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Zusammengerauft

Kennt man Kripo-Beamte nur aus dem „Tatort“, könnte man meinen, das seien oft immer die besten Freunde. Lena Odenthal und Kollege Kopper, Charlotte Sänger und Kollege Dellwo und auch zwei der Ossi-Kommissare wohn(t)en sogar zusammen. Und nach Feierabend sitzen sie, so wollen es uns die Drehbuchautoren weismachen, auch immer bei Currywurst und Bier zusammen.

Die Wirklichkeit im deutschen Polizeialltag sieht dann doch ein wenig anders aus. Da herrscht auf vielen Reviere, so nannte es erst gestern ein Markenträger, „eine Hackordnung schlimmer als auf ’nem Hühnerhof“ und „ein Betriebsklima wie in Stalingrad“. Da arbeiten eher mal Leute zusammen, die sich auf den Tod nicht ausstehen können und Mobbing scheint vielfach zum Alltag zu gehören.

Auch ist es nicht so, daß Kripo-Leute nie frei haben und sozusagen von einem Einsatz aus jeder privaten Lebenssituation herausgerissen werden. KDD heißt die wundersame Abkürzung und steht für Kriminaldauerdienst, der -wie der Name schon sagt- mit wechselnden Beamten dauernd Dienst schiebt. Der KDD trifft die ersten Feststellungen, führt die ersten Befragungen durch und die eigentlich zuständigen Ermittler übernehmen Akten und Fall erst dann wieder, wenn sie regulären Dienst haben. Nur bei besonderen Fällen werden die Kollegen der Fachkommissariate direkt dazugerufen.

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Ob das jetzt überall und immer so ist, weiß ich nicht, hier ist es jedenfalls so organisiert.

Warum erzähle ich das? Ach ja:

Gestern wurden wir zu einem abgebrannten Fachwerkhaus gerufen. Es war gegen 23.30 Uhr in Brand geraten und der Wirt eines nahegelegenen Ausflugslokals hatte die Flammen und den Rauchgeruch bemerkt und die Feuerwehr alarmiert. Obwohl die Feuerwehr sehr schnell am Brandort war, konnte sie nicht verhindern, daß das über 200 Jahre alte Haus bis auf die Grundmauern abbrannte, ja sie hatte Mühe, ein Übergreifen der Flammen auf eine Scheune voller Tabak und landwirtschaftlichem Gerät zu verhindern.
In den ersten Sekunden nach dem Ausbruch eines Brandes reicht oft ein Trinkglas voll Wasser um die Flammen zu löschen, nach einer halben Minute könnte noch ein Putzeimer reichen und vielleicht kann man innerhalb der ersten Zeit sogar mit einem Gartenschlauch löschen, doch wenn so ein ausgetrocknetes Holzhaus Feuer fängt, reichen schon nach wenigen Minuten auch die dicksten Rohre der Feuerwehr kaum noch.

Als wir zum Ort des Geschehens kamen, knisterte und rauchte es nur noch, schwarze Stumpen ragten aus einer grauschwarzen Masse, die vorher mal ein schönes und viel fotografiertes Haus war.
Daß wir hinzugerufen wurden, zeigt an, daß da jemand ums Leben gekommen war.
Die Haupteinsatzkräfte der Feuerwehr waren schon am Zusammenpacken, die freiwillige Feuerwehr sollte mit zwei kleineren Fahrzeugen die Stellung halten um ein Wiederaufflammen zu verhindern.
An der Seite liegt ein erstaunlich kleines Stück goldfarbige Metallfolie, an den Ecken mit Steinen beschwert, darunter die Leiche einer 84jährigen Frau.

Der Wirt des Ausflugslokals hatte der Feuerwehr schon am Telefon gesagt, das Fachwerkhaus stehe derzeit leer, die Bewohner seien glücklicherweise verreist. Was er nicht wußte: Die Großmutter der Familie hütete die Katzen und war vor dem Fernseher eingeschlafen. Ob sie den Brand verursacht hatte, das muß erst ermittelt werden, jedenfalls hat sie bei dem Brand ihr Leben lassen müssen.

An solchen Unglücksorten geht es immer erstaunlich unaufgeregt zu, allenfalls die Feuerwehrler rufen sich mal Kommndos oder technische Hinweise zu. Das laute Brummen der Aggregate herrscht vor.
Unsere Männer sind gerade dabei, das kleine verbrannte Etwas unter der Goldfolie zu bergen und in einen Überführungssarg, die sogenannte Unfallwanne, zu betten, da tönen ungewohnte Klänge an ihr Ohr: Zwei Männer streiten sich heftig und es fallen die übelsten Schimpfworte.
Zwei Beamte des Kriminaldauerdienstes sind aneinandergeraten und zwar über eine an und für sich läppische Angelegenheit. Der eine hatte unseren Männern zugerufen: „Die Tote, die Leiche liegt dort hinten!“ Sein Kollege hatte aber verstanden: „Die tote Leiche liegt da hinten!“ und sich darüber lustig gemacht: „Toter als Leiche geht ja wohl nicht.“

Aus dieser blöden Kleinigkeit ist ein Streit erwachsen, der dazu führte, daß sogar zwei Feuerwehrleute eingreifen mußten und die Streithähne nur mit Mühe und Not davon abhalten konnten, aufeinander loszugehen. Noch während weitere Feuerwehrmänner hinzueilten, traten die Kripo-Männer jeweils nach dem anderen und es fielen Ausdrücke, die man aus deren Mund kaum für möglich gehalten hätte.
Kripo-Männer machen sonst eher einen übernüchternen Eindruck und wirken eher so, als könne ihnen gar nichts etwas anhaben und als gingen sie zum Lachen in den Keller.
Immer sachlich, immer korrekt, bloß nichts Menschliches zeigen…

Aber diese beiden, die konnten sich offenbar überhaupt nicht leiden und ihr Vorgesetzter scheint der Theorie anzuhängen, man müsse die beiden nur oft genug zusammen Dienst schieben lassen, dann würden sie sich schon zusammenraufen.

Nun, das mit dem Raufen hätte bald geklappt.

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(©si)