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Zausel

Es gibt ja Leute, die müssen ihren Hund überall mit hinnehmen. Aber wenn das schon so ist, kann man dann nicht erwarten, daß diese Leute ihr Tier im Griff haben? Familie Börger kam zu Dritt, Vater, Mutter und Kind, nur daß die Stelle des Kindes in diesem Fall ein vier Jahre alter Spanien-Mischling von der Größe einer mittleren Hauskatze einnahm. Der arme Hund muß auf den Namen „Böselager“ hören und schon allein das treibt mich zu der Frage, wes Geistes Kind jemand ist, der seinen Hund so nennt.

Ich selbst habe seit Ewigkeiten Hunde und mich immer bemüht, denen einen kurzen und griffigen Namen zu geben, bei dessen Rufen ich mich nicht blamiere und länger als nötig aufhalte.

Nun, einen Hund mit zum Bestatter zu bringen ist eine Sache, vielleicht bleibt er nicht alleine und bellt sonst zu Hause die Bude voll, aber dann soll er doch bitte bei Herrchen oder Frauchen bleiben, oder sich brav zusammenrollen und Ruhe geben. Aber nein, der Wuffel ist hypernervös, rennt von einem zum anderen, rutscht ständig an meinem Hosenbein hoch, weil er mir die Hände abschlecken will und weil ich keine Zeit habe, mich abschlecken zu lassen, fängt das Vieh an, mein Bein zu rammeln.

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Die Leute gucken nicht, ich schubse Böselager weg, doch der freut sich darüber, daß ich ihm endlich Aufmerksamkeit schenke und verknüpft jetzt das Springen, Schlecken und Rammeln zu einer gemeinsamen Aktion miteinander. Böselager stinkt und Böselager haart wie ein toter Emu in der Mauser.

Die Börgers sehen meine Notlage, mein Anzug war teuer und das rechte Hosenbein ist voll mit Haaren und Sabber, und Herr Börger meint nur: „Jaja, der Böselager, der ist immer so lebhaft und verschmust, der merkt daß Sie ihn gern haben.“
Hab‘ ich nicht! Aber das kann ich den Börgers nicht sagen. Eher noch kann man einem frischgebackenen Vater sagen, daß sein neugeborener Stammhalter aussieht wie eine vollgekotzte Semmel, als daß man einem Hundebesitzer sagen darf, daß sein Hund beknackt aussieht oder sich so verhält.

Trotzdem sage ich: „Können Sie ihn trotzdem mal wegnehmen, ich will ihm nicht weh tun.“

„Bööööselager! Du böser Böööööselager, kommst Du her? Ja, kommst Du jetzt her? Ja, wann kommt er denn, der Bööööselager? Na, komm, komm. komm!“

Bei meinem Hund genügt ein Wort.
Nicht so bei Böselager, der interessiert sich gar nicht für das in weinerlicher Babysprache vorgetragene Gesabbel seines Frauchens und hüpft und rammelt weiter. Ich stehe auf, den Hund quasi an der Kniescheibe festgeklammert, gehe einen Schritt, hole aus und der Hund rutscht zwei Meter über den Teppich. „Uuuups“, sage ich.

„Jaja, Temperament hat er, unser Böselager. Abends ist er immer so wild und aufgedreht, da geben wir ihm immer eine Flasche Bier, dann wird er ruhig“, sagt Herr Börger und seine Frau fügt hinzu: „Wir haben ihn aus Spanien, von der Tierrettung, der braucht viel Liebe.“

„Sind Sie sicher, daß der überhaupt Deutsch versteht?“ frage ich und die beiden schauen sich an. Ein Leuchten geht über ihr Gesicht und Herr Börger sagt: „Mein Gott! Sollte das wirklich wahr sein, daß der nur Spanisch versteht? Das würde viel erklären.“

„Wie lange haben Sie denn das Tier schon?“

„Schon knapp vier Jahre.“

„Dann sollte er eigentlich inzwischen gehorchen.“

Böselager spitzt die Ohren, setzt sich unter meinen Schreibtisch und wedelt mit dem Schwanz. Ich kann ihn bis hier her riechen, er mich vermutlich auch. Ich gehe wieder zu meinem Platz, Böselager hat genug von mir, will nicht wieder geschubst werden und verkrümelt sich. So kann ich mich wieder den Formularen zuwenden und schaue erst wieder nach dem Hund, als Frau Börger fragt: „Haben Sie mal einen Lappen?“
Böselager hat sein Bein an meinem Papierkorb gehoben.

Endlich sagt Herr Börger: „Ich glaub‘ ich bring den jetzt mal raus ins Auto.“

Ja, besser ist das!

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