spaß bereitet und Grund zum Lachen bietet, wie unser Beruf.
Oberstes Gebot ist allerdings, daß wir die Würde der Verstorbenen und die Trauer der Angehörigen achten und respektieren.
Ein Bestattungshelfer, der sich beispielsweise einmal über den kleinen „Schniedel“ eines Verstorbenen in meinem Beisein lustig machte, brauchte am nächsten Tag gar nicht wiederkommen.
Wir müssen im Kopf immer fein säuberlich trennen, wann es sich um einen Sterbefall handelt, der in irgendeinem aktuellen Bezug steht oder ob der Sterbefall jetzt in einem anderen Kontext erwähnt wird. Niemals würden wir uns auf die Kosten des Toten belustigen oder auf Kosten der Kunden lustig machen.
Aber selbstverständlich bleiben auch uns besondere Vorkommnisse in Erinnerung und wir amüsieren uns oft noch Jahre später über bestimmte Vorfälle.
Auch sonst wird sehr viel gelacht und gescherzt bei uns, natürlich auch nicht im Beisein der Kunden, sondern so bei der allgemeinen täglichen Arbeit im Büro. Jeder der bei uns arbeitet, bestätigt, dass es nirgendwo sonst so abgeht, wie bei uns. Das mag daran liegen, dass wir ja ansonsten mit sehr viel Traurigem und oft auch Schrecklichem zu tun haben.
Die wenigsten Scherze, die gemacht werden, haben überhaupt irgendetwas mit der Arbeit zu tun, mal nebenbei bemerkt.
Aber was würdet Ihr denn machen? Da werden wir von der Polizei zu einem Unfallort gerufen. In einer Wohnung sollen zwei Menschen abgeholt werden, die wegen eines defekten Ofens an einer Kohlenmonoxydvergiftung gestorben sind. Wir kommen in die Wohnung, ein gelangweilter Polizist wartet auf uns. Im Bett liegt ein unglaublich dicker Mann auf dem Bauch. Einer unserer Männer fragt, wo denn die zweite Leiche sei. Das sagt der Polizist: „Weiß ich auch nicht, ich bin erst am Schluss gekommen. Ich frag mal über Funk nach.“
Über Funk dann: „Die zweite Person soll sich nach Angaben der Kollegen, die am Unfallort waren unterhalb der größeren Person befinden, da sollen die Bestatter mal unter der dicken Leiche suchen.“
Da haben wir es! Eine schreckliche Situation, ein schlimmer Tod!
Aber wie der Polizist da vor uns stand, seine Mütze in den Nacken schob, sich auf dem Kopf kratzte und dann mit der Antenne des Funkgerätes auf das Bett deutete und sagte: „Da müsste eigentlich noch einer drunterliegen…“, das werde ich nie vergessen und finde das rückblickend schon ziemlich komisch.
Oftmals kommen auch Leute zu uns, und davon schreibe ich ja auch immer mal wieder etwas, die ganz abenteuerliche Ideen haben oder irgendetwas komplett mißverstanden haben. Als vor einigen Jahen das Sterbegeld der Krankenkassen zuerst gekürzt und dann ganz abgeschafft wurde, titelte eine Zeitung: „Kürzung jetzt auch beim Sterben!“
Schon am nächsten Tag wollte eine aufgeregte ältere Damen wissen, wie lang denn die Särge jetzt nach der Kürzung wären.
Ein älterer Herr hat bei uns seine Vorsorge gemacht und sprach immer wieder davon, daß er keinesfalls ein Stehgrab haben möchte. Wenigstens im Tod möchte er doch liegen. Was für ein Stehgrab fragte ich und er deutete im Katalog vehement auf ein Bild von den kleinen Urnengräbern. Er hatte immer gedacht, in diesen kleinen Gräbern würden die Särge senkrecht beerdigt.
Eine andere ältere Dame sagte, sie habe Angst davor, dass sie bei der Einäscherung nicht wirklich tot sein könne: „Das Verbrennen könnte ich ja noch ertragen, aber hinterher die Knochenmühle… Stellen Sie sich vor, ich lebe da noch!“
Und dann soll ich ernst bleiben, wenn ich Leuten unsere Särge zeige, ein Mann geht ganz fachmännisch an den Särgen entlang und tippt immer darauf. „Eiche, nicht wahr?“ „Nein“, sage ich, „Pappel.“ Der meint, er kenne sich aus mit Holz, habe jahrelang in der Branche gearbeitet. Aha. Er tippt wieder: „Buche, oder?“ „Nein, Kiefer!“ Er: „Ober- oder Unterkiefer?“
Ich kann nicht anders, ich muss über sowas schmunzeln, manchmal lachen, manchmal auch gröhlen. Aber wie gesagt: Niemals auf Kosten der Kunden oder unserer Verstorbenen.
