Frag doch den Undertaker

Unerwünschte Reklame von Steinmetzen nach Todesfall

Hallo Tom,
ich lese schon eine ganze Weile deinen Blog.
Leider hat nun auch mich durch den plötzlichen Tod meiner Mutter das Thema Bestattung getroffen.
Aufgrund Ihres Wunsches zu Lebzeiten haben wir uns für die Bestattung in Form von der „Grünen Wiese“ entscheiden.

In den letzten Wochen kamen bereits diverse Postsendungen, die direkt an meinen Vater adressiert waren.
Absender waren diverse Steinmetze der Region. Auf einem Umschlag stand auch noch frech „Wenn Katalog nicht benötigt, bitte zurücksenden. Adresse aus der Tageszeitung“.
Wir haben keine Adresse in der Tageszeitung hinterlassen, d.h. die Firmen haben die Todesanzeige und die Danksagung gelesen und per Internet/Telefon sich unsere Adresse herausgesucht und versuchen so daraus Profit zu schlagen.

Für uns kommt aufgrund der gewählten Bestattungsart kein Grabstein in Frage. Dennoch ärgern einen solche Werbebriefe einen doch ungemein (auch wenn einer benötigt werden würde, wäre ich über solche Werbung verärgert).

Werbung

Ist dies so in der Bestattungsbranche und den Steinmetzen üblich, Adressen aus den Anzeigen mit Hilfe des Telefonbuches/Internets herauszusuchen?
Ist Kaltaquise per Post rechtlich überhaupt erlaubt?

Leider habe ich noch keinen ähnlichen Artikel im Blog mit der Suche gefunden. Daher wollte ich einmal die Frage stellen.

Danke schon einmal für eine Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas

Beginnen wir bei der Beantwortung mit Deiner Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von unerwünschten Briefsendungen.
Im Gegensatz zu Werbeanrufen, bei denen der Anrufer dem unverzüglichen Kontakt zum Anrufenden ausgesetzt und somit in besonderem Maße unter Druck gesetzt wird, hat man ja bei Briefsendungen die Möglichkeit, diese in Ruhe zu prüfen und sich Gedanken über die Zweckmäßigkeit des Angebots zu machen.
Einmal abgesehen von div. Einschränkungen (beispielsweise wenn man bei der Telefonaquise zuvor im Kleingedruckten zugestimmt hat oder wenn man Briefsendungen gewisser Unternehmen widersprochen hat), ist Briefwerbung also grundsätzlich erlaubt.
Für nähere Informationen dazu, habe ich Dir diesen Link hier herausgesucht:
http://www.wettbewerbszentrale.de/de/branchen/direktmarketing/ueberblick/.

Ganz anders sieht es natürlich mit der moralischen Seite aus und es stellt sich die Frage, ob es einwandfrei ist, Trauernden Reklame ins Haus zu schicken.
Grundsätzlich gehört Klappern zum Handwerk, wie man so sagt, und selbstverständlich ist es das gute Recht von Firmen, die Angebote rund um einen Sterbefall haben, Angehörige anzuschreiben und ihre Waren und Dienstleistungen anzubieten. Genau so verständlich ist es aber natürlich auch, daß Angehörige sich durch solche Schreiben angestoßen und belästigt fühlen können und derartige Angebote als störend empfinden.
Auf der anderen Seite liegt oft zwischen dem Todestag und dem Tag der Auftragsvergabe, etwa für Sterbebildchen oder Trauerkarten nur eine sehr kurze Zeit, sodaß die Unternehmen sich beeilen müssen und deshalb oft gleich in Massen auftreten. Manche Witwe fand schon bis zu 20 Schreiben dieser Art am Tag der Beerdigung im Briefkasten vor.

Bevor man also diese Unternehmen verurteilt oder das Bedürfnis nach Ruhe in der Trauerzeit zu hoch hängt, sollte man auch darüber nachdenken, daß es durchaus legitim ist, daß Anbieter auf sich aufmerksam machen.

Dennoch hat die Sache einen etwas faden Beigeschmack, wie alles was sich grob in den Bereich „Geschäft mit dem Tod“ einordnen lässt; aber das hat in erster Linie etwas mit der Tabuisierung dieses Themas in unserer Gesellschaft zu tun.

Bedenklich wird die Sache aber immer dann, wenn die Unternehmen unter falscher Flagge segeln. Wenn beispielsweise vorgegeben wird, es handele sich um eine unumgängliche, ja behördliche Sache, für die man da Geld bezahlen soll, obwohl in Wirklichkeit keinerlei Verpflichtung besteht.
So begann ein Steinmetz seine Schreiben mit dem Satz: „Sie wissen, daß Sie binnen einer Frist von 6 Monaten zur Aufstellung eines ordentlichen Grabmals zur Kennzeichnung der Grabstätte eine Grabmalgenehmigung beantragen müssen, anderenfalls der Grabstein nicht rechtzeitig aufgestellt werden kann. Begehen Sie kein Fristversäumnis und rufen Sie uns heute noch an!“

Mit diesem an Behördendeutsch erinnernden verquasten Satz teilt der Steinmetz im Grunde genommen nur mit, daß man vor dem Aufstellen eines Grabsteines einige Wochen oder Monate vorher eine Skizze des Steins zur Prüfung an das Friedhofsamt senden muß. Das wissen alle Steinmetze und machen das sowieso automatisch.
Trauernde Witwen können aber aufgrund der gewählten Formulierung leicht den Eindruck gewinnen, man müsse jetzt sofort da anrufen, sonst bekomme ihr „Fritz“ später keinen Stein.

Richtig kriminell wird es, wenn das nicht wirklich existierende „Bundesnationale Sterberegister“ als Rechnung getarnte Offerten zuschickt und die Hinterbliebenen glauben, es handele sich um ein offizielles, gar staatliches Register und bei dem Anzeigenpreis um eine hoheitliche Gebühr.
Oder wenn Firmen unverlangte Waren mit Rechnung zusenden (oft aus dem Erotik-Bereich) und so tun, als habe der Verstorbene das zu Lebzeiten noch geordert. Die Witwen zahlen dann aus Scham und schweigen darüber.

Deshalb lautet mein Rat: Nehmen Sie alle Anschreiben, Rechnungen, Zahlungsaufforderungen und ähnliches mit zum Bestatter und zeigen Sie es ihm! Er ist der Fachmann und kann sogleich die Spreu vom Weizen trennen.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)