Im Zusammenhang mit dem Selbstmord des Milliardärs Merckle frage ich mich, wie viele Selbstmörder Du wohl so bestattest. Kommt das oft vor? Erfährt man das immer?
Ganz grob gesagt sterben jedes Jahr rund 800.000 Menschen. Einem ganz aktuellen Artikel zur Folge sollen davon knapp 10.000 durch einen Suizid ums Leben gekommen sein. Zwar sind das „mehr Menschen ] durch Selbstmord ] als durch Verkehrsunfälle, Drogen und Gewaltverbrechen zusammen“, jedoch -gemessen an der Gesamtzahl der Sterbefälle- doch recht wenig.
Wie schon in dem oben erwähnten Artikel vermutet, liegt die Dunkelziffer wahrscheinlich noch höher, das deutet aber darauf hin, daß längst nicht alle Selbsttötungen erkannt oder bekannt gemacht werden. So kann es durchaus sein, daß wir solche Fälle schon abgewickelt haben, ohne etwas davon erfahren. Ja, in einigen Fällen ist mir das sogar sehr bewußt geworden. Die Angehörigen sprachen von einem Unfall oder ‚unglücklichen Umständen‘, für uns war jedoch ganz offensichtlich, was die wirkliche Ursache war; man schweigt dann zu diesem Thema, die Angehörigen wollen es offenbar nicht anders.
Ansonsten kann ich sagen, daß wir immer mal wieder solche Fälle haben, diese aber keineswegs zahlenmäßig besonders herausstechen, wohl aber oft vom Erlebten her.
Hashtags:
Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:
[quote]Die Angehörigen sprachen von einem Unfall oder ‘unglücklichen Umständen’, für uns war jedoch ganz offensichtlich, was die wirkliche Ursache war; man schweigt dann zu diesem Thema, die Angehörigen wollen es offenbar nicht anders.[/quote]
Das würde mich jetzt näher interessieren: an was merkt der Bestatter, dass es ein Suizid war, während die Angehörigen dies nicht sehen (wollen)?
Hast Du dazu vielleicht ein Beispiel?
Falls die Frage „dumm“ ist – ich hatte nur 4 Stunden Schlaf, weil ich über die Feiertage meine „innere Uhr“ verstellt hab, daher nicht einschlafen konnte, und jetzt todmüde und etwas langsam im denken bin … 🙁
oder wie macht man Suizidspuren wie z.b. aufgeschnittene Pulsadern oder Strangulationsmale (Erhängen)
im Falle einer Aufbahrung „unsichtbar“
Wenn sich jemand vergiftet, kann man es schon als „tragisch“ bezeichnen, versehendlich zu viele Medies geschluckt. Tragische Umstände kaschieren oftmal Depressionen mit Todesfolge. Ein Unfall ist es auch oft, wenn S-Bahnen oder Züge genutzt werden oder mit dem Wagen gegen einen Baum gefahren wird. Wenn sich jemand erhängt, bekommt er einen hohen Kragen, Pulsadern aufschneiden = weisse Handschuhe. Schweres Schädeltrauma aufgrund eines Sturzes aus 30 meter höhe… ähm… Verzicht auf offene Aufbahrung. Ich denke ein guter Bestatter bekommt fast alles hin (hatte Tom hier ja auch schon geschrieben)
@ Christina (5)
Tja, ich kann natürlich nur über seine Gründe spekulieren, aber ich denke, daß es vielleicht so was wie das Gefühl, persönlich versagt zu haben, gewesen sein könnte. Gerade bei solchen Geschäftsleuten von altem Schrot und Korn dürfte so was vorstellbar sein
@ Ingo (4)
An die Leute, die durch den Selbstmord direkt betroffen sind, denkt wohl kaum einer. In der Situation, in der so jemand sein muß, um Suizid zu begehen, ist das zwar sicher nachvollziehbar, aber das macht es nicht besser. Ich persönlich kenn 2 „Triebfahrzeugführer“ (so heißen Lokführer im Amtsdeutsch), die nach mehreren miterlebten Selbstmorden dienstunfähig sind. Und einer meiner schlimmsten Einsätze im Rettungsdienst war dre, bei dem wir (natürlich vergebens) zu einem Selbstmord kamen, bei dem sich jemand á la Kurt Cobain mit einer Schrotflinte den Schädel weggepustet hatte („natürlich vergebens“, weil da kein Kopf mehr war, an dem man z.B. eine Beatmung hätte durchführen können). An uns vom Rettungsdienst, an die Reinigungskräfte, etc. hat der Betreffende sicher auch nicht gedacht. 🙁
Alexander
Hr. Merckle hätte besser einen anderen Weg zur Selbsttötung gewählt, so fügt er dem Zugfahrer und denen die die Einzelteile aufsamelen müssen ja auch noch leid zu. Er hätte besser ein paar Tabletten geschluckt, er sass ja an der Quelle !!
