Branche/Kommune

Theater in Regensburg wegen Pappsarg

Regensburger Krematorium lehnt Leiche ab – weil sie im Pappsarg kam!
Matthias Röder hat eine super Idee, die sogar TÜV-geprüft ist – Tote in Pappe weist die Stadt ab.
Das Regensburger Krematorium hat die von einem Bestatter aus Neumarkt angelieferte Leiche eines Mannes abgelehnt, weil dieser in einem Pappsarg eingeäschert werden wollte. Erfunden hat die Särge ausgerechnet ein Regensburger. Ein Argument gegen sie: Sie liefern beim Einäschern zu wenig Energie!

Boah! Sogar mit Ausrufezeichen! Der liefert zu wenig Energie! Und das ist ganz, ganz schlimm, denn das „Wochenblatt“ aus dem der Artikel stammt, weiß auch noch:

Zudem dienen Holzsärge im Krematorium als Energielieferant – mit den Verbrennungen wird Strom erzeugt.

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Da hat der Autor zwar hingehört, aber nicht richtig verstanden.

Ja, die Frage der Energie, die ein Sarg liefert, ist von Bedeutung. Und ja, mit der bei der Verbrennung erzeugten Energie kann man heizen, Strom erzeugen und sonst noch alle Dinge machen, die sich mit einer Hitzequelle physikalisch machen lassen. Nur hat das eine mir dem anderen nichts zu tun.

Die Frage, wieviel Energie ein Sarg liefert, spielte natürlich eine Rolle, wenn es bei der erzeugten Energie um ein Geschäft ginge. Aber mit der schlechten Energiebilanz der Pappkartons ist etwas andere gemeint:

Bedeutend ist der Brennwert des Sarges aber deshalb, weil man in einem Krematorium den Sarg nicht in ein offenes Feuer schiebt, sondern in einen hoch vorerhitzten Ofen, in dem der Sarg dann aufgrund der großen Hitze sofort Feuer fängt. Zumindest der erste Teil der Einäscherung funktioniert also innerhalb dieses ausgeklügelten Systems nur, wenn der Sarg auch aus genügend brennbarem Material besteht.
Und genau deshalb lehnen viele Krematorien die Pappsärge ab. Die Pappe verbrennt so schnell, daß nicht genügend Dauerhitze entsteht, um auch den Körper darin ordentlich zu verbrennen.
Die „Abfallwärme“ spielt hierbei überhaupt gar keine Rolle.

Aber das geht noch weiter. Nicht nur der entgangene „Gewinn“ aus der fehlenden Energielieferung ist es, sondern auch das Geld; die beutelschneidenden Bestatter:

Bei den Regensburger Bestattern stieß Röders Idee mit den Pappsärgen ohnehin auf wenig Resonanz. Kein Wunder, bei einem Sarg für 500 Euro macht man weniger Gewinn als bei einem Sarg für 5.000 Euro. Doch ein Bestatter aus Neumarkt „erkannte den Hintergrund, dass es einfach auch Menschen gibt mit wenig Geld, die froh um die Idee sind“, sagt Unternehmer Röder heute.

Also kostet der Pappsarg 500 Euro? Wow, ein Haufen Geld für einen Pappkarton!
Und Bestatter, die Särge für 5.000 Euro ihren Kunden für eine Einäscherung verkaufen, gibt es die wirklich noch?
Ich bin viel in der Branche unterwegs und ich sehe in allen Bestattungshäusern Einäscherungssärge, in wunderbarer Holzausführung, toller Optik und mit allem Drum und Dran schon ab 500 €.
Manchmal kosten sie 750 € und in seltenen Fällen sah ich schon mal recht unverschämte 1.299 € für eine solche „Polenpalme“.
Aber 5.000 €?
Das ist ein Vergleich, der nicht zieht. Wirklich nicht.
Für 5.000 € bekommt man fast überall einen großen, stabilen Eichensarg für Erdbestattungen. Hier werden Birnen mit Äpfeln verglichen, glaube ich.

Jedenfalls braucht man für arme Leute keinen Pappsarg, wirklich nicht.

Pappsärge haben Vorteile! Sie sind sehr gut zu lagern, haben ein geringes Eigengewicht und … Ja und… Irgendwie fällt mir kaum mehr an Vorteilen ein.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob nicht ausgerechnet die Herstellung von Papier und Pappe außerordentlich viel Holz, Energie und Wasser benötigt und bin fast der Auffassung, daß sich das allein aus dem Blickwinkel des Umweltschutzes nicht rechnet.

Aber auch hier weiß das Wochenblatt etwas, bringt es aber nicht richtig auf den Punkt, wie ich meine:

Dabei belegt das TÜV-Gutachten, das dem Wochenblatt vorliegt, eindeutig, dass die Särge bei der Verbrennung die Grenze von 50 Milligramm pro Kubikmeter CO2 längst nicht überschreiten.
Helmut Dutz … Chef des Regensburger Krematoriums: „Wir bleiben bei dem Standpunkt, dass wir die Pappsärge in unserem Krematorium auch aus technischen Gründen nicht einäschern“. (…) In einem Schreiben der Stadt an den Unternehmer heißt es zwar, „mit einem mittleren Messwert von 20 Milligramm pro Kubikmeter CO wird der Grenzwert der Bundesimmissionsschutzverordnung zwar eingehalten, der Wert liegt jedoch deutlich über den in unserem Krematorium üblichen Durchschnittswert von ca acht Milligramm je Kubikmeter.“ Das heißt zu Deutsch: Die Särge erfüllen zwar die gesetzlichen Vorlagen, nicht aber die Umweltvorgaben, die sich das Krematorium Regensburg selbst setzte.

Das bedeutet mit anderen Worten: Das ausgeklügelte System von Ofen, Heizung, Energie und Filtern und Abgasen funktioniert so gut, daß bei der Verbrennung gewöhnlicher Särge nur 8 Milligramm CO2 pro Kubikmeter Abluft anfallen, bei einem Pappsarg aber, laut „TÜV-Gutachten, das dem Wochenblatt vorliegt“, 20 Milligramm anfallen, also mehr als das Doppelte.
Man zielt in der Argumentation darauf ab, daß de facto bis zu 50 Milligramm zulässig sind, aber warum sollte man eine bereits realisierte Übererfüllung der Norm und eine jetzt schon absolut „saubere“ Geschichte durch die Zulassung von Pappsärgen in Frage stellen?

Wenn aber nun der Kostenfaktor nicht zieht und wenn der Zusammenhang zwischen Stromerzeugung und Sargmaterial kein solcher ist, und wenn dann auch noch die Umweltfrage zu Ungunsten des Pappsarges ausgeht, was bleibt denn dann bitteschön als Argument für den Pappsarg?

Da hilft auch nicht der schielende Blick über den großen Teich, wenn immer gesagt wird: In Amerika verbrennen die alle Verstorbenen im Pappsarg.

Ja, das ist so, zumindest in vielen Fällen. Aber erstens verwenden die Amerikaner auch in den meisten Fällen Metallsärge, die sich nunmal zum Einäschern gar nicht eignen, und zum anderen sind die US-Amerikaner für ihre Besorgnis um das Klima und ihren schonenden Umgang mit den Ressourcen weltweit bekannt…

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(©si)