Herr Böcklundt ist der Enkel einer Dame die wir vor rund einem halben Jahr bestattet haben. Er wohnt hier in der Stadt, war auch bei der Beerdigung damals dabei und möchte sich jetzt um den Grabstein kümmern.
„Wann habt Ihr denn auf?“ wollte er am Telefon wissen und Frau Büser, die Seele des Büros antwortete pflichtgemäß indem sie ihm die normalen Öffnungszeiten nannte. Wir fahren das ganze Jahr, an Sonn- und Feiertagen, bei Tag und Nacht zu den Leuten, wenn es sein muß. Kein Problem, das ist unser Job. Aber beim Aussuchen eines Grabsteins muß das eben nicht sein, da ist keine Eile, keine besondere Situation der Trauer, das kann man schon etwas gelassener angehen.
„Ja, gut, dann komm ich während Eurer Öffnungszeiten mal vorbei“, sagte Herr Böcklundt und legte auf.
Bis 17.00 Uhr haben wir Bürostunden, es wäre also eine gute Idee gewesen, wenn Herr Böcklundt spätestens um 16 Uhr, allerspätestens um 16.30 Uhr gekommen wäre. So ein kleines bißchen Zeit dauert es dann ja doch, bis man einen Grabstein ausgesucht hat.
Nochmals ein kleiner Exkurs für alle diejenigen, die sich wundern daß sich die Leute bei uns, beim Bestatter, einen Grabstein aussuchen:
Normalerweise empfehlen wir den Kunden immer dringend, sich Blumen und Grabsteine bei den Fachkollegen, den Gärtnern und Steinmetzen auszusuchen, aber manche beharren eben darauf, unseren Service „Alles aus einer Hand“ in Anspruch zu nehmen, wollen nicht noch extra woanders hinfahren müssen und schätzen es, daß wir uns um alles kümmern.
Bei den Grabsteinen stehen wir in ständigem guten Kontakt zu zwei Steinmetzunternehmen und wissen genau was alles machbar ist und was es kostet.
Aus einem umfangreichen Katalog suchen sich die Kunden das Gewünschte aus. Alle Steine im Katalog tragen Namen und so notieren wir dann z.B. „Stein Martha Müller, Form Rüdiger Schulze, Schrift Bertha Kollmann“ usw.
Die Steinmetze haben uns Muster der gängigsten Steinarten zur Verfügung gestellt, Würfel von 15 cm Kantenlänge, sodaß die Kunden das Material auch im Original sehen können.
Der Steinmetz prüft dann ob das Ganze machbar ist und berechnet den exakten Preis.
Wegen eines solchen Auftrags also wollte Herr Böcklundt kommen.
Um drei Minuten vor Fünf kam er dann: „Ha, da bin ich ja noch rechtzeitig, Ihr habt ja noch auf.“
„Ja klar, aber nur noch drei Minuten“, muffelte Sandy, blieb aber freundlich und setzte sich in aller Ruhe mit dem Kunden hin.
Um 18.30 Uhr saß sie immer noch und Herr Böcklundt konnte oder wollte sich nicht entscheiden. Die Frage, ob er nun lieber eine aufgesetzte Schrift oder eine eingehauene haben möchte, machte ihm zu schaffen und er überlegte hin und her.
Mal gefällt ihm eine vertieft erhabene Schrift besser, dann wieder eine Schreibschrift aus Bronze, dann doch wieder eine eingehauene und danach vielleicht doch die großen Blockbuchstaben….
