Mehrfach war im Weblog bereits von den sinkenden Sterbezahlen die Rede.
Die Sterbezahl bezeichnet die Anzahl der Verstorbenen in einem bestimmten Zeitraum. Grob gerechnet stirbt ein Prozent der Bevölkerung. Das bedeutet, dass in einer Stadt mit 100.000 Einwohnern jedes Jahr 1.000 Menschen sterben. Sterben weniger, sinkt die Sterbezahl, sterben hingegen mehr Leute, steigt die Sterbezahl. Sinkende Sterbezahlen machen seit Jahren dem Bestattungsgewerbe und der Zulieferindustrie zu schaffen. Etwa seit Mitte der 90er Jahre gehen die Sterbezahlen zurück. Das hängt in erster Linie mit dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Alle in den Kriegen ums Leben gekommenen Menschen fehlen einfach jetzt, um es einfach zu sagen. Sie wären normalerweise jetzt mit dem Sterben an der Reihe.
Die Entwicklung der letzten Jahre sieht so aus:
Sterbefälle in der Bundesrepublik Deutschland
2000 839.000 -0,5 %
2001 821.000 -2,1 %
2002 845.000 +2,9 %
2003 858.000 +1,6 %
2004 821.000 -4,3 %
2005 830.000 +1,1 %
Quelle: Statistisches Bundesamt
Für eine Filiale habe ich mal unsere Zahlen herausgesucht und für ab 1995 bereinigt. Das heisst die tatsächliche Zahl an Sterbefällen habe ich für dieses Jahr auf 100 umgerechnet und die Folgejahre mit dem gleichen Faktor weitergerechnet. Da sieht es so aus:
1995 100
1996 94
1997 91
1998 102
1999 82
2000 80
2001 77
2002 81
2003 85
2004 69
2005 79
2006 87
2007 90
Die Zahl für das laufende Jahr ist hochgerechnet.
Die Branche geht von einer „Besserung“ erst ab 2012-2015 aus, dann dürften die Auswirkungen des Krieges sich egalisiert haben.
Die letzten und jüngsten aktiven Kriegsteilnehmer sind 1945 15 Jahre alt gewesen (Flakhelfer etc.) und somit 1930 geboren. Heute sind diese Menschen 77 Jahre alt.
Es mag für viele makaber klingen, dass Bestatter mit künftigen Sterbezahlen rechnen, aber das gehört zu einem ordentlichen kaufmännischen Betrieb einfach dazu. Man muss Überlegungen anstellen, wie sich die Auftragszahlen in der Zukunft entwickeln können.
Die schlechte Zeiten für die Bestatter sind aber auch in einigen Jahren noch nicht vorbei. Kettenartige Filialunternehmen haben sich in der Zwischenzeit breit gemacht und die Notzeiten ausgenutzt, um alteingesessene Unternehmen zu übernehmen oder durch Konkurrenzfilialen auszubluten. Durch die Bündelung von Lebens-, Sterbeversicherungen, Pflegedienstleistungen und Bestattungsgewerbe haben manche Konzerne eine regelrechte Altenindustrie aufgebaut: Gib uns Dein Geld, wir pflegen Dich und bringen Dich dann unter die Erde. Das Rundum-Sorglos-Paket für Alte sozusagen.
Mammutkonzerne, aber auch verzweifelte Kleinunternehmer, kommen mit Billigangeboten zu Festpreisen auf den Markt, was zwar derzeit diejenigen freuen dürfte, die dadurch etwas sparen können, ob dadurch aber nicht auch die Qualität sinkt und was mit den Preisen dann passiert, wenn der Markt sich wieder ändert, bleibt fraglich. Oftmals wird auch eine damit einhergehende Abkehr von der Bestattungstradition hin zu einer regelrechten Entsorgungsmentalität beklagt. Anzusprechen wären hier beispielsweise Leichensammeltransporte mit anschließender Einäscherung in Osteuropa, die von vielen als Massenentsorgung angesehen wird.
