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Werbeveranstaltung im Altenheim

Hallo Tom,

ich verfolge fast vom ersten Tag an dein Block. Und finde Ihn immer wieder spannend, aufregend, langweilig, aufreibend, beängstigend, lustig, …. Alles, nur nicht langweilig.

Da meine Mutter jetzt selber in ein Altenheim ziehen will, stelle ich mir in letzter Zeit immer wieder Fragen, wie es dort ablaufen wird.

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Ein Artikel von dir, den Du vor einigen Monaten veröffentlicht hattest, spielte auf einer „Werbeveranstaltungen“ im Altenheim.

Wenn ich es noch richtig im Kopf hab, freuen sich die alten Damen und Herren vor allem immer auf diese Veranstaltungen, da ihr für alle Teilnehmer Kaffee und vor allem Kuchen ausgibt.

Also ehrlich gesagt, kann ich mir aber nicht so richtig vorstellen, wie so eine Veranstaltung abläuft und wie Ihr eure Produkte dort an den Mann respektive Frau bringt. Es will sich doch nicht wirklich jemand mit dem Thema beschäftigen. Vor allem nicht, wenn man schon den zweitletzten Umzug getätigt hat und genau weiß, was der morgige oder der Tag danach bringt.

Was stellt Ihr konkret bei so einer Veranstaltung vor?
– Vorstellung wie eine Beerdigung ablaufen könnte?
– Wie die Bestattung finanziert wird?
– Was sie im Vorfeld vorzubereiten haben?
– Das die Personen sich Gedanken über Ihre eigene Bestattung machen sollen?

Ich finde eigentlich alle diese Punkte sehr absurd. Gegebenenfalls noch die Kostenfrage könnte man in einem solchen Kreis besprechen. Aber du willst doch Bestattungen verkaufen und nicht Versicherungen. Oder?

Wie läuft es nach einer solchen großen Vorstellung der Themen ab. Setzt du dich nach einander an die einzelnen Tische und versuchst dann die Leute zu „bearbeiten“, oder wartest du darauf, dass die Personen sich hoffentlich wieder mal bei dir melden?

Vielen Dank für deine Beantwortung.

Gruß
O.

Es ist selbstverständlich sehr viel Fingerspitzengefühl erforderlich.
Allerdings ist es so, daß die Menschen über die Sorgen, Nöte und Probleme die sie haben sehr offen sprechen und zwar proportional zu deren Auftreten. Wer keine Probleme mit der Prostata hat, der wird sich kaum über die verschiedenen Behandlungsmethoden informieren und darüber sprechen. Wer keine körperlichen Beeinträchtigungen hat, wird sich auch keine Gedanken über die Umrüstung der Wohnung mit altersgerechten Einbauten (z.B. Aufstehhilfe an der Toilette) machen.

Kommt man in ein Alter, in dem das Sterben wahrscheinlicher wird, ist man auch eher bereit, sich über diese ganzen Dinge zu informieren.
Gerade im Altenheim sehen die Menschen doch jeden Tag, daß neue Bewohner kommen und ein Neuer kommt nur, wenn ein Alter gegangen ist…
Das Sterben ist also täglicher Begleiter im Altenheim und den meisten ist schon bewußt, daß sie diese letzte Wohnstätte im Laderaum eines Bestattungswagens verlassen werden.

Man kann durchaus beschwingt und locker über die Arbeit des Bestatters informieren und muß, bei aller Pietät, keineswegs sauertöpfisch und leisetreterisch sein. Natürlich soll das Ganze für uns werben, aber es ist alles andere als eine marktschreierische Werbeverkaufsveranstaltung, eher erinnert es an einen gemütlichen Nachmittag mit dem netten Onkel, der einem was Interessantes erzählt.

Selbst wenn jemand überhaupt keine Lust hat, sich mit dem Thema Bestattungsvorsorge zu beschäftigen, so wird er regelmäßig von der Heimleitung gedrängt, eine solche abzuschließen. Die Alten- und Pflegeheime können im Falle des Todes eines ihrer Bewohner nicht auch noch aufwändige Recherchen nach Verwandten und einem geeigneten Bestatter übernehmen. Deshalb ist es oft unerlässliche Aufnahmebedingung, bereits eine Vorsorge zu haben oder in allernächster Zeit eine abzuschließen.

Man wird aus einer solchen Informationsveranstaltung selten mit einem Packen Aufträge hinausgehen. Wenn man Glück hat, meldet sich über kurz oder lang einer der Gäste und dann kann ein Auftrag dabei herauskommen.

