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Wasser und Käsekuchen II

orgel

Am nächsten Morgen kommt Frau Schaltrunk zu uns ins Bestattungshaus, um für ihren dahingeschiedenen Gatten alles Notwendige zu besprechen. Inzwischen hat sie auch das Stammbuch gefunden und trägt es in der rechten Hand. Auf der linken balanciert sie, na was wohl? Richtig, den halben Käsekuchen vom Vortag. Ich freu‘ mir einen Knopf ans Hemd, strahle über das ganze Gesicht und stelle den Kuchen im Gang auf eine Kommode: „Habe gerade erst gegessen, trotzdem vielen Dank!“

So ein Stammbuch ist was Schönes, schade daß das langsam aus der Mode kommt und die veränderten Lebensgewohnheiten immer mehr Einzelurkunden verursachen. Früher bekam jedes Ehepaar bei der Heirat vom Standesbeamten das Stammbuch ausgehändigt. Darin war die Eheschließung beurkundet und auch Platz für kirchliche Eintragungen, etwa für die kirchliche Hochzeit und Kindstaufen. Gesellten sich Kinder zu Familie dazu, wurde auch deren Geburt im Stamm- oder Familienbuch eingetragen und auch die Sterbefälle wurden hier notiert. Für Ahnenforscher, Bestatter und jeden der eine Familienurkunde benötigte, eine durchaus praktische und übersichtliche Sache. Früher waren Ehen ja auch noch für die ‚Ewigkeit‘ und die lebenslange Monotonie Monogamie Gang und Gäbe.

Heute bekommen wir immer mehr lose Blätter und oftmals haben lose Blätter auch nicht den Stellenwert wie ein Buch mit Wappen und Siegel und gehen verloren. Das bedeutet dann oft für den Bestatter, daß er erst detektivisch tätig werden muß und verlorene Urkunden wiederbeschaffen darf. Weitreichendes Kenntnisse aus dem Beurkundungs-, Familien- und Standesrecht sind also auch ein Teil des Berufsbildes eines Bestatters.

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Aber Frau Schaltrunk hat ja ein Stammbuch und das macht es einfach für uns und während sie sich einen schönen Sarg aus glänzend lackierter Kiefer aussucht, hat Antonia den Käsekuchen entdeckt und aufgefuttert.

„Das war aber nett von Ihnen, Chef, daß Sie uns einen Kuchen hingestellt haben. Ein Stück habe ich Ihnen ins Büro gestellt. Bißchen Sahne dazu?“ fragt sie, hat noch ein weißes Fleckchen Sahne an der Nasenspitze und fuchtelt mir mit einer Dose Sprühsahne vor dem Gesicht herum und freut sich kugelig, als ich ihr großzügig auch mein Stückchen Kuchen abtrete.


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 27. Mai 2009 | Revision: 5. Februar 2014

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15 Jahre zuvor

[quote]Früher bekam jedes Ehepaar bei der Heirat vom Standesbeamten das Stammbuch ausgehändigt.[/quote]

Als wir vor nicht ganz 4 Jahren heirateten bekamen wir auch eins und konnten sogar aus 5 verschiedenen „Modellen“ wählen. Also ich hoffe ja nicht, das „früher“ erst so kurz her ist, sonst fühle ich mich alt…

laywanipolikanotmus
15 Jahre zuvor

tzt, Tom, du weisst doch: Nix stehenlassen, wenn Antonia in der Nähe ist. Keine Tassen, keine Kuchen. Die werden doch sofort verbrannt *g*

15 Jahre zuvor

Kathrin: wir auch, allerdings kostet das dann auch extra und die Standesbeamtin hat ausdrücklich betont, dass man sowas nicht zwingend braucht, es nur nett ist.

Wir habens trotzdem genommen, weil wir es einfach schön finden, die wichtigsten Urkunden beieinander zu haben.

15 Jahre zuvor

Huaaargh! @.@

Weiß Antonia, von dem Schicksals-Käsekuchen?