@ Ingo (4)
Ich glaub nicht, dass sich Herr Merckle um den Lokführer und den Bestatter, der seine Leiche von den Gleisen kratzen darf, grosse Gedanken gemacht hat.
Ich bin heute erst dazu gekommen, auch die gestrige Zeitung mit der Berichterstattung um seinen Tod und das Drumrum zu lesen.
Ehrlich gesagt finde ich es von einem Selfmade-Milliardär nicht nachvollziehbar, nur weil sein Imperium bröckelt, gleich per Suizid die Biege zu machen – auf Hartz IV wäre er ja wohl nicht zurückgefallen?
Eben, Vor-den-Zug-schmeißen zum Zwecke der Selbsttötung ist eine echte Sauerei.
Gäb’s da nicht auch was von Ratiopharm? 😉
@5 Ich denke mal da steckt noch mehr dahinter als nur ein bisschen Bröseln an den Ecken seines Finanzimperiums. Ob man mehr davon erfährt, das wird die Zeit zeigen, aber es muss ja nicht unbedingt wegen des Bröselns sein, es gibt ja genug Ursachen, warum einer oder eine „nicht mehr will“.
Und ja, leider denken Selbstmörder selten an das, was sie mit ihrem Selbstmord anderen Leuten antun. Aber es ist nunmal ziemlich sympthomatisch für viele Selbstmörder in diesen Momenten nur an sich zu denken und das Drummherum auszublenden (sonst würden die meisten ja zu dem Schluß kommen, daß es eben doch irgendwie weiter geht)…
@1:
Du, ich glaube nichtmal, dass das unabsichtliches Übersehen ist. Vermutlich drehen sich viele Fälle eher um absichtliches Wegschauen.
Suizid begeht ja idR. niemand, der mit seinem Leben klarkommt und Halt im Umfeld findet. Vielmehr hatten erschreckend viele Suizidgefährdete in ihren Kinder- und Jugendtagen schwere Probleme in der Familie und/oder dem Umfeld.
Wenn man dann Familien erlebt, die ihr „schwarzes Schaf“ schon zu Lebtagen immer mies behandelt haben, dann wird man auch nach einem Selbstmord kaum ein „wir sind schuld“ ernsthaft in Betracht ziehen, sondern eher etwas in Richtung „der/die war doch schon immer so komisch“.
Man könnte auch auf diesen Fall letztes Jahr verweisen, da gabs doch irgendwo ein Dorf, in dem jahrzehntelang junge Frauen missbraucht und vergewaltigt wurden, in den letzten Jahren haben sich mehrere der Opfer endlich getraut, das anzuzeigen, und was passiert? Die Dorfbewohner grenzen die Opfer aus! Die Täter bleiben in der Dorfgemeinschaft sogar geachtet. Man wird sich denken können, wie solche Leute dann über den Selbstmord eines Opfers geurteilt hätten.
mac
@9
hm, bei der Geschichte mit dem Dorf fällt mir spontan die gute alte Selbstjustiz ein.
Ein Wunder, was man mit einem abgelegenen Keller, einem Seil und ein paar Zahnstochern alles anstellen kann.
na dann sollten schleunigst ne rückrufaktion für antidepressiva der marke ratiopharm gestartet werden!
Einen Selbstmord kaschieren kann sogar sehr notwendig sein — etwa wenn man einem schwerkranken Angehörigen geholfen hat, und sonst Riesenärger mit der Staatsanwaltschaft befürchten muß.
Denn sinnigerweise darf man etwa einen entsprechenden Cocktail anrühren und überreichen, auch dabeibleiben, wenn den jemand trinkt — man muß aber, sobald die Person bewußtlos wird, den Notarzt rufen, weil es könnte ja sein, daß die Person es sich nach Eintritt der Bewußtlosigkeit nochmal anders überlegt hat. (Darum ist dieser Hamburger Ex-Senator ja bei dem Freitod seiner Klientin auch nicht im Zimmer gewesen.)
Habe ich mir damals sehr genau angeschaut, als meine Mutter mit einer äußerst schmerzhaften Krebserkrankung ohne realistische Heilungschance diagnostiziert wurde. Ich danke Gott dafür, daß das reine Theorie blieb.
