Allgemein

Tod in Norwegen 5

Ich kann Euch sagen, sowas habe ich auch schon lange nicht mehr erlebt.
Der Tod und die Aufbahrung der jungen Jennifer macht uns deutlich bewusst, wieviele Freunde und Bekannte junge Menschen haben und wie einsam doch manche Alten sterben. Es ist unglaublich, wieviele Menschen gestern durch unsere Räume gegangen sind, um von Jennifer Abschied zu nehmen.
Das Kondolenzbuch ist inzwischen so dick, daß es sich mit dem eines Bürgermeisters messen kann, den wir vor ein paar Jahren mal beerdigten.

Wie sehr die jungen Leute gestern geweint haben, brauche ich wohl nicht zu erzählen. Wir haben die Trauerhalle geöffnet und dort Kaffee und belegte Brötchen auf Kosten des Hauses serviert. So beugen wir Kreislaufproblemen vor, die bei solchen Gelegenheiten sehr oft vorkommen.
Damit die vornehmlich jungen Leute wieder „runterkommen“ konnten, haben wir so eine Art „open house“ gemacht und die Möglichkeit gegeben, in nahezu alle Räume zu gehen und sich alles anzuschauen. Das nimmt den Menschen etwas die Angst und das Gefühl des ausgeliefert seins.

Werbung

So hatten wir bald ein dreigeteiltes Haus. Auf der einen Seite atemlose Stille, schweigendes Schlangestehen, unterbrochen von Schluchzen und Weinen. In der Mitte die Trauerhalle mit Leuten, die redeten, tranken und aßen und in den anderen Etagen eher ausgelassene und plappernde Menschen.
Unser Plan ist voll aufgegangen, ich glaube, nur die wenigsten sind vollkommen am Boden zerstört nach Hause gegangen, sondern die meisten dürften das Gefühl gehabt haben, daß ihnen das Drumherum Erleichterung in ihrer Trauer verschafft hat.
Ganz besonders dankbar sind wir, daß der katholische Pfarrer gekommen war, der doch etlichen Leuten in kurzen Gesprächen Beistand leisten konnte.

Sehr emotional und auch für uns sehr ergreifend war die erste halbe Stunde, als wir erst dem Freund und dann den Eltern und Geschwistern der Verstorbenen Gelegenheit gegeben haben, ganz alleine Abschied zu nehmen. Zu Dritt haben wir den jungen Mann halten müssen.

Bei den Eltern haben wir bewusst eine zeitliche Beschränkung ins Spiel gebracht. Eigentlich kann es uns ja egal sein, wie lange die neben dem Sarg stehen oder sitzen und normalerweise beschränken wir das auch nicht. Aber in diesem Fall hielten wir es für angeraten, nach einer gewissen Zeit (etwa 20 Minuten) behutsam auf ein Ende zu dringen. Wir bemerkten nämlich, daß sie sich in ihre Trauer hineinsteigerten und die Mutter des Mädchens kam dadurch in eine Situation, daß wir befürchten mussten, daß sie kollabiert.
Besser ist es, wenn man dann den Druck aus der Situation nimmt.

Bis 20.30 Uhr hatten wir Leute im Haus, wohlgemerkt vom späten Vormittag an.
Danach kam das Mädchen wieder in die Kühlung und wir konnten uns dem Saubermachen widmen. Egal wie vorsichtig und reinlich die Leute auch sind, fast 400 Menschen machen einen Haufen Dreck. Es war weit nach Mitternacht, bis wir alles gesaugt und gewischt hatten. Vor allem die Toiletten…. Mann, Mann…. Für einen solchen Ansturm sind wir dann doch nicht eingerichtet. Da muss ich beim nächsten Mal jemanden besorgen, der sich nur darum kümmert, auch zwischendurch und so…

Heute wird normaler Feiertagsbetrieb sein und morgen steht die Beerdigung von Jennifer an. Trauerfeier bei uns, anschließend Überführung im Schritttempo zum Friedhof und Beisetzung des Sarges.
Für die Trauerfeier ist etliches geplant, aber davon erzähle ich erst morgen, wenn auch wirklich alles so geklappt hat, wie wir es uns vorstellen.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#norwegen

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)