(Und wenn sie ihn so verputzt hat, wie du es beschriebst, konnte er ja nicht muffig geschmeckt haben…)

Wobei – der Verbrennung ist es egal – Verbrannt ist verbrannt *g* 😀

Klasse Story! *thumbs up*

b
15 Jahre zuvor

Monogam/Monoton… da kennt aber jemand seinen Heinz Erhardt 😀

15 Jahre zuvor

Ich glaube, ich mag ab nun keinen Käsekuchen mehr. Danke!
Meine Eltern haben auch ein Stammbuch und da ist alles „ordentlich in Ordnung“ (Forrest Gump).

15 Jahre zuvor

Haste ihr mal verraten warum du keinen Kuchen wolltest? 😀

Rudi
15 Jahre zuvor

Ich hab damals – vor 15 Jahren – die Luxus-Leder-Ausführung genommen, war zwar nicht billig, aber man hat ja nur ein oder zwei im Leben 😉

Aber die Standesbeamtin meinte auch, daß man sich das sparen könnte, da man es ja eh fast nie bräuchte…

/me
15 Jahre zuvor

Wir haben bei unserer Heirat vor 5 Jahren davon abgesehen ein Stammbuch zu nehmen. Kinder wollen wir ohnehin nicht und das kostet damit nur unnütz Geld und steht zu Hause im Weg rum.

name
15 Jahre zuvor

Lesen deine Mitarbeiter eigentlich mit? 🙂

Letzten Herbst haben wir beim heiraten auch ein Stammbuch bekommen.

Ma Rode
15 Jahre zuvor

Ich hab auch so ein Familienstammbuch. Ich brauch´s auch nicht mehr, aber ich finde gut, dass man alle Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden zusammen in ein paar Folien gesteckt hat. Schön übersichtlich.

ingo
15 Jahre zuvor

Wir haben auch ein Stammbuch genommen, mit metallumrahmtem Foto im Deckel. Egal ob später mal Kinder kommen oder nicht, den kleinen Luxus wollten wir uns gönnen, man hinterlässt so schon so wenig Spuren …

Lisa
15 Jahre zuvor

Hmmm schade eigentlich, nicht? Sieht doch eigentlich ganz lecker aus 🙂

15 Jahre zuvor

Ich glaube nicht dass das der echte Kuchen ist, sondern eher ein Beispiel foto dafür wie der Kuchen ausgesehen Haben könnte.
Ausserdem kann man den Kuchen gar nicht so schnell fotografieren wie Antonia den weg gefuttert hat.

eulchen
15 Jahre zuvor

von so einem tollen Kuchenfoto bekomme ich direkt Speichelreflexe. Da ich aber Wasser und Käsekuchen N° I gelesen habe, mag ich dann doch nicht.

15 Jahre zuvor

Ein Stammbuch muss sein!

So wie du schon schreibst ist es doch noch was besonderes und alles ist darin zusammengefasst.

Ein Haufen Geld hat unseres auch gekostet – aber es ist auch superschön. Und im Moment liegt es im Bankschließfach und wenn ich es das nächste mal raushole, dann bitte nur, wenn eine Geburtsurkunde dazukommt ;o).

Anita
15 Jahre zuvor

Also so teuer fand ich das Stammbuch jetzt nicht, das wir vor 2 Jahren zu unserer Hochzeit bekamen, vielleicht 20, 30 Euro. Da wir noch Kinder wollen, ist es sowieso sinnvoll.
Das steht jetzt irgendwo in einem unserer 4 Buecherregale.
Bei uns kommt es auf ein Buch mehr oder weniger nicht an.

Norbert
15 Jahre zuvor

Hm, das mit Antonia und (alles auf einmal auf-)essen wird langsam vorhersehbar.

MacKaber
15 Jahre zuvor

Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiss. Weiss ich, ob der Bäcker oder Metzger seine Hände gewaschen hat, als er wieder von der Sozialkeramik zurückkam?




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