Und vor-die-Bahn-werfen: Das hat den großen Vorteil, schnell und sicher zu sein, im Gegensatz zu vielen anderen Methoden. Aber selbst da kann man noch an die Leute denken, die hinterher damit zu tun haben, wenn man es denn unbedingt machen muß. Im Dunkeln, nicht vor den letzten Zug, damit eventuell unklar bleibt, welcher Zug es war (beides wegen des Lockführers), Nebenstrecke, und bitte ordentlich auf die Schienen legen, damit es im Idealfall nur zwei Teile wegzuräumen gibt.
Und nicht, wie ich öfters am Rande miterlebt habe, mitten am Tag im Bonner Hauptbahnhof springen, damit es möglichst viele mitbekommen, und man gleich den Schienenverkehr bis nach mindestens Hessen für Stunden richtig stört.
Natürlich denken Menschen, die sich in Suizidabsicht vor den Zug legen nicht an den Lokführer, sondern an sich. Die Weltsicht von Suizidalen verengt sich mit der Zeit immer mehr, so daß diese Menschen zum Schluss nur noch den einen Ausweg sehen. Und ich phantasiere mal, bei Herrn Merckle war der Grund nicht nur sein leicht bröckelndes Imperium!
Und daß der Weg vor den Zug der sicherste ist, ist auch mehr als Theorie. Da gibts leckere Geschichten, daß man dann ohne Beine weiterlebt…
Da ich im Rahmen der Notfallseelsorge auch Lokführerinnen und Lokführer betreue, kann ich nur sagen, daß diese Menschen machnmal so sehr traumatisiert durch einen solchen Vorfall sind, daß sie nicht mehr in ihrem Beruf weiterarbeiten können!
Sehr schrecklich ist es auch, wenn Menschen einen Verstorbenen finden, der sich das Leben genommen haben. Das sind Bilder, die brennen sich einfach ein!
Daher habe ich bei allem Mitgfühl und auch Respekt vor den Menschen, die sich das Leben nehmen, auch immer eine gehörige Portion Wut auf sie.
@12 Das ist die dümmste Selbstmordtheorie seit langem. Im Dunkeln vor den Zug schmeißen, damit der Lokführer es nicht merkt… Erstens haben Züge Licht, analog zu Autos und zweitens gibt das einen gewaltigen Schlag, wenn der Zug die Knochen und den Körper zerteilt. Irgendwo in diesem Blog hier gab es mal einen Eintrag über Selbstmörder und einer der User hat einen Link zu einem Bericht eingebracht, in dem der Zugführer recht einprägsam davon berichtete, wie es sich anfühlt, wenn mehrere Tonnen Stahl einen Menschen in voller Fahrt treffen und in einen matschigen mehrteiligen Brei verwandeln…
Selbiges gilt übrigens auch für die „Rettungskräfte“, die die Reste vom Zug und der „Unfallstelle“ entfernen „dürfen“. Nur zu schade daß man diese Selbstmörder dann nicht mehr zur Verantwortung ziehen kann, für den Mist den sie damit anrichten.
Es ist durchaus auch schon vorgekommen, daß große Tiere und auch Selbstmörder überfahren wurden, ohne daß der Zugführer es gemerkt hat, nur zur Info.
Außerdem sage ich nicht, daß es eine gute Idee ist — ich sage, selbst wenn man diese doofe Idee hat, kann man noch Rücksicht nehmen. Und nein, damit kann man den miesen Effekt auf andere nicht auf Null drücken, aber vielleicht wenigstens etwas mindern.
Apropos Rücksicht: Es gibt durchaus Selbstmörder, man lese einschlägige Berichte, die noch Rücksicht auf diejenigen nehmen, die sie finden — ein Selbstmörder mag keinen Weg für sich mehr außer dem Selbstmord sehen, aber deswegen muß er nicht nichts anders mehr sehen.
Ich hatte einen Selbstmordversuch in der allernächsten Verwandtschaft, da wurden noch Plastiktüten unter die aufgeschnittenen Pulsadern gelegt, damit das Bett nicht versaut würde. Leute, die sich vergasen, haben schon Warnschilder an oder gleich hinter die Türe gehängt, damit Leute, die die öffnen, nicht aus Versehen mit vergast werden, usw. Das gibt es halt auch.
stünde ich vor der Entscheidung, meinem Leben ein Ende zu setzen würde ich
mich vergiften. Sauber, ohne große schweinerei und es kommen keine Unbeteiligten zu Schaden.
Dabei ist das mit dem Vergiften auch nicht so einfach. Entweder ist das verdammt qualvoll oder es funktioniert nicht.
Meistens bedarf es mehr Kraftaufwand, etwas an seinem Leben zu ändern bzw. mit professioneller Hilfe anzugehen, als sich das Leben zu nehmen und der Umwelt mehr Leid zuzufügen, als man selbst erdulden muss.
Ich meinte natürlich: „Meistens bedarf es WENIGER Kraftaufwand, etwas an seinem Leben zu ändern bzw. mit professioneller Hilfe anzugehen, als sich das Leben zu nehmen und der Umwelt mehr Leid zuzufügen, als man selbst erdulden muss.“
Mein Mann hat sich im März 2008 vor einen ICE gelegt, gesetzt, gekniet, was auch immer. Es lässt sich im Nachhinein nicht feststellen, wie. Der Lokführer hatte nur einen Schlag gespürt und das dann der Leitstelle gemeldet. Erst der langsam fahrende Gegenzug hat gesehen, was da lag. Und da lag nicht mehr viel. Wie der ermittelnde Kripo-Beamte ganz offen erzählte, sind solche Suizide im Winter am erfolgreichsten. Da der Betroffene viel Kleidung anhat, die sich in der Lok verfängt. Der Körper wird dann entsprechend lange mitgeschleift. Es ist dann nur noch eine Identifizierung durch DNA-Test möglich.
Wie der Bestatter uns sagte, hat er die Überreste dorthin in den Sarg gelegt, wo sie gewesen wären, wenn er „normal“ gestorben wäre.
Als Hinterbliebene habe ich die Rechnung der Therapie des Zugführers bekommen. Ich habe tiefes Mitleid mit diesem Mann.
Ich selbst musste in eine mehrwöchige Reha, da ich mit der Tat meines Mannes nicht klar gekommen bin.
Nein, jemand, der Suizid begeht, macht sich keine Gedanken darüber, was er seinen Angehörigen und sonstigen Personen antut. Aber das ist ihm in dieser Situation auch völlig gleichgültig. Er will nur, dass das, was er fühlt – oder auch nicht mehr fühlt – endlich aufhört.
Es gibt auch die legale Form des Suicides, bei dem die Leute mit viel Lob und Ansehen bedacht werden.
Man muß sich doch nur absichtlich kaputtarbeiten, dazu Kettenrauchen und auf Schlaf verzichten, um dann am besten unbeobachtet an einem Herzinfarkt sterben.
@MacKaber: Legal ist das schon, dauert aber ein paar Jährchen… Die meisten Leute wollen aber nicht so lange warten 😉
Nun ist Selbstmord ja auch nicht unbedingt gleich Selbstmord — ein Bilanz-Selbstmord (wie hier vermutlich) oder ein depressiver sind eine andere Sache als einer wegen unheilbarer Krankheit (und ja, man kann nicht jede Krankheit, nichtmal Schmerzen, erfolgreich palliativ behandeln).
Mein persönlicher Favorit sind allerdings Droh-Selbstmordversuche. (OK, die macht keiner am Gleis.) Besonders gefürchtet die Variante, daß sich die Verwandten (oder wer auch immer erpresst werden soll) grade soweit abgenabelt haben, daß sie sich nicht mehr erpressen lassen — und dann geht der nächste Versuch leider (nicht) schief.
Oh, und @MacKaber, Suizid ist nicht illegal, auch die Beihilfe nicht. Unterlassene HIlfeleistung (siehe oben) schon, aber das betrifft den Selbstmörder naturgemäß nicht.
@14: Niemand bringt sich zum Spaß selbst um. Hier überhaupt eine Forderung anzubringen, diese Menschen zu bestrafen, wäre das nicht durch die geschaffenen Umstände unmöglich, finde ich ziemlich pervers. Ein Suizid ist immer nur ein (oder vielleicht das unumkehrbarste) Syndrom von Problemen, die in meinen Augen der/die Betroffene in den allermeisten Fällen nicht zu verantworten hat.
Um mal deutlich zu reden: Die Leute, die sich vor nen Zug werfen, das sind keine 70jährigen mit diagnostiziertem Krebs und höchstens noch 6 Monaten schmerzgeplagtem Zugrundegehen. In solchen Situationen findet man andere Möglichkeiten und Wege, diesem Dahinsiechen zu entgehen.
Man ist dann in einer ganz anderen Situation als jemand, der sich vor den nächsten Zug schmeißt. Man hat normalerweise Tage, Wochen, Monate, Jahre, um sich zu überlegen, ob und wie man sich selbst ein Ende setzen möchte. Es baut sich kein „Druck“ auf, wie man ihn bei etwa Depressiven findet, die keinen Ausweg mehr sehen.
