Was bedeutet eigentlich der Polizeidienst beim Bestatter?
Wenn ein Mensch stirbt, ruft normalerweise eine nahestehende Person einen Bestatter ihres Vertrauens an. Bei Unfällen, Straftaten und Selbsttötungen sind aber die Ordnungsbehörden zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Hygiene oft in Zugzwang. Sie können dann nicht abwarten, bis die Angehörigen ermittelt wurden und diese sich für einen bestimmten Bestatter entschieden haben. Deshalb ruft die Polizei dann einen Bestatter, der die erste Bergung der Leiche und deren Abtransport und Lagerung übernimmt.
Dieser Bestatter kann ein öffentlicher Transportdienst von Kommune, Polizei oder Gerichtsmedizin sein, ist aber in vielen Fällen ein niedergelassener gewerblicher Bestatter, der einen Vertrag mit der Polizei hat. Dieses Verfahren ist nun in den verschiedenen Gegenden Deutschlands völlig unterschiedlich geregelt.
Eigentlich sollte es so sein, daß dieser Dienst regelmäßig alle paar Jahre ausgeschrieben wird und sich die verschiedenen interessierten Bestatter darum bewerben. Das Unternehmen, das nach Überprüfung der notwendigen Qualifikation den günstigsten Preis bietet, sollte den Zuschlag bekommen.
In manchen Städten hat ein bestimmter Bestatter einfach als Platzhirsch grundsätzlich diesen Vertrag. Sein Schwager sitzt im Gemeinderat oder sein Onkel spielt mit dem zuständigen Dezernenten Golf. In anderen Gemeinden verlässt man sich auf den billigsten Anbieter und hat dann hinterher Probleme, weil der von außerhalb kommen muß und es sehr viele Beschwerden von Angehörigen gibt.
Manche Kommunen handhaben es auch so, daß sie der Reihe nach alle Bestatter einmal berücksichtigen, was auch eher ungeschickt ist, weil sich daraus immer viel Telefoniererei ergibt, um dann festzustellen, wer nun den Toten hat.
Aber glücklicherweise gehen immer mehr Polizeiverwaltungen dazu über, das korrekt auszuschreiben. So ist das hier bei uns seit einigen Jahren geregelt. Bis dahin hatte immer der kommunale Bestattungsunternehmer, der zur Stadtverwaltung gehört, automatisch Polizeidienst, was die freien Bestatter natürlich erheblich benachteiligte. Es ist zwar grundsätzlich so, daß der Bestatter der Polizeidienst hat nur die Bergung, den Transport und die erste Lagerung der Leiche übernimmt und die Angehörigen danach frei in ihrer Entscheidung sind, welchen Bestatter sie nehmen, doch zeigt die Erfahrung daß viele dann doch einfach bei dem Institut bleiben, das den Verstorbenen schon einmal hat. Es ergibt sich daraus der unter Bestattern bekannte Spruch: Wer die Leiche hat, hat auch den Auftrag.
Seitdem das ausgeschrieben wird, bewerben sich die Bestatter, auch der städtische, um diese Aufträge, die immer auf ein paar Jahre vergeben werden. Schließlich muß der Bestatter, der den Zuschlag bekommt, entsprechende Kapazitäten schaffen/vorhalten und sich personell darauf einstellen können.
Im ersten Jahr hat die Pietät Eichenlaub den Zuschlag bekommen, sie waren einfach die Günstigsten. Doch leider klappte das nicht sonderlich gut, man hatte sich hinsichtlich der Auftragsmenge und der Art der Aufträge wohl überschätzt.
Seitdem ist es so, daß sich mehrere Bestatter zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben und das auf unsere Initiative hin. Wir bieten unsere Dienstleistung en bloc an und teilen uns den Dienst wochenweise auf. So kann man intern jonglieren, um Kapazitäts- und Personalproblemen aus dem Weg zu gehen.
Besonders beliebt sind die Polizeiaufträge nicht. Sie sind häufig mit langen Anfahrten verbunden, die Anrufe kommen sehr häufig zur Unzeit, die Umstände unter denen geborgen werden muß sind meist sehr schwierig und kaum eine ‚Polizeileiche‘ liegt einfach nur tot im Bett. Vielfach hat man es mit verstümmelten Toten zu tun, die Bergung muß auf Autobahnen, Bahnstrecken, an Flußufern oder unter großer „Anteilnahme“ der Bevölkerung erfolgen und nicht selten hat man es mit unglaublich langen Wartezeiten zu tun, bis endlich Bergung und Abtransport erfolgen können.
Hinzu kommt, daß sehr viele der so geborgenen Leichen aus einem eher finanzschwachen Umfeld kommen, Drogentote, Pennbrüder usw, um nur Stichworte zu nennen. Somit steht hinterher auch eine schwierige Realisierung des Folgeauftrags ins Haus.
Auf der anderen Seite sind das recht sichere Aufträge, die in schöner Regelmäßigkeit kommen und bei allem Drumherum dennoch etwas einbringen.
Welche Qualifikation ist erforderlich?
Zumeist geht es der Polizei in erster Linie um Zuverlässigkeit und Schnelligkeit. Wenn die anrufen, soll auch möglichst schnell jemand kommen. Das Personal sollte kompetent sein und auch mit schwierigen Situationen fertigwerden können.
Geeignete Fahrzeuge und eine Kühlkammer sollten vorhanden sein, bei uns wird noch gefordert, daß es eine Kühlkammer gibt, die versiegelt werden kann. Dort können dann Verstorbene verbleiben, von denen man annimmt, daß sie ohne weitere Maßnahmen bald zur Bestattung freigegeben werden.
