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Wenn der tote Vater ein Schläger war

wolkenhimmel

Mindestens zwei Mal in der Woche bekomme ich Mails von Menschen, die über einen Kostenbescheid der Friedhofsbehörde sehr erstaunt oder erbost sind. Es sind dies Menschen, die nun die Bestattungskosten für einen Angehörigen bezahlen müssen, den sie nicht kannten, nicht mochten oder komplett aus ihrem Leben gestrichen hatten.

Eine Frau schreibt mir, sie müsse nun 1.730,- Euro für die Bestattung ihres Vaters bezahlen, der bereits vor 20 Jahren die Familie verlassen hatte und von dem sie nie etwas gehört habe.

Ein Mann, Mitte 50, schreibt, er solle nun die Kosten für ein Sozialbegräbnis übernehmen, und zwar für seinen alkoholabhängigen Vater, der seine Mutter immer geschlagen habe. Der Vater sei bis vor einem Jahr in Haft gewesen und ist nun verstorben.

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Besonders heftig finde ich die Mail einer inzwischen selbst über 60jährigen Frau, die in ihrer Kindheit fast 12 Jahre vom Vater mißbraucht worden ist. Der Vater hatte sich damals abgesetzt und in den Niederlanden mit einer Lebensgefährtin weitere Kinder bekommen. Vor zwei Jahren war er nach Deutschland zurückgekehrt, wovon die Frau nichts wußte. Trotzdem soll sie nun die von der Stadt verauslagten Bestattungskosten übernehmen.

Ich könnte die Liste solcher Schicksale endlos fortsetzen.
Den Betroffenen kann ich immer nur schreiben, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach trotz der widrigen Umstände die Kosten werden tragen müssen.
Gerichte haben in Einzelfällen auch schon anders geurteilt, aber in aller Regel sind es die Angehörigen, die für die Kosten einstehen müssen.

In mir kämpfen dann immer zwei Meinungen miteinander.
Einerseits fühle ich mit den Betroffenen. Diese Menschen haben oft jahre- oder jahrzehntelang schweres Leid erdulden müssen oder den Verstorbenen noch nicht einmal gekannt. Und nun sollen sie für diesen „bösen“ oder unbekannten Menschen auch noch die Beerdigung bezahlen. Ich verstehe, dass sie das nicht wollen. Sie empfinden die Zahlungsaufforderung dann oft noch als eine zusätzliche Bestrafung.

Andererseits ist es halt so, dass Bestattungsangelegenheiten familienintern zu bewältigen sind. So sieht es das Gesetz vor. Und Gesetze entspringen in den allermeisten Fällen dem Willen oder den Ansichten der Allgemeinheit oder sollen diese widerspiegeln.

Andere sagen durchaus berechtigterweise, dass sie auch nicht einsehen, dass die Allgemeinheit die Kosten für die Bestattung unliebsamer Angehöriger übernehmen soll.
Und wo soll da die Grenze gezogen werden? Wer will das Leid beurteilen? Würden nicht manche dann einem Verstorbenen noch Dinge andichten, nur um um die Bestattungskosten herumzukommen?

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(©si)