Glücklicherweise ist unser Unternehmen, trotz der statistischen Beule in einer Filiale, nicht sonderlich durch die demoskopische Entwicklung betroffen, weil wir in diesen Jahren einen Ausgleich herbeiführen konnten und uns in der Unternehmensentwicklung angepasst haben.
Es gibt aber zahlreiche Bestatter, die ohnehin nur eine geringe Zahl von Bestattungen abwickelten und bei denen der Wegfall von 30-50% der Aufträge das Aus bedeutete.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: sterbezahlen
"Nicht-Sterben" ist also kein neuer Trend? 😉
Sehr interessanter Blog übrigens, mal wirklich etwas neues….
Grüße
Mit dem Slogan würde ich aber kein Altersheim betreiben. 😉
Rückgänge um die 20 % können aber eigentlich nicht nur an den allgemeinen Sterbezahlen liegen.
Das kann ich aber schon verstehen – Asche ist Asche und so besonders pietätslos läuft das (soweit man den Berichten, die ab und zu mal im Fernsehen laufen, trauen kann) eigentlich auch nicht ab. Wenn ich dagegen an die in den nächsten Tagen auf meine Familie zukommende Rechnung für eine gar nicht so pompöse Trauerfeier denke, liegt die preislich schon deutlich höher. Ich will jetzt gar nicht mal wieder die Kostenfrage aufwerfen, du erklärst das hier ja immer durchaus nachvollziehbar, aber wenn das in Polen so viel billiger geht… nun ja…
Dem allgemeinen Lob kann ich mich nur anschliessen. Besonders, da wir grad selber einen Todesfall in der Familie haben und daher die 'Kundenseite' erleben – da sind viele Beiträge wirklich hilfreich.
Und da Fragen so sehr erwünscht sind:
Wie ist das mit den anderen Religionen? Haben z.B. Moslems und Juden eigene Rituale und Spezialitäten? Oder hat man als 'normaler Unternehmer' damit nichts zu tun, weil sich Moslems dann lieber einem Bestatter der gleichen Glaubensrichtung anvertrauen?
Eine weitere Frage:
Wenn die Verstorbenen geholt werden: Sarg oder Sack? In den Nachrichten sieht man ja beides recht gleichverteilt, mal diese grauen Särge, mal Leichensäcke(falls die so heißen)?
Ist das bestatter- oder fallabhängig, oder gibts da gar eine Regelung für?
MfG und danke im Voraus!
@Timaba: Wir nutzen bei Hausabholungen zu 99% die Trage.
Mehr dazu im Weblog.
> Grob gerechnet stirbt ein Prozent der Bevölkerung.
Dann will ich mal hoffen, dass ich zu den restlichen 99% gehöre 😉
> Glücklicherweise ist unser Unternehmen, trotz der statistischen Beule in einer Filiale, nicht sonderlich durch die demoskopische Entwicklung betroffen, weil wir in diesen Jahren einen Ausgleich herbeiführen konnten …
Ich hoffe mal, dass ihr da nicht "nachgeholfen" habt … 😉
@Thomas: Wenn die Hinterbliebenen sich für eine Bestattung in dieser Form entscheiden, ist das eine Sache. Anders sieht das aus, wenn die Angehörigen nicht wissen was mit ihrem Toten passiert, er dann im Sammel-LKW in den Osten gefahren wird, dort auf einer anonymen Wiese landet, aber hier die Kosten für eine normale Einäscherung nebst Anonymgrab abgerechnet werden.
Ich habe die gleiche Frage wie Klaus:
Wie unterscheidet sich das Vorgehen eines Bestatter bei Verstorbenen anderer Religionen als dem Christentum oder Atheisten? Gibt es in Großstädten z.B. Bestatter, die selber z.B. dem Islam angehören und die Verstorbenen nach ihren Brauchtümern behandeln und beerdigen? Oder ist das Vorgehen eines Bestatters in Deutschland gesetzlich genau festgelegt?