Und genau daraus kann man auch schließen, wer sich in erster Linie vor Züge wirft: Menschen, die durch verschiedene mögliche Umstände nicht mehr in der Lage sehen, ihr Leben noch irgendwie zu meistern und einfach nur noch daraus hinauswollen. Oft junge Menschen. Und in eine solche Situation kommt man nicht einfach so und ich behaupte mal auch nur in den seltensten Fällen durch selbstverschulden.
Tatsächlich sind solche Fälle oft Menschen, die sprichwörtlich durch die Hölle gegangen sind. Vergewaltigungs- und Missbrauchsopfer, Mobbingopfer, Gewaltopfer, Menschen, die aus sonstigen Gründen massivst unter ihrem Umfeld gelitten haben und nicht entfliehen konnten, und manchmal wohl auch Menschen, die durch äußere Umstände alles (oder zu viel) verloren haben. Klingt makaber, aber was würde der Familienvater aus der „Zwei“-Story tun, wenn seine beiden jüngsten nicht wären?
Aus meinem Umfeld kenne ich mehrere Menschen, die in ihrer Kindheit einfach die Hölle durchgemacht haben. Kinder, die von kleinauf an von ihren Eltern für Lapalien und aus Launen heraus geprügelt wurden und für deren Probleme verantwortlich gemacht wurden. Kinder, die für ihr „Anderssein“ in der Schule gemobbt, beleidigt, ausgegrenzt und verprügelt wurden. Kinder, bei denen ein Bekannter oder Verwandter der Eltern nicht nur ein „lieber Onkel“ war.
Und solche Fälle sind beileibe keine totale Ausnahme.
Und jene, die sich wegen solchen Lebensgängen dann ihr junges Leben nehmen sind womöglich eben die, die nicht rechtzeitig noch irgendwie Hilfe/Rettung gefunden haben oder unter dem Druck zusammengebrochen sind.
Und so jemandem Vorwürfe machen? Dazu muss man schon sehr engstirnig sein. Es gibt nach solchen Tragödien meist einige Menschen, denen man immense Vorwürfe machen kann. Die Suizidenten gehören eindeutig nicht dazu.
just my two cents
mac
Ohne die von dir geschilderten Tragödien in Abrede stellen zu wollen — wo in deiner Aufzählung packst du den Herrn Merckle denn rein?
Und welche „anderen Möglichkeiten“ haben 70-jährige Schmerzpatienten, die diejenigen, die vor den Zug springen, nicht haben? (Immer mal vorausgesetzt, was ich für ein dummes Gerücht halte, daß Schmerzpatienten nicht vor den Zug springen.) Falls du an Medikamente denkst: Nein, soviel bekommt man im Allgemeinen grade nicht verschrieben, daß das für einen Abgang reichen würde. Von den anderen Problemen mit Medikamenten mal ganz abgesehen … da ist meist eh nix mit „friedlich einschlafen“.
Und das mit dem „keinen Druck“ und „in Ruhe überlegen können“ ist wohl auch ein kleiner Scherz, wie? Oder kennst du nur schlicht keine Schmerzpatienten?
@18
„Entweder ist das verdammt qualvoll oder es funktioniert nicht.“
es kommt sicher ganz auf die Substanz an, für welches man sich entscheidet und
die Art der Verabreichung.
Gerade habe ich zu dem Thema Suizid und „Vor den Zug werfen“ einen interessanten Artikel gefunden: [url]http://www.welt.de/wirtschaft/article2986409/Merckles-Selbstmord-ist-typisch-fuer-einen-Mann.html[/url]
@23 Oh mir geht es mitnichten darum Leute bestrafen weil sie ihren Qualen ein Ende machen wollen, worin diese auch immer bestehen. Wer denkt, daß er sich selbst das Leben nehmen muss, wird dafür schon seine Gründe haben und kann das auch gerne tun (sinnvollerweise mit vorhergehender Problemberatung) und ich bin auch durchaus damit einverstanden, eine aktive Sterbehilfe zu erlauben, solange diese mit begleitenden Beratungen und Betreuungen bezüglich der Lebensrettung einhergeht (psychologische Betreuung, Problemlösungstrategien usw. usf.).