Wie geht es denn weiter, wenn es keinerlei Angehörige gibt und man womöglich nicht einmal feststellen kann, wer der Tote ist (Stichwort Pennbruder). Bekommt der Bestatter, der die Leiche geholt hat, dann denn Auftrag zur Bestattung von der Kommune incl. Kostenübernahme?
Normalerweise schon, in dem Fall wird mit den Sozialbehörden der Kommune abgerechnet. Es kann aber durchaus sein, daß für diese Sterbefälle die Kommune wiederum eine eigene Ausschreibung hatte und für die Sozialbestattungen im Auftrag des Ordnungsamtes ein völlig anderer Bestatter zuständig ist. Dann wird der Verstorbene abgeholt und von diesem bestattet.
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Wie geht es denn weiter, wenn es keinerlei Angehörige gibt und man womöglich nicht einmal feststellen kann, wer der Tote ist (Stichwort Pennbruder). Bekommt der Bestatter, der die Leiche geholt hat, dann denn Auftrag zur Bestattung von der Kommune incl. Kostenübernahme?
Dann bleibt noch die Frage, was passiert wenn der Tote keinerlei Papiere zur Identifikation bei sich hat?
@02 (Mathias):
Ich nehmen an, dass nicht zum Bestatter kommt, sondern in der Rechtsmedizin obduziert wird, etc.
@Undetaker
Wenn Bestatter A die Leiche Nachts um drei Uhr am Bahndamm abholt und einlagert, die Angehörigen aber Bestatter B als weiterführendes Unternehmen beauftragen, wie wird das abgerechnet? Wer bezahlt den nächtlichen Einsatz, den Transport und die Lagerung?
Man sagt heute nicht mehr Pennbruder, sondern Sozialgeschädigter.
Bei uns bringt das abholende Unternehmen diese Toten auf den Zentralfriedhof, dort ist auch Tag und Nacht eine Aufsicht, die für alle Beteiligten des Falles als Ansprechpartner da ist und dafür sorgt, dass nur berechtigte Personen Zugang haben.
Zur Frage der Kosten: Den Polizeieinsatz stellen wir der Ordnungsmacht in Rechnung. Diese berechnet es in den meisten Fällen den Angehörigen weiter.
Personen deren Name nicht bekannt ist, werden eben namenlos bestattet.
@04/Mac Kaber:
Ich halte dagegen. „Pennbruder“ dürfte definitiv verbreiteter sein.
@ Tobias: Ist aber diskriminierend und schert alle über einen Kamm.
Auch eine Person ohne festen Wohnsitz hat ein Anrecht darauf mit Respekt, in einer der Würde des Menschen angemessenen Weise angesprochen (ohne ironischen der geringschätzigem Unterton)und behandelt zu werden. Auf Art konnte ich fast immer eine Kooperation bei Problemen erreichen.
Gut, der Bestatter hat es einfacher, sein Klient fängt nicht zu diskutieren an. Auch er hat einen Anspruch darauf menschlich behandelt zu werden.
Wir wissen nicht warum es dazu kam, dass er so ein Ende fand. Eine Schuldfrage stellt sich uns nicht, die soll nicht unsere Sache sein. Und wenn er von Anfang an auf der Schattenseite des Lebens stand, so soll er wenigstens jetzt seinen Frieden gefunden haben.
Man kann auch sagen, das ist/war der Herr Müllermeier, er war ohne festen Wohnsitz. Und gut ist.
Die Punkte sind berechtigt, das räume ich ein. Ich benutze (wenn es zutrifft) auch eher den neutralen Begriff „Obdachloser“. „…ohne festen Wohnsitz“ klingt für mich freilich überkorrekt und konstruiert. „Sozialgeschädigter“ auch, klingt gleich nach überzogener Gesellschaftskritik.
Überzogene Gesellschaftskritik nennt man auch Satire 😉
Polizeijargon: Randständiger. Wobei Obdachloser absolut geläufig ist und aus dem „ohne festen Wohnsitz“ der platzsparende ofW wird.
Über diese Fragen habe ich mir noch nie Gedanken gemacht – und wieder was gelernt auf dem Bestatterweblog.
Bei uns in Berlin ist das so: Unser Chef hat seine 9 Filialen zum „Polizeidienst“ eintragen lassen, da kann jeder Bestatter mit eigenem Fuhrpark teilnehmen bzw. auch vom Fahrdiensten fahren lassen muss aber sitz im Berlin haben. In aller Regelmäßigkeit gehts dann zwischen 23Uhr und 4Uhr nachts raus. Zur „Polizeiabholung“ wie sich das bei uns schimpft. Und zu 70% bleiben die Leichen nicht in unseren Händen. Da wir für unsere Filiale mit Sitz in Zehlendorf, bis Berlin Hellersdorf gurken um ne Leiche zu holen. Und die Angehörigen kommen ja nicht extra bis Zehlendorf gefahren. Deswegen bieten wir meist in solchen fällen einen Hausbesuch an. Um die Chance zu erhöhen das der Auftrag bleibt. Gibts keine Angehörigen, kommt ein in Hellersdorf ansäßiger Bestatter zu uns der mit dem Gesundheitsamt/Sozialamt einen Vertrag hat. Wobei nicht viel Geld hängen bleibt die machen denn ne Einäscherung für Anonyme Wiese für 450€. In Berlin haben wir 1std Zeit um am Einsatz Ort zu sein. heißt wenn ich um 23uhr angerufen werde muss ich um 24uhr beim toten sein. Das ist… Weiterlesen »