Allgemein

Voreilige Notbestattung

Rechtschreibung geprüft

Dem Vermieter war aufgefallen, daß es aus einer seiner Wohnungen eine Zeit lang recht merkwürdig gerochen hatte und Nachbarn berichteten, sie hätten den Wohnungsinhaber längere Zeit nicht mehr gesehen. Als die Polizei dann die Tür öffnete, fand sie den stark verwesten Leichnam des Bewohners.

Das Ordnungsamt der Stadt beauftragte daraufhin unverzüglich einen Bestatter, der den Verstorbenen noch am selben Tag auf Anweisung der Behörde in einem Reihengrab auf einem nahegelegenen Friedhof beisetzte. Hierbei handelte es sich, nach Angaben des Ordnungsamtes, um eine so genannte Notbestattung aus hygienischen und gesundheitsgefährdenden Gründen, weil der Leichenfund an einem extrem heißen Sommertag stattgefunden habe. Auch aus polizeilicher Sicht habe es keine Einwände gegen eine sofortige Bestattung gegeben, da die Todesursache des als Diabetiker bekannten Verstorbenen Herz-Kreislauf-Versagen gewesen sei.

Werbung

Das sei zu voreilig gewesen, stellte jetzt das Oberverwaltungsgericht NRW fest (Az. 19 A 3665 / 06).
Zunächst einmal hätten die Wünsche und Vorstellungen der Angehörigen eines Verstorbenen Vorrang vor den vorgeblichen öffentlichen Belangen einer Behörde. Das eingeschaltete Ordnungsamt hätte zunächst alles in seinen Kräften Stehende unternehmen müssen, um die Familienangehörigen ausfindig zu machen, um ihnen die Organisation der Trauerfeier und die Wahl von Grab und Friedhof zu ermöglichen.
Eine Notbestattung, die der Familie eine Mitwirkung unmöglich macht, sei in diesem Fall nicht angezeigt gewesen, eine sofortige Entfernung des Leichnams aus der Wohnung hätte zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung und zur Gefahrenabwehr vollkommen ausgereicht. Danach hätte der Verstorbene noch ohne weiteres in der Kühlung des Bestatters verbleiben können, um dann ordnungsgemäß mit einer Trauerfeier beerdigt zu werden.

So aber fand die Bestattung „wider Recht und Anstand gewissermaßen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die in Unkenntnis gelassenen Angehörigen konnten weder den Friedhof noch das Grab oder gar die letzte Bekleidung, den Sarg und den Blumenschmuck auswählen“.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

Schlagwörter: , ,

Allgemein

Die Artikel in diesem Weblog sind in Rubriken / Kategorien einsortiert, um bestimmte Themenbereiche zusammenzufassen.

Da das Bestatterweblog schon über 20 Jahre existiert, wurde die Blogsoftware zwei-, dreimal gewechselt. Dabei sind oft die bereits vorgenommenen Kategorisierungen meist verlorengegangen.

Deshalb stehen über 4.000 Artikel in dieser Rubrik hier. Nach und nach, so wie ich die Zeit finde, räume ich hier auf.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 8. August 2008 | Revision: 20. März 2016

Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle journalistische Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bittet das Bestatterweblog um Ihre Hilfe. Es fehlen in diesem Jahr noch über € 7.500,- um den Server, IT, Redaktion und um die anderen Kosten zu decken. Bitte beschenken Sie uns mit einer Spende, sonst müssen wir in Zukunft die meisten Artikel kostenpflichtig bereitstellen. Das wäre schade, auch weil das weitere unkreative Arbeiten erfordert, die wir zeitlich kaum stemmen wollen. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
13 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Ute
16 Jahre zuvor

Ähm… „Letzte Bekleidung“??? In einem solchen Fall??? Bitte wie bekommt Ihr das denn hin? Alleine der Gedanke, einen stark verwesten Toten ankleiden zu müssen, bringt mich heftigst zum Würgen.

Wasabi
16 Jahre zuvor

Letzte Bekleidung? Sorry, aber ich koennte mir vorstellen, in dem Zustand waere das Kleidung der Marke „Plastiktuete, geruchsdicht“.

MiniMoppel
16 Jahre zuvor

Wenn die Verwandten tatsächlich so ein Interesse gehabt hätten, hätte der Mann sicherlich nicht tage- oder wochenlang vor sich hingefault.

16 Jahre zuvor

Hm, alles schön und gut, aber wenn jemand unbemerkt von den Angehörigen in seiner Wohnung tot vor sich hin verwest, ist es in den meisten Fällen leider auch so, dass das Interesse der lieben Anverwandschaft nicht ganz so groß ist.

Ja das ist jetzt recht grob über den Kamm geschoren, aber an der Wahrheit wohl nicht ganz so weit weg …

new_media_junkie
16 Jahre zuvor

Was mich interessiert: Wie ist Toms Stellung dazu? Ist das den Bestattern egal oder die Toten in der Kühlkammer frisch oder wie angehender Kompost (tschuldigung) aussehen?
Gibt es da keine Unterschiede/Probleme in der Handhabung?

16 Jahre zuvor

@Lichterspiele: Ich bin mir bei alledem nicht so sicher. Ab wann hat man sich nicht mehr genug um einen Verwandten gekümmert? Manchmal telefoniert man fast jeden Tag, dann aber wieder vergehen mal 10 oder 14 Tage…
Vielleicht hieß es auch, Tante Frieda wolle für 10 Tage an die See…

Es gibt doch massig Gründe, warum man einen Verwandten tage- oder wochenlang nicht vermißt, obwohl man sich ansonsten völlig normal um ihn kümmert.