Ich weiß, daß das bei der „Pietät Eichenlaub“ ganz anders abläuft. Die drängen eher, die legen jedem einen Vertrag hin und beharren auch auf einem Wechsel falls die Leute schon eine Vorsorge haben.
Geworben wird mit „Renditen“ und einer tollen Kombination aus Lebensversicherung und Bestattung…

Ich sehe das natürlich unter kaufmännischen Gesichtspunkten, gebe mich aber keinen Illusionen hin.
Auf der anderen Seite geben wir in der Woche bis zu 800 Euro für Zeitungsanzeigen aus, da fallen 200 Euro für Kaffee und Kuchen und eventuell einen Musiker oder Geschichtenerzähler nicht ins Gewicht und für manchen Alten ist eine nachmittägliche Informationsveranstaltung der einzige Lichtblick im Ablauf eines ganzen Monats.
Vergessen darf man übrigens auch nicht, daß viele Heimträger gar keine Werbeveranstaltungen gestatten, zu groß ist die Gefahr, daß auch dementen und unter Betreuung stehenden Personen irgendetwas aufgeschwatzt wird. Das gibt dann hinterher nur Ärger mit den Verantwortlichen.
So ist das Ganze oft eine reine Informationsveranstaltung, in denen ich nur vom „Bestatter“ und nicht von einem konkreten Unternehmen spreche.

Es hat gar keinen Zweck, da jemanden „über den Tisch ziehen“ zu wollen. Der daraus möglicherweise erwachsende Ärger ist die Sache nicht wert.


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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 14. August 2009 | Revision: 28. Mai 2012

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15 Jahre zuvor

@3 und natürlich Magnettherapiekissen. Gegen Rheuma usw. 🙂

Hm man könnte es doch auch mal direkt versuchen: Also wir beide wissen das jeder mal sterben muss. Sie früher, ich später. Darum bin ich hier, wir schauen mal das ihre Beerdigung klasse wird ok?

😀

Matthias
15 Jahre zuvor

[quote]Und finde Ihn immer wieder spannend, aufregend, langweilig, aufreibend, beängstigend, lustig, …. Alles, nur nicht langweilig.[/quote]

[quote]Mein Homer ist kein Kommunist! Er ist vielleicht ein Lügner, ein Schwein, ein Idiot, oder ein Kommunist, aber er ist ganz sicher kein Pornostar![/quote]

15 Jahre zuvor

OT: ich verfolge fast vom ersten Tag an dein Block. Und finde Ihn immer wieder spannend, aufregend, langweilig, aufreibend, beängstigend, lustig, …. Alles, nur nicht langweilig.

Ja watn nun? Erst erwähnt man langweilig und dann schließt man es genzlich aus.. *koppkratz*

Werden Verwandte zu so einer Infoveranstaltung zugelassen eigentlich? Ich meine, somit kann man ja auch als Angehöriger schon vor Ort sehen wenn Oma das dann doch lieber so haben will.

eulchen
15 Jahre zuvor

…gib schon zu, Du hast ein zweites Standbein und verscherbelst Heizdecken, Wärmflaschen mit Tigerfellbezug und ergonomisch geformtes Besteck 🙂

wasem@gmx.de
15 Jahre zuvor

Tom: Was bringen dir solche Werbeveranstaltungen, auf denen dein Unternehmen nichtmal namentlich erwähnt wird, wenn schon aus „wirklichen“ Werbebotschaften im Altersheim kaum mehr als ein, vielleicht zwei Aufträge werden?
Dann hast du 200 Euro Kuchenkosten, ein paar Leute informiert und weiter?
Du betonst ja immer wieder, dass du natürlich menschlich agieren musst aber Geld aus kaufmännischer Sicht natürlich eine Rolle spielt.
Sind 200 Euro ohne Gegenleistung nicht „zu viel Menschlichkeit“?
Bitte nicht falsch verstehen, ich meine dies rein aus kaufmännischer Betrachtungsweise… Irgendwie muss ja auch ein Tom überleben.

Andererseits bringt natürlich dieses Blog hier auch keine Aufträge und kann sich wahrscheinlich nichtmal selber finanzieren.
Von der Zeit, die das Schreiben der Einträge kostet, ganz zu schweigen. Zeit ist schließlich Geld.

Nina
15 Jahre zuvor

@ Matthias: ROFL! Ist das ein Marge-Originalzitat?

Matthias
15 Jahre zuvor

Abe Simpson um genau zu sein.
Die Folge, wo Homer in die Navy kommt.

MacKaber
15 Jahre zuvor

Werbungskosten kann man von der Steuer absetzen, dann sind es schon weniger als 200€. Was wichtiger ist, die Damen und Herren erzählen ihren Söhnen und Töchtern von dem netten Herrn und kommen dann von selbst.




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