Branche/Kommune

Wie in einem schlechten Film: Schwarzes Schaf der Branche verkauft Särge mehrfach

Bestatter verkaufen teure Särge mehrfach und tauschen die teuren Särge vor der Einäscherung gegen billigere aus. Leichen werden nicht gekühlt, die teuren Einzelüberführungsfahrten werden zwar abgerechnet, aber es erfolgt dann ein Sammeltransport im LKW.
Das ist schon fast zu tief in die Klischeeschublade gegriffen, um das Bestattungsgewerbe mies zu machen. Aber diese Geschichten kommen ja nicht von ungefähr und immer wieder gibt es schwarze Schafe in der Branche, die aus kriminellem Antrieb oder finanzieller Verzweiflung zu solchen Methoden greifen. Angesichts von über 800.000 völlig korrekt abgewickelten Bestattungen pro Jahr in Deutschland fallen die 5-10 Fälle die jährlich ruchbar werden, zwar kaum ins Gewicht, sind aber immer willkommener Anlaß, um einen schaurigen Blick auf die Branche des Dunklen und Unbekannten zu werfen.

Viele Zeitungen, u.a. die hier zitierte Südwestpresse, berichteten in den letzten Tagen über diesen Fall:

Den Kunden wurden (…) hochwertige Särge aus Eichen- oder Eschenholz verkauft (…). In diesem lag der Verstorbene bei der Trauerfeier. Doch (danach sei) in billige Fichten- oder Kieferholzsärge, teils ohne Polsterung (umgebettet worden).
Manchmal wurden die Leichen „nur reingekippt“, steht in einem Bericht.

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(Auch) gingen die Angehörigen etwa davon aus, dass die Toten im Anschluss an Trauerfeiern unmittelbar ins Krematorium gefahren würden – und zahlten (…) extra für Einzelüberführungen.
Häufig seien die Leichen aber über Tage, teils Wochen, in der Firma gelagert geworden, um sie gesammelt im Lkw zu transportieren. Zu allem Überfluss sei das Kühlsystem im Gebäude aus Kostengründen nicht genutzt worden. Die Leichname seien in der Liegezeit stark verwest – mit allen negativen Begleiterscheinungen.

Der Bestatter selbst bestreitet alle Vorwürfe und sieht sich einer Kampagne von ehemaligen Mitarbeitern ausgesetzt.
Die Geschädigten haben wohl kaum eine Chance, das Geld zurückzubekommen. Die Firma (…) gibt es nicht mehr. Nach mehreren Umfirmierungen betreibt der Hauptbeschuldigte ein neues Unternehmen mit seiner Schwester.

Daß Bestatter Särge mehrfach verkaufen und gegen billigere austauschen ist für jeden normal kalkulierenden Bestatter ein Unding. „Das lohnt sich doch gar nicht“, sagt ein Kollege aus Duisburg. „Wir kaufen, und das weiß jeder, die Särge günstig ein, veredeln sie mit Griffen, Deckelschrauben und der Innenausstattung und verkaufen sie mit einem guten Gewinn weiter. Wozu dann noch austauschen? Mir wäre der Aufwand zu groß und dann das ständige Aufpassen, daß an das gute Stück, das ja wieder verkauft werden soll, nichts dran kommt. Bei uns kommt so etwas nicht vor und ich kenne auch keinen Kollegen, bei dem das so ist.“

Was die ausgeschaltete Kühlung anbetrifft, so ist das ebenso unverständlich, denn der Bestatter und seine Mitarbeiter sind ja die Ersten, die die dann entstehende Geruchsentwicklung ertragen müssen.
Jedoch: Erst vor kurzem habe ich ein Unternehmen besucht, das die Aufnahme in meine Liste der Bestatter begehrte, und fand dort die Kühlung ebenfalls ausgeschaltet vor. Der Grund: Das koste doch wahnsinnig viel Strom und die Verstorbenen blieben höchstens eine Nacht im Haus.
Das geht nicht, das kann man so nicht machen.

Viel verbreiteter als angenommen ist der Sammeltransport von Verstorbenen. Zwar werden die wenigsten Bestatter Leichen sammeln, um sie dann per LKW zum Krematorium bringen zu lassen, aber sehr oft beobachte ich, daß Bestattungswagen mit zwei bis vier Särgen bei den Krematorien vorfahren. Ob da jeweils ein niedrigerer Transportpreis abgerechnet wurde, ist fraglich. Ich habe in dem Zusammenhang mit einigen Bestatter gesprochen und man gab mir oft zur Antwort, daß man für die Fahrt zum Krematorium ohnehin eine etwas niedrigere Fahrtkostenpauschale abrechne, als für die erste Überführung; da sei es dann auch gerechtfertigt, wenn man die Transporte optimiere und mehrere Särge fahre.
Wenn in der Kostenaufstellung für den Kunden nicht ausdrücklich ein Einzeltransport angegeben ist und der Preis für diesen Krema-Transport wirklich niedriger ist, spricht auch nichts dagegen.
Hat der Bestatter aber den Eindruck erweckt, er fahre nur diesen einen Sarg, oder hat er das evtl. als Einzelüberführung auf der Rechnung stehen und macht das dann nicht, dann ist das schlichtweg Betrug.

Bild: © HAUK MEDIEN ARCHIV / www.bayernnachrichten.de / pixe lio.de

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