Um Viertel vor Sieben meinte Sandy dann: „Nun, Sie können ja die Prospekte mal mitnehmen und daheim in aller Ruhe noch überlegen. Den Rest haben wir ja schon ausgesucht und Sie müssen eigentlich nur noch telefonisch durchgeben wie die Schrift sein soll.“
„Na, ein bißchen Zeit werden Sie sich ja wohl noch nehmen können, oder?“
„Das schon, aber schauen Sie, Sie sind ganz kurz vor Feierabend gekommen und nun ist es gleich Sieben und ich sehe nicht, daß Sie zu einem Ergebnis kommen. Da ich Sie nicht drängen will, andererseits aber auch gerne irgendwann man Feierabend machen möchte, wäre es doch keine schlechte Idee, wenn Sie zu Hause noch weiterüberlegen.“
„Frechheit! Da nehme ich mir extra einen Tag Urlaub, um den Grabstein für meine verstorbene Oma auszusuchen und jetzt hetzen Sie mich so!“
„Wenn Sie sich extra einen ganzen Tag Urlaub genommen haben, dann frage ich mich, warum Sie an diesem Tag nicht früher gekommen sind, dann hätten wir auch mehr Zeit.“
„Ich denke Sie haben einen 24-Stunden-Service! Hä? Steht doch draußen auf Eurem Schild.“
„Haben wir ja auch, aber es gibt nunmal Sachen, die einen solchen Rund-um-die-Uhr-Service erforderlich machen und Sachen, die man ganz normal während der üblichen Bürostunden erledigen kann.“
„Nee, nee, jetzt habe ich mir extra frei genommen, da sollten Sie dann auch die Zeit aufbringen mit mir in Ruhe den Stein auszusuchen.“
„Die Zeit nehme ich mir ja auch gerne, heute übrigens bereits schon seit fast zweieinhalb Stunden.“
„Na also, geht doch!“
„Nein, geht nicht. Wir können ja gerne auch morgen oder an einem anderen Tag mal gemeinsam auf den Friedhof oder zum Steinmetz fahren, damit Sie sich die Schriften mal im Original anschauen können, aber hier ist jetzt für heute einfach Feierabend, es sei denn, Sie kommen jetzt in absehbarer Zeit zu einem Ergebnis.“
„Unverschämtheit! Wissen Sie was? Sie können sich Ihren Stein wohin stecken!“ motzt Herr Böcklundt, zerreißt den Prospekt des Steinmetzes und wirft Sandy die Schnipsel ins Gesicht: „Sauladen hier!“
Bums, weg ist er…
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: urlaub
Klarer Fall: Abmahnung für Sandy aufgrund ihres kundenunfreundlichen Vehaltens und der Vorhaltung ihrer privaten Angelegenheiten! Sauerei, das!
Sorry, manchen Kunden gehört einfach aufs Maul gehauen. Ihr noch zum krönenden Abschluß die Schnipsel ins Gesicht zu werfen, rechtfertigt doch eigentlich Notwehr. 😉
Das sind so Leute, da frage ich mich: Arbeiten die auch was? Was halten die davon, wenn man sie so extrem vom Feierabend abhält?
Für sowas muss man sich auch nen Tag frei nehmen, klar. Und erstmal bis um 12 ausschlafen, dann bis um 3 seelisch darauf vorbereiten, um 4 noch mit den Verwandten kurz Kaffee und Besprechung. Da schafft mans um 5 gerade eben so zum Bestatter. Und dafür hat Sandy kein Verständnis? Wo draußen doch 24 Stunden Service steht? Sie sinkt gerade massiv im Kurs bei mir 😀
Nun ist knobeln angesagt, wie Tom damit umgegangen ist. Was hier flöten gegangen ist, ist ja die Provision für sein Unternehmen und 2 Stunden Freizeit von Sandy.
Ich nehme mal an ein ernstes Wörtchen wirds gegeben haben.
Es handelt sich offenbar nicht um eine dringende Angelegenheit. Sandy hat ihren Job bis mehr als eineinhalb Stunden nach Feierabend anstandslos gemacht – ihr Verhalten danach schien in Ordnung zu sein. Insofern glaube ich nicht an ein „ernstes Gespräch“ mit ihr.
Hängt aber auch von ihrem Tonfall ab.
Tom, gibts ne Fortsetzung? Wie war dein Gespräch mit Sandy?
Irgendwann ist einfach genug… 24h-Service ist wie schon gesagt für Dinge die nur schlecht warten können aber sicherlich nicht um einem solchen Möchtegern-Prinzen Zucker in den Arsch zu blasen. Ich glaube nicht dass man da Sandy gross was verübeln kann.
Grabsteine sind ja eh nicht Tom’s Hauptgeschäft so dass ich denke dass da sowieso nicht besonders viel abfallen würde…
Ehrlich gesagt bin ich etwas ambivalent. Ich bin ja selbst im Dienstleistungssektor selbstständig.
Einerseits weiss ich, dass manche Leute einfach Idioten sind, und am liebsten für lau den Service des Hilton hätten.
Andererseits kommt die Kohle allerdings auch von den Kunden, auch von den Idioten (sofern diese die Rechnung bezahlen) und 19 Uhr finde ich nun nicht sooo spät. Wenn bei mir jemand lieber abends, nach der Arbeit einen Termin möchte, kann er auch um 18 Uhr oder im Einzelfall noch später einen Termin haben, und ich beschwere mich dann auch nicht, oder schmeisse den Kunden raus, weil es auf 21 Uhr zugeht.
Gut, ich selbst bin Nachtmensch, und mir würde es auch nichts auszumachen, mal bis Mitternacht dazuhocken. Termine frühmorgens gibts allerdings nicht. Bevor ich für morgens um 7 oder 8 Uhr einen Termin mache, würde ich eher einen Termin um 21 Uhr anbieten …
Hallo? Frau Büser hat ihm die Öffnungszeiten durchgegeben. Da gibts nix zu rütteln. Der Mann ist einfach nur unverschämt.
Ich schätze mal Tom hat mit Sandy ein Gespräch geführt, aber eher so in die Richtung: „Wieso hast du denn das ganze nicht schon vorher abgebrochen? Ich hätte ihm schon nach 30 Minuten die Prospekte in die Hand gedrückt und ihn zur Tür gebracht.“ 😉
Und ich schäm mich schon immer, wenn ich fünf Minuten vor Schluß irgendwo reinrausche um spätestens zehn Minuten danach wieder raus zu sein. Aber wenn man erst um FünF nach Hause kommt und die Geschäfte nur bis Sechs Uhr öffnen, geht das auch schlecht.
Der Typ ist auf jeden Fall unglaublich. So ein Benehmen würde mir nicht in den Sinn kommen. Und das ist für mich dann auch keine mangelnde Kundenfreundlichkeit… hätte sie bis Mitternacht da sitzen sollen?
Also wenn sich jemand partout nicht entscheiden kann, dann wäre es doch sogar Stunden vor Geschäftsschluss legitim, ihn mit Anschauungsmaterial zum Überlegen nach Hause zu schicken („mal ne Nacht drüber schlafen“ und so).
Hallo,
natürlich ist es kein Problem sich auch nach off Feierabend um den Kunden zu kümmern… aaaber. Das Problem ist das 1. zu 90% die so spät kommen die z.B. als Beamte 5 Min vor Dienstschluss den Stift fallen lassen und selber keine Sekunde länger bleiben würden „O Ton wir hatten von 8-14 geöffnet, da hätten sie halt mal früher kommen müssen“ Und 2. immer genau die Leute so spät auftauchen die genau wiessen solten das Ihr anliegen nciht in 5 Min erledigt ist.
Sich fast 2 Std nach Feierabend noch um den Kunden zu kümmern und dann mal langsam, weil kein ende in Sicht ist, darauf hinzuweisen das man die letzte entscheidung dann einfach morgen Tel durchgibt halte ich für SEHR GUTEN Kundenservice für jemanden der es offensichtlich nichtmal verdient hat – siehe letzte Reaktion.
Ist aber das was immer häufiger vorkommt. Königlichen Service verlangen, sich benehmen wie der letzte Henker und so gut wie nichts dafür bezahlen wollen.
Das Schlimme ist, meist sind es Leute, die selbst immer pünktlich Feierabend machen und jeden abblitzen lassen, der kurz vorher noch was will, sich im Geschäft dann aber noch kurz vor Ladenschluß stundenlang beraten lassen. Da muß ich an den guten alten Spruch denken: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu.
Ich tipp auf nen Cliffhanger, auch wenn es vielleicht noch nicht mal raus ist.
genau Tanja,
so schätz ich das auch ein.
lg
Aki
Ich würde dem ja noch eine Rechnung für den Katalog hinterherschicken und Schadenersatz fordern.
Er ist sicher ein Rentner oder? Urlaub hat er sich bestimmt nur von seiner Briefmarkensammlung genommen…so etwas dreistes…
Sowas wird in keinem Geschäft gebilligt, dass man nach 2 1/2 Stunden nach Ladenschluss noch immer nicht gehen will obwohl man nicht weiss was man will und eh die Prospekte mitnehmen darf. Dem ghört eine gedonnert das er bis nach Hause beschleunigt.