Worum es mir geht ist, dass es keinem Menschen erlaubt ist, das Leben anderer zu zerstören und nicht anderes ist in meinen Augen der Selbstmord an einem öffentlich zugänglichem Platz, wie Autobahn, Zugstrecke, vom Haus springen oder auch das Pulsadern aufschneiden im heimischen Bett. Wer seinen Verwandten und wildfremden Menschen zumuten will, seine Leichenteile von der Straße aufzusammeln, die Blut- und Körperreste vom Zug zu wischen zu müssen, den zerschmetterten Körper vom Fußweg oder den Blutsee samt Plastikfolie auf dem Bett entfernen zu müssen, ruiniert eben einfach das Leben anderer Menschen und da hört bei mir das Verständnis eben einfach auf.
Mein Standpunkt ist:
Wer einfach nur sterben will zieht sich zurück und tut es, so wie ein Lehrer von mir, der sich (vermutlich wegen unheilbarer Krebserkrankung) erhängt hat.
Wer sich vor den Zug schmeißt will andere auf sich und sein Unglück, in welcher Form auch immer, aufmerksam machen und das um den Preis, dass Menschen dafür bezahlen müssen die keinerlei Schuld an der Sache haben.
Tragisch ist beides, aber nur eins davon verständlich.
@24:
Merckle würde ich am ehesten als einen kuriosen Fall von Berufsversagen einordnen. Also ggf. Selbstverschulden, falls er sich zu blöd verspekuliert hat, oder z.T. Fremdverschulden, weil er durch die Börsenentwicklung mit in den Abgrund gezogen wurde.
Ich kenne den Mann ja nicht, aber womöglich war er einer dieser Workoholics, die den Job zu ihrem zentralen Lebensinhalt erklärt haben und dementsprechend schwer mit Jobproblemen zu kämpfen haben. Es gab doch einen Abschiedsbrief von Merckle, wurde der schon veröffentlicht? Womöglich hat er sich ja in der Erwartung aufs Gleis geworfen, dass seine Firma nicht mehr zu retten ist? Aber das sind jetzt nur Spekulationen.
Andere Möglichkeiten? Da gibt es viele. Es wurden ja schon Ideen in Richtung „Giftcocktails“ weiter oben aufgeführt. Eine andere Methode wäre, in ein Land zu fahren, in dem Sterbehilfe legal ist.
Allgemein würde ich sagen, dass jemand, der Monate oder Jahre hat, um sich sowas gewissermaßen ‚in aller Ruhe‘ überlegen zu können, dann keine Kurzschlussreaktion haben wird und sich den nächsten flotten ICE auserwählt.
Ausnahmen gibts immer, vielleicht wenn jemand so naiv ist und die Idee mit dem Zug für ganz chillig und unproblematisch hält, aber das wird eher selten der Fall sein. Ist doch alle paar Wochen wieder in den Nachrichten, sowas.
Was du zu Medikamenten sagst: Niemand, der sich damit beschäftigt hat, würde verschreibungspflichtige Medikamente für Suizid nutzen ;D Genau aus deiner Begründung heraus.
Man holt sich in der Apotheke die XL-Packung Schlaftabletten oder sonstwas (klappt natürlich nicht mit allen Medis, aber wie gesagt – Wer genug Zeit hat, der findet das richtige) und die Überdosis macht erhoffterweise den Rest.
Nebenbei, man muss auch garnichts schlucken, es gibt (Krimi Ahoi!) auch die galante Methode, sich was zu spritzen. Das muss auch nicht der goldene Schuss aufm Bahnhofsklo sein.
Mit friedlich einschlafen kann man allerdings echt nicht rechnen 😉
Das mit dem „kein Druck“ bezieht sich ja nicht nur auf Schmerzpatienten. Nicht jede lebensbeendende Erkrankung im Alter bringt horrende Schmerzen mit sich. Die Schmerzpatienten, die selbst mit starken Schmerzmitteln dann nicht mehr auskommen, sind dann natürlich nicht in die Gruppe der „Druckfreien“ einzuordnen.
@27: Ein sehr ideeller Standpunkt finde ich. Im Ideal schont jeder jeden, aber bevor man das bei einem Suizidkandidaten einfordern kann müssten die Menschen erstmal im Alltag die nötige Rücksicht nehmen. Das fängt schon bei zig Leuten an, die ihre Laune an Mitarbeitern/Untergebenen ablassen. Das sind zwar kleinere Maßstäbe, aber wieso sollte man eine Grenze setzen dürfen?
