Geschichten

Tod in Norwegen

orgel

Sowas nimmt mich dann schon ziemlich mit. 18 Jahre sind sie alt und wollten ihr bestandenes Abitur mit einer Reise durch Norwegen feiern. Klaus und Jennifer wollten eigentlich viel lieber nach Kanada, aber das wäre viel zu teuer geworden und nach Klaus‘ Meinung ist Norwegen noch am Ähnlichsten.

Ringe hatte er gekauft, um Jennifer auf dem Höhepunkt der Reise am Nordkap einen Antrag machen zu können. Heute saß er mit diesen Ringen in einem kleinen Etui vor mir, sein Vater neben ihm, und berichtete mir unter Tränen, daß Jennifer in Norwegen bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Auch Jennifers Vater ist gekommen, sein Gesicht wirkt wie versteinert, das Zittern seiner Hände verrät die innere Anspannung. Klaus kam auf Krücken, sein linkes Bein ist geschient und er trägt eine dicke Halsstütze.

Bei einer abendlichen Fahrt war Klaus und Jennifer, die mit ihrem Leihwagen unterwegs waren, ein Lastwagen entgegen gekommen, der in einer Kurve weit auf die Gegenfahrbahn ausgeschert war und das Auto der beiden jungen Deutschen auf der Fahrerseite frontal traf und stark eindrückte, woraufhin das Auto gegen die Leitplanke gedrückt wurde. Teile der Ladung des Lastwagens sollen sich bei dem Zusammenstoß gelöst haben und seien nach vorne geschossen und hätten das Fahrzeug quasi unter sich begraben.
Was das für eine Ladung gewesen sei, frage ich. „In Bretter gesägte Baumstämme“, sagt Klaus und schluckt.

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Er ist erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen, Jennifer war -wie er erst drei Tage später erfuhr- sofort getötet worden.

„Wir wissen gar nichts“, sagt Jennifers Vater und Klaus Vater fügt hinzu: „Sie müssen uns helfen, es ist eine einzige Katastrophe.“

Durch vorsichtiges Nachfragen bekomme ich heraus, daß der Unfall schon vor fast zwei Wochen passiert ist. Klaus war eine Woche in Norwegen im Krankenhaus und wurde dann nach Deutschland verlegt. In Norwegen ist die Sache offenbar den normalen Gang gegangen. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen, das tote Mädchen wurde auf Anweisung der Behörden obduziert und dann einem örtlichen Bestatter übergeben.

Die Familien in Deutschland wissen weiter nichts, sie haben zig-Mal telefoniert, nur Bruchstücke erfahren; mal hapert es an der Sprache, mal an ungeklärten Kompetenzen, ein anderes Mal an der, aus Verzweiflung oder Unkenntnis rührenden, Uneinsichtigkeit der Eltern.

Da muss was gemacht werden. Ich versuche herauszufinden, wie diesen Leuten am Besten geholfen werden kann. Im Vordergrund steht, den Leichnam der jungen Frau hierher zu bekommen, der Rest wird sich finden.

Ich werde weiter darüber berichten.

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#norwegen

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(©si)