Sie hätte ihn ja zum Essen einladen können, oder den Chef hinzurufen.
Dem Verkaufsgespräch liegt eine einfache Rechnung zu Grunde: Wenn ich mich wegen eines Elektrogerätes für 200€ 10 Minuten beraten lasse, so sind das bei einem Grabstein für 3000€ eben 150 Minuten, und die waren noch nicht um. Es fehlen noch dreißig Minuten. Was denkt die sich eigentlich? Ich zahl doch nicht 3000€ für zwei Stunden, das wäre ja ein Stundenlohn von 1500€ (schliesslich ist Umsatz = Reingewinn).
Wenn Euch mein Geld nicht gut genug ist, habt Ihr’s auch nicht nötig.
Derzeit haben wir eine neue Küche für 10000€ im Sinn. Bei drei Küchenstudios habe ich bis jetzt noch nicht annähernd den erforderlichen Beratungszeitraum ausgeschöpft.:-)
Ich arbeite ja für eine Werbeagentur und dort verstärkt in Sachen Möbel-Werbung. Dort sind Sternchentexte an der Tagesordnung, um Dinge von den genannten Vorzügen auszuschließen.
Beim Schild mit dem 24-Stunden-Service* von Tom müßte also noch stehen:
* Nur nach telefonischer Vereinbarung. Pro Verstorbenem nur einmalig gültig. Gilt nicht für Informationsgespräche zum Zwecke der Beratungs […] Nicht mit Sonder-Aktionen kombinierbar.
Das war doch eh schon mehr als kundenfreundlich. Ich mein wer so einen Stein (wie viele Grundmodelle gibts da? 30?) in einer Stunde nicht ausgesucht hat, der sollte wirklich noch ne Stunde drüber schlafen. Da ist es doch nett vom Bestatter, ihm den Katalog zu überlassen, damit er jederzeit reinschauen kann.
Mein Gott, ich würde mich ja jedes Mal so übel über solche egozentrische, schmerzbefreite und arrogante Menschen ärgern, dass ich wahrscheinlich verfrüht nen Herzinfarkt bekommen würde. Was für ein Job.
Also, ich verstehe Sandy nicht.
Da hat sie ein Dutzend von diesen 15x15x15-Steinmustern da stehen, und der Typ verlässt euren Laden ohne Schädelfraktur.
Tss…
Ich dachte, die wäre tough…
@25: YMMD
@25: Taktisch ist es sicher klüger, den Typen zuerst den Grabstein aussuchen zu lassen (der kommt garantiert noch mal wieder!) und ihn dann erst zwecks Folgeauftrag mit den Dingern zu bombardieren 😉
Vielleicht hätte man dem Herrn sagen sollen, dass er möglichst um 3 dasein soll, da das mit dem Stein aussuchen länger dauern kann…
Also ich hätte mich schon gefreut, ihm die Überstunden in Rechnung zu stellen… Zeitaufwand ist gleich Aufwand und Aufwand gehört belohnt.
So.
Hy, ein ganz grosses Lob an Sandy !!! Mich würde ja mal interessieren wie es bei den Mitbewerbern mit diesem Kunden gelaufen ist 😉 Solche Kunden kenn ich aber auch. Neue Kundin rief mich an, ich müsste ganz schnell und dringend eine Grabstätte mit Erde auffüllen. Wir vereinbarten einen Besichtigungstermin und war pünktlich da. Sie aber auch .. mit Erde und ich sollte das jetzt mal sofort erledigen. Es war 18:30 Uhr .. ich war den ganzen Tag an Aufträge erledigen und ich hätte eigentlich schon längst daheim bei meinem kleinen Sohn sein müssen. Ich ihr freundlich erklärt das wir nur einen Besichtigungstermin ausgemacht haben und gerne so schnell wie möglich in den nächsten Tagen erldeigen werde. Kundin sauer .. aber einverstanden. Ich also am nächsten tag noch schnell dazwischen geschoben .. möchte ja das Kundin zufrieden ist .. und rufe an das Auftrag erledigt ist. Ich soll eine Rechnung schreiben. Schicke als Rechnung hin .. es tut sich nix .. Geld wird nicht überwiesen. War noch nicht mal ein sehr hoher Betrag .. eigentlich… Weiterlesen »
Oh man, wie kann man da noch freundlich bleiben 🙂