@macabre
*Kopfschüttel* So genau hast du dich nicht wirklich damit befasst, oder? Sonst wüßtest du, daß so dem einen oder anderen „Giftcocktail“ der Sprung vor den Zug aber mit Sicherheit vorzuziehen ist (jedenfalls für einen selber). Um genau zu sein, das gilt für die allermeisten. So verreckt man bei der beliebtestes rezeptfreien Methode ein paar Tage an einer Leber, die sich langsam zersetzt. Na danke auch.
Und mal eben in ein Land fahren, wo Sterbehilfe legal ist? Wie naiv bist du denn? Da kannst du doch nicht mal eben hinfahren und beim nächsten Arzt an die Türe klopfen. Von der Tatsache, daß lange Reisen nun nicht mehr jedem Schmerzpatienten möglich sind (die übrigens ja nun auch nicht alt sein müssen), und Geld kosten, mal abgesehen; beides durchaus auch ein Problem.
Und nebenbei, man hat als Schmerzpatient durchaus nicht unbedingt „Jahre und Monate“ um drüber nachzudenken. Schmerzen können durchaus auch erst unerträglich werden, und wenn dann die Prognose sowas wie „Wochen, vielleicht ein paar Monate“ ist, kann das durchaus ein relativ schneller Entschluß sein. Zumal die Diagnose sich ja ändern kann — von einem „vermutlich eingeklemmter Nerv“ zu metastasierter Krebs etwa, so selber miterlebt. Und da hält man bei ersterer noch einiges aus, weil man meint, es würde besser, und denkt dann erst um, wenn zweitere kommt. Nur so, als eine Möglichkeit.
Aber zurück zu Merckle: Klassischer Bilanzselbstmord, scheint es, und das sind genau die, wo man durchaus grade nicht unter so einem Druck ist, daß man nicht mehr drüber nachdenken kann, was man anderen Leuten damit antut. Nicht wirklich das gleiche wie Depressionen aufgrund von Mißbrauch o.ä.
Wobei, umgekehrt, durchaus auch letztere Fälle beim Selbstmord an andere Menschen denken können und oft auch tun.
Du machst es dir etwas einfach, würde ich sagen.
[quote]Zwar sind das “mehr Menschen [die] durch Selbstmord [sterben] als durch Verkehrsunfälle, Drogen und Gewaltverbrechen zusammen”[/quote]
So ein Blödsinn, „aktuelle Analysen zu alkoholbezogenen Gesundheitsstörungen und Todesfällen gehen von jährlich 73 714 Todesfällen durch Alkoholkonsum allein oder durch den Konsum von Tabak und Alkohol bedingt (74 %) aus“, sagt zumindest die [url=http://www.dhs.de/web/datenfakten/alkohol.php]DHS[/url]. Andererseits sollte man keiner Statistik vertrauen, die man nicht selbst gefälscht hat.
@29:
Es gibt durchaus genug frei erhältliche Mittel, die in Überdosen tödlich sind.
Ich bin einfach zu faul, da jetzt ausgiebig zu suchen, darum nur ein schöner Link auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Acetylsalicylsäure#Toxizität
Und Aspirin ist nur eines der vielen Beispiele.
Man muss auch mal wissen, wovon man hier redet. Würde man präventiv jegliche Medikamente unter Rezept stellen, die bei massiver Überdosierung tödlich sein könnten, dann würdest ohne Rezept grade noch Traubenzucker bekommen..
Dazu gibts noch nen Wikiartikel: http://de.wikipedia.org/wiki/OTC-Arzneimittel
Wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Es gibt mehr als ein paar rezeptfreie Medikamente, die extrem überdosiert und nicht rechtzeitig entdeckt problemlos zum Tod führen können. Wie angenehm sich das ganze gestaltet hängt von dem/den jeweiligen Mittel/n ab.
Zumal man sich garnichtmal auf Medikamente beschränken muss, es gibt in der Industrie und Technik diverse heikle Stoffe.
Und zumindest dieses Teilgebiet hake ich damit auch ab, imo ist das nötige gesagt und hier muss keine Diskussion darüber enstehen, wie oder mit welchen Mitteln man sich am besten über den Jordan befördert.
Man fährt nicht „mal eben“ in ein Land mit legaler Sterbehilfe. Ich verbitte mir, dass du mir derartigen Quatsch in den Mund legst (findest du keine richtigen Punkte, gegen die man was sagen kann, oder wozu machst du das?). Wenn, ich betone, _wenn_ man reichlich Zeit hat, sich das ganze zu überlegen, dann kommt auch eine Reise mit derart geartetem Ziel in Betracht.
Ich weiss ebensowenig, wie du immer auf Schmerzpatienten kommst. Ich hatte schon im letzten Post klargestellt, dass diese je nach Fall nicht in die Gruppe der „Drucklosen“ eingeordnet werden können.