Angenommen, man hat noch mit ihm gesprochen, ihn evtl. gar besucht und am nächsten Tag stirbt derjenige in seiner Wohnung. Man wartet auf einen Anruf und der kommt nicht. Dann sagt man sich: Warum soll ich immer bei dem anrufen?`Jetzt warte ich mal bis nächsten Sonntag, ob der Verwandte nicht auch mal von sich anruft usw.
Dann sind schnell mal eine oder zwei Wochen rum und der Betroffene ist verwest, in der Wohnung…

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Bei uns im Ort wurde ein alleinstehender Mitbürger nach vier Wochen in seinem Einfamilienhaus im Keller gefunden. Auch hier war keine hektische Eile an den Tag gelegt worden. Die Bestattung fand im normalen Zeitrahmen statt.
Vor vielleicht 35 Jahren hatte ich auf dem zentralen Friedhof zu tun. Es roch in der Umgebung des Nebeneinganges recht streng.
Auf dem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Hinterhof stand ein Kunststofftransportsarg.
– „So, konntet ihr euch wieder von einen nicht trennen?“
– „Ja, der ist 14 Tage im Wald gelegen!“
So ist es halt, jeder will es recht machen und legt die Vorschriften individuell so aus, wie er denkt, dass es korrekt und nötig sei. Da ist ja keine böse Absicht dahinter.

lily
16 Jahre zuvor

Was mich wundert: Wie stellt man denn an einer Leiche in unvollkommenem Erhaltungszustand die Todesursache ohne Obduktion fest? Muss ja wohl ohne gelaufen sein, sonst hätte man den Toten kaum so fix unter die Erde bekommen. Ein Herzstillstand im Zusammenhang mit dem Tod eines Menschen kommt ja in hundert Prozent der Fälle vor- wenn auch nicht immer als Ursache.
Hm. Merkwürdig.

Mumpakl
16 Jahre zuvor

Wer ruft wirklich mal jeden Tag bei seiner Verwandschaft durch, ob auch noch jeder lebt? Wenn sowas wirklich am von Tom erwähnten nächsten Tag passiert, würde ich auch erst nach ungefähr einem Monat und mehreren vergeblichen Anruftagen Sorgen machen.

Lobo
16 Jahre zuvor

Also das wirft mehrere Fragen bei mir auf :

1: Ist es möglich einen stark verwesten Leichnahm noch ein paar Tage in der Kühlkammer liegen zu lassen ?
2: Wenn nicht, hätte man dann nicht aus hygienischen Gründen den Leichnahm verbrennen können, um eine spätere ordentliche Bestattung durchzuführen?
3: Was haben die Verwandten denn zu dem Fall gesagt ?
4: Wer hat das Ganze denn letzlich bezahlt ?

Marlee
16 Jahre zuvor

@10 Lobo Naja, die Verwandten werden wohl die gewesen sein, die geklagt haben. Sonst wäre das Ganze nicht irgendwann beim OVGericht gelandet. Und der von der Stadt beauftragte Bestatter hat sich bestimmt an genau diese gewandt, um die Kosten erstattet zu bekommen. Es spricht auch überhaupt nichts dagegen, einen stark verwesten Leichnam ein paar Tage in der Kühlkammer liegen zu lassen. Wenn sich ein Gerichtsmediziner der Sache angenommen hätte, falls es sich um einen ungeklärten Todesfall gehandelt hätte, würde der Leichnam auch dort so aufbewahrt werden bis alle notwendigen Untersuchungen vorgenommen worden wären. @alle Zweifler: Sorry, aber nur weil ich z.B. mit meinen Geschwistern teils wochenlang keinen Kontakt habe, heisst das nicht, dass ich sie nicht liebe und kein Interesse an ihnen hätte. Sondern, dass wir alle ein stressiges Leben haben, in dem manchmal Wochen und Monate schneller vorbei sind als gedacht und der letzte Anruf dann auch länger her als angenommen. Und so geht es wohl nicht nur mir, sondern genug anderen Leuten in meiner Umgebung. Über den Kamm scheren geht bei sowas nicht.… Weiterlesen »

Sonja
16 Jahre zuvor

Ich muss Marlee Recht geben. Ich habe ein äußerst gutes Verhältnis zu meiner Schwester, wir haben aber komplett verschiedene Tagesabläufe (Frühaufsteher mit Gleitzeit und Langschläfer mit Spät- bzw. Nachtschicht vertragen sich zeitlich nur bedingt). Selbst wenn man sich fürs Wochenende vornimmt, anzurufen, kann immernoch was dawischen kommen, weshalb mans dann vergisst.
Angehörige haben ohnehin ein verdammt schlechtes Gewissen. Ich weiß nur noch zu gut, wie lange ich daran zu kauen hatte, dass ich als Kind nach der Schule meine Oma hätte besuchen sollen, das aber irgendwie vergaß und meine Mutter sie abends tot in der Wohnung auffand. Meine Mutter war froh, dass nicht ich es war, die sie fand, aber ich habe mir lange gedacht, dass ich vielleicht noch hätte Hilfe holen können. Und so wird es vielen Leuten gehen, die aus welchen Gründen auch immer nicht angerufen haben, oder sich nichts bei gedacht haben, als der liebe Verwandte nicht ans Telefon ging…

Chris
16 Jahre zuvor

Ich weiss nicht ob da ne normale Kühlung was bringt. Am besten wäre tiefkühlen bei – 20 Grad und mit dem gefrorenen Leichnam die Verabschiedung machen. Es dauert bei kompletter Durchfrierung doch schon einige Zeit bis der wider ganz auftaut. Da wär die Bestattung doch schon abgeschlossen. Und den Leichnam in einen Bodybag und den dann in einen Sarg legen. Mich würd interessieren was Undertaker davon hält.




Rechtliches


13
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex