Der Tod der Olympiasiegerin Laura Dahlmeier hat nicht nur in der Sportwelt für tiefe Bestürzung gesorgt – auch unter Alpinisten und Bestattern wirft ihr tragisches Ende eine Frage auf, die selten offen gestellt wird: Was geschieht mit einem menschlichen Körper, der im Hochgebirge zurückbleibt – womöglich für immer?
Kein Leben riskieren
Die 31-jährige Biathletin verunglückte bei einer anspruchsvollen Expedition am Laila Peak im pakistanischen Karakorum-Gebirge. Auf rund 5.700 Metern Höhe wurde sie von einem herabfallenden Stein tödlich am Kopf getroffen. Ihre Seilpartnerin setzte zwar einen Notruf ab, doch eine Bergung konnte – auch Tage später – nicht stattfinden: Die Gefahr weiterer Steinschläge war zu groß.
Schon im Vorfeld hatte Dahlmeier für diesen Fall verfügt, dass niemand sein Leben für die Bergung ihres Leichnams riskieren solle. Dieser Wunsch wurde respektiert – die Rettungsaktion wurde abgebrochen, der Körper blieb am Berg.
Was passiert mit dem Leichnam in dieser Höhe?
In der extremen Höhenlage des Karakorum herrschen Bedingungen, die eine Zersetzung des Körpers wie im Flachland stark verlangsamen oder sogar verhindern. In rund 5.700 Metern Höhe sind die Temperaturen ganzjährig niedrig, die UV-Strahlung intensiv und Sauerstoff sowie Luftfeuchtigkeit gering.
Das hat mehrere Folgen:
- Insekten oder Aasfresser gibt es dort kaum, was den Verwesungsprozess aus biologischer Sicht nahezu stoppt.
- Der Leichnam kann einfrieren und über Jahrzehnte konserviert bleiben, vergleichbar mit Funden von Bergsteigern in den Alpen, die nach Jahrzehnten nahezu unversehrt wiederentdeckt wurden.
- Kleidung, Rucksack, Ausrüstung und Bergsteigerausrüstung bleiben ebenfalls lange Zeit erhalten. In Kombination mit persönlichen Gegenständen sind sie wichtige Erkennungsmerkmale.
Spätere Identifizierung: kein Problem
Sollte Dahlmeiers Leichnam irgendwann zufällig entdeckt werden – etwa durch Gletscherrückgang oder neue Expeditionen – ist eine eindeutige Identifizierung sehr gut möglich. Selbst Jahrzehnte später können Zähne, Haare oder Knochen genetisch untersucht werden. Eine Analyse des Erbguts ist dank moderner Technik sehr zuverlässig und erlaubt bei passendem Vergleichsmaterial eine eindeutige Zuordnung zur Familie.
Auch die Umgebung am Laila Peak bietet eine gewisse Gewähr, dass der Körper an Ort und Stelle verbleibt – wenngleich natürliche Prozesse wie Erdrutsche, Steinschlag und Schneeverschiebung über Jahre hinweg Veränderungen mit sich bringen können.
Würde am Berg
Was für manche nach einem traurigen Zurücklassen klingt, ist im Alpinismus nicht unüblich. Zahlreiche berühmte Bergsteiger, etwa am Mount Everest oder im Himalaya, ruhen bis heute dort, wo sie verunglückten. Für viele von ihnen – so offenbar auch für Laura Dahlmeier – ist das keine Katastrophe, sondern Teil ihres Verständnisses vom Leben mit dem Berg.
Diese Entscheidung zeigt eine bemerkenswerte Haltung: Der Tod gehört zum Bergsteigen dazu – und der Berg wird zur Ruhestätte.
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Finde es auch bemerkenswert das dieses Thema zu Lebzeiten schon zur Sprache kam und auch eindeutig geklärt wurde, so das auch ihre Angehörige mit diesem letzten Willen leben können.
Ja, aber so ganz merkwürdig ist es irgendwie doch nicht, wenn man drüber nachdenkt. Ich meine, die wenigsten von uns haben so ein Hobby oder so einen Beruf, bei dem es passieren kann, dass man so ums Leben kommen könnte.
Aber wenn es so wäre, würde man vielleicht auch selbstverständlicher darüber sprechen. Stelle ich mir zumindest mal so vor.
Und es muss ja auch praktikabel sein. So einsam, hoch am Berg, in gefährlicher Lage, da wird man eher auch einen Leichnam belassen, als in den uns zugänglichen Gefilden. „Wenn ich mal überfahren werde, lasst mich mit meinem Liegefahrrad an der Leitplanke liegen“, wird ja nicht zählen.
Naja, so Gedanken hat denke ich jeder mal wenn er auf See, in den Bergen, in Höhlen oder sonst wo ist… aber das ich das nun explizit vorher besprochen hätte… eher nicht. Mittlerweile sind die wilden Aktionen bei mir eh nur noch Geschichten, mit zwei Kindern möchte ich nichts mehr „riskieren“… ob ich mich damit anfreunden könnte eines unserer Kinder in der Ferne ruhen zu lassen? Keine Ahnung, nur schwer vorstellbar.
Viele Menschen können ja nicht da ruhen wo sie es am meisten schätzten.
Und solche starken Leidenschaften (Lieben) wie Bergsteigen, Motoradfahreren, einsam auf dem Meer segeln… tragen den möglichen Tod stets mit sich. Deshalb haben ja genügend Leute mit diesen Hobbys schon Bestattungsverfügungen u Finanzierung.
Und die Asche wie vieler Bergfreunde wurde schon in den Lieblingsbergen verstreut….
Stimmt. Früher hatte ich meine Bedenken, bin aber schon sehr lange der Meinung, dass es erlaubt sein sollte, die Totenasche den Angehörigen zu übergeben.
Ich stelle mir vor, dass die Familien einen kleinen Betrag, vielleicht 150 Euro, bezahlen müssen, um die Urne zu erhalten. Dieser Betrag kommt den Friedhöfen zugute, denen ja sonst so die Kunden weglaufen. Falls die Angehörigen nach Jahren der Urnenaufbewahrung zu Hause dann die Urne doch loswerden möchten, können sie sie mit dem Beleg für die 150 Euro auf jedem Friedhof abgeben, wo sie dann endbestattet wird.
Alternativ können die Leute, gemäß bestimmter Regeln, die Asche selbst verstreuen, in den Fluss schütten oder die Urne im Garten beisetzen.
Ich teile Deine Ansicht komplett!
Jedoch bezog ich mich auf die legale Ascheverstreuung oder Bergwiesenbestattung in der Schweiz, da sind natürlich auch viele dt Bergfexe dabei.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass im sehr konservativen Bayern (von wegen Bergen) sowas in den nächsten 100 Jahren legal werden könnte….
Heute gelesen: „In Pakistans abgelegener Kohistan-Region hat ein schmelzender Gletscher die Leiche eines Mannes freigelegt, der seit 1997 als vermisst galt.““Der Körper war intakt. Die Kleidung war nicht einmal zerrissen.“
https://www.watson.de/panorama/kriminalitaet/486168152-leiche-auf-gletscher-in-pakistan-vermisstenfall-nach-28-jahren-geloest