Über die Kosten einer aktiven Sterbehilfe (etwa in der Schweiz) weiss ich nichts, ggf. kann da ja Tom etwas aufklären?
Deine weiteren Ausführungen über Schmerzpatienten spare ich mir, dazu steht hier schon genug.
Zum Herrn Merckle: Ich maße mir zumindest nicht an, dass alle Menschen so denken wie ich. Wenn Merckle tatsächlich ein 1A Workaholic war, dann ist für ihn schlicht und einfach das wichtigste in seiner Welt (sein Lebenswerk) zusammengebrochen. Und Menschen, denen so etwas geschieht, haben normalerweise nicht die Ruhe weg und überlegen rational vor sich hin, was sie denn nun am besten und sinnvollsten tun könnten.
Ich denke, dass du es dir hier zu einfach machst. Ich sagte ebensowenig, dass Suizidenten nicht an andere denken *können*, ich sagte lediglich, dass ich von jemandem mit diesem Schicksal idR. nicht erwarten würde, dass er oder sie dann noch in der Lage ist, umsichtig und vorausschauend zu handeln.
@macabre, irgendwie scheint es mir ratsam, daß du die Debatte nochmal liest. Ich lege dir nix in den Mund, und wie ich auf was kam, habe ich eigentlich dargelegt, als ich es sagte. Aber extra nochmal für dich:
Es geht in Toms Posting um Selbstmord im Allgemeinen, wegen des aktuellen Falls Merckle. Einige Leute sprachen darüber, wie extrem fies der Selbstmord für völlig Unbeteiligte sein kann, wie etwa Lokführer. (Für Beteiligte sowieso.) Und welche Überlegungen Selbstmörder anstellen (können), oder eben nicht anstellen.
Daraufhin meintest du, Posting 23, 09.01.09 um 02:38, daß diejenigen, die sich vor den Zug werfen würden, ja sowieso immer ganz arme Schweine wären, während, Zitat: „Die Leute, die sich vor nen Zug werfen, das sind keine 70jährigen mit diagnostiziertem Krebs und höchstens noch 6 Monaten schmerzgeplagtem Zugrundegehen. In solchen Situationen findet man andere Möglichkeiten und Wege, diesem Dahinsiechen zu entgehen.“ Mit den Schmerzpatienten hast [i]du[/i] also angefangen.
Ich habe allerdings daraufhin darauf verweisen, daß das eine sehr simplifizierende Einteilung wäre; und daß das mit den „anderen Möglichkeiten und Wegen“ so einfach nun auch nicht sei. Und welche du denn da im Kopf gehabt hättest. Daraufhin antwortestet du mit „Giftcocktail“ und “ Eine andere Methode wäre, in ein Land zu fahren, in dem Sterbehilfe legal ist.“. Und auch da habe ich dir gesagt, daß das nicht eben gut informiert ist, was du da erzählst, und das auch erläutert.
Und jetzt meinst du mich informieren zu müssen, daß es aber ganz viele Sachen gibt, die giftig sind. Toll. Ist selbst Kochsalz in entsprechender Dosis. Aber wir redeten von gut überlegten Möglichkeiten und Wegen als [i]bessere[/i] Alternative zum Sprung vor den Zug. Und da sind deine Hinweise ziemlich sinnfrei, weil das da mit „besser“ = „schnell, sicher, nicht zu unangenehm“ etwas schwierig wird. Auch bei deinen „Giftcocktails“.
Und dazu pfeifst du mich an, ich hätte dir nicht respektvoll oder so genug geantwortet. Ja sorry, wer Quark erzählt, muß damit rechnen, daß die Antwort schonmal schnell und scharf ausfällt. Und „in ein Land zu fahren, in dem Sterbehilfe legal ist“ ist so formuliert Quark. Als nicht dort wohnhafte Person ist man üblicherweise zur Inanspruchnahme von Sterbehilfeorganisationen gezwungen, und wie so ein selbsternannter Selbstmordexperte wie du wissen sollte, dauert das Wochen, manchmal Monate, und kostet einige Tausender. Beides unter Umständen unüberwindbare Hürden. (Und nur um im Zweifelsfalle auf einem Parkplatz an Zyankali zu verrecken. Also, da gibt es bessere Lösungen.)
Wir können das Thema gerne weiterdiskutieren. Aber dann moser nicht rum, daß Leute auf deine Aussagen eingehen, und laß die persönlichen Angriffe. Ansonsten wäre es wohl besser, die Debatte zu beenden.