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Tasse Kaffee gefällig?

Vertreter kommen ja alle paar Tage, doch nur die wenigsten kommen bis zu mir durch. Als ich noch ein junger Unternehmer war, habe ich mich mit fast jedem Vertreter unterhalten, irgendwie hatte ich das Gefühl, ich sei wichtig, weil die ja nur mit dem Chef verhandeln wollen. Doch bald schon merkte ich, daß die wirklich nur mein Bestes wollen, nämlich mein Geld.
Die wenigsten Vertreter haben überhaupt irgendetwas anzubieten, was für unser Gewerbe in irgendeiner Form geeignet ist. Unsere Branche ist halt doch ziemlich speziell.

Wir haben mehrere Kaffeeautomaten. Als alter Kaffeetrinker ist es mir wichtig, daß ich immer mal wieder meinen „Input“ bekomme, dabei macht es mir übrigens nichts aus, auch den coffeinfreien Kaffee zu trinken, den unsere Damen im Büro in ihre Maschine eingefüllt haben. Mir kommt es hauptsächlich auf den Geschmack und weniger auf das Coffein an.

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Für den Bereich, in dem wir unsere Kunden bewirten, bin ich schon länger auf der Suche nach einer anderen Maschine. Der Automat da ist einfach zu langsam, wenn man da mal eine ganze Familie sitzen hat und jeder will Kaffee, dann dauert das zu lange.

Da kam mir der heutige Vertreter ganz recht.

„Sie haben Glück, daß ich heute zu Ihnen komme! Ich möchte Ihnen nämlich etwas schenken.“

Das hört sich ja schon mal gut an, ich bekomme gerne etwas geschenkt 🙂
Deshalb frage ich: „Und was möchten Sie mir schenken?“

Statt einer Antwort breitet der Mann im etwas zu sommerlich hellen Anzug mit der gelbgrünen Krawatte ein Faltblatt aus, dreht es so herum, daß ich es sehen kann und tippt stolz auf ein Foto.

Ich schaue und sehe, daß es eine mördergroße edelstahlgeile Maschine ist, mit wahnsinnig vielen Lämpchen und Hebeln. Wenn es irgendetwas gibt, was Männer schwach macht, dann sind es Leuchtdioden, Schalter und Knöpfe. Würden Frauen das wissen, trügen sie Kleidung mit LEDs und hätten einen elektrisch öffnenden Reißverschluß.

„Das ist der VX 2100, unser Spitzenmodell!“

„Aha, und den wollen Sie mir schenken?“

„Sicher doch. Was Schulze sagt, das ist Vertrag! Gratis, kostenlos, umsonst, kostet Sie keinen müden Euro.“

„Und das soll ich Ihnen jetzt glauben?“

„Im Rahmen einer internationalen Versuchsreihe haben wir für ausgewählte Unternehmen einige wenige Testgeräte, die keinen Cent kosten. In jeder größeren Stadt kann nur ein Unternehmen in den Genuss dieser Werbeaktion kommen.“

„Toll, da bedanke ich mich ganz herzlich, stellen Sie den Kasten da drüben hin.“

„Den habe ich natürlich jetzt nicht dabei. Unsere Geräte kommen direkt aus Italien, das dauert so 10 bis 14 Tage.“

„Prima, dann stellen Sie ihn in 10 bis 14 Tagen da drüben hin.“

Womit er wohl nicht gerechnet hat ist, daß ich aufstehe, überschwenglich seine Hand schüttele, nochmals „Danke“ hauche und zur Tür gehe und ihm diese aufhalte.
Was wird so eine Kiste kosten? 2.000 Euro? Vielleicht sogar 3.000? Für wie blöd hält der mich, daß ich glaube, die würden uns so eine Maschine schenken?

„Moment! Wir müssen doch noch den Auftrag fertigmachen“, protestiert Herr Schulze.

„Was für einen Auftrag? Ich denke Sie schenken mir den Apparat.“

„Das machen wir doch auch. Sie wissen doch, was Schulze sagt, das ist Vertrag!“

Er zückt einen Auftragsblock, schreibt so allerhand während ich mich wieder setze und seinem Treiben amüsiert zuschaue.

„So, jetzt muß ich nur noch wissen, welchen Kaffee wir liefern dürfen und wieviele Tassen hier im Monat getrunken werden.“

Er legt mir einen anderen Prospekt hin, in dem allerlei Kaffeesorten angeboten werden. Ich entscheide mich für einen fair gehandelten Zirbeldrüsenkaffee aus Nicaragua, der garantiert nur von freilaufenden Indios in Bodenhaltung gepflückt wird, oder so.

Er notiert, rechnet, notiert wieder und verkündet dann: „Das wären dann 47 Cent pro Tasse, bei einer Jahresmindestabnahme von 10.000 Tassen. Laufzeit zwei Jahre.“

Ich rechne kurz und komme auf fast 10.000 Euro in zwei Jahren. Da können die mir ja locker einen Automaten für vielleicht 3.000 Euro schenken.

Für 10.000 Euro kann ich mir den Kaffee aber vermutlich auch vom Sarotti-Mohr persönlich aus Ghana holen lassen.

Da bleiben wir dann doch vorerst bei unseren Maschinen und ich suche in Ruhe mal weiter nach einer etwas schnelleren.

Herr Schulz darf zusammenpacken und seinen Zirbeldrüsenkaffee selbst genießen. „Gehen Sie mal nach schräg gegenüber, die Kollegen dort haben eventuell einen höheren Bedarf als wir.“

Bild: Jules bei pixe lio.de

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#gefällig? #kaffee #tasse

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