In einem Bestattungshaus hat man auch mal viel Leerlauf. Ach kämen die Toten doch bloss so, wie wir gerade Zeit hätten! Ich sag ja immer wieder: Am liebsten wäre es uns, wenn wir draußen einen Automaten hätten an dem sich jeder eine Nummer zieht und wir rufen dann auf und holen die ab. Aber leider spielt der Sensenmann da nicht mit. Blöder Kerl!
So kommt es, dass wir manchmal 14 Tage kaum etwas zu tun haben und dann binnen zwei, drei Tagen 30 Verstorbene „bearbeiten“ müssen. Eine gewisse Kontinuität ist schon da, aber es gibt immer wieder unberechenbare Pausen und Schübe.
In den Leerlaufzeiten haben wir viel Zeit und Muße allerlei Dinge zu machen, die Spaß machen. Wir haben alles an Gesellschaftsspielen da, was es gibt und neuerdings eine Dartscheibe. Überdies gibt es bei uns Internet frei für alle.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: arbeit, Bestatter, lacht, sich, spass
Das ist ja nett, dass du deinen Mitarbeitern das erlaubst. Bei uns heißt es immer "Zwangsputzen" wenn partout nix los ist, auch wenn alles blitzt und blinkt.
das klingt ja nach einem richtig geilen Arbeitsplatz 0.0
Gratis Internet erlaubt nicht jeder, Dart erst recht nicht..
Ein Traum von Arbeitsplatz!
Och, das gibt es bei uns auch. Aber mehr als saubermachen und neu dekorieren kann man nicht. Außerdem haben wir eine Putzfrau und eine Dekorateurin, uups, das darf man ja nicht mehr sagen, die heissen ja jetzt "Schauwerbegestalterinnen".
Ob es ein Traum ist, weiß ich nicht, hoffe es aber. Wir tun sehr viel dafür, dass sich unsere Mitarbeiter sehr wohl fühlen. Erstaunlicherweise gelingt mir der Spagat und die Leute haben trotzdem großen Respekt und spuren, wenn es drauf ankommt.
Ich denke mal bei der geschilderten Situation mit der nicht auffindbaren zweiten Leiche wird einem erst später die "Komik" bewusst. Aber bei Ober- oder Unterkiefer? Da wär ich ja zusammengebrochen. Au weia.
Ich lese hier wirklich gerne!
Aus eigenem Erleben kann ich nur berichten, daß ich wenige Vertreter eines Berufsstandes wie gerade Bestatter als außerordentlich dem Humor zugetane Zeitgenossen erlebt habe. Damit meine ich nicht vordergründige Kalauer oder Schlimmeres, sondern einfach nur die Tatsache, daß Bestatter, vielleicht weil den existentiellen Dingen des Lebens näher als andere, eine gesunde Distanz nicht nur zum Tode, sondern auch zu sonstigen Phänomenen des Lebens enwickelt haben.
Ein guter Bekannter in meiner Heimatstadt Köln z.B., im Nebenberuf Bestatter, ist im Hauptberuf Präsident eines der größten Karnevalsvereine der Domstadt.
@undertaker
Denke schon das deine Mitarbeiter Spaß haben. Ist ja kein "Traumjob" mit Toten zu arbeiten – ich denke da muss der Chef schon okay sein ^^
Sehr nett, hier zu lesen! Vielen Dank!
Ein Film, der sich auch sehr amüsant mit dem Thema Tod auseinandersetzt ist hier:
http://www.cedric-der-film.de/
Falls noch nicht bekannt 🙂
Das mit den Gesselschaftsspielen und dem Internet finde ich persönlich sehr gut.
Und dass die Mitarbeiter dann auch richtig Arbeiten wenn Arbeit da ist, für mich ist das kein Wunder. Wenn ein gutes Arbeitsklima herscht, und der Cheff einem nicht ständig Beschäftigungsarbeiten aufdrückt (solche getreu dem Motto "Hauptsache der Macht was für sein Geld" ) dann arbeitet man auch gern.
@Maternus: Man kann wirklich Hauptberuflich Präsident eines Karnevalvereins sein ? Also damit richtig Geld verdienen so dass man davon Leben kann ?
Da sieht man mal dass man niemals aufhört zu lernen…
Gerade hierüber gestolpert…. http://www.titanic-magazin.de/betrachter_0709.htm…
In meiner Zeit als Friedhofsverwalter hatte ich auch mal einen absoluten Brüller, sogar bei der Beerdigungszeremonie. Wir mussten uns alle das Lachen schwer verkneifen, inklusive dem Pfarrer. Hintergrund war, daß die Dame, die ihren Mann zu Grabe trug, 'Bolte' mit Nachnamen hieß. Als wir da so am Grab standen, und meine Jungs den Sarg hinunterließen, da sagte die Dame doch zum Pfarrer: "Ach Herr Pfarrer, da bin ich ja jetzt die Witwe Bolte…"
Einem meiner Arbeiter wäre beinahe der Strick aus der Hand gefallen…