Branche/Kommune

Ärzte rechnen Leichenschau zu teuer ab – kein Kavaliersdelikt

Neulich veröffentlichte ich hier ein Merkblatt zu den Leichenschaugebühren.
Dazu erreichten mich die Reaktionen zweier Ärzte.

Der eine sagte am Telefon:

„Solange man mir nicht mehr gibt, muss ich mir das auf Umwegen irgendwie reinholen. Auf jeden Fall ist der vorgesehene Betrag zu gering. Dafür habe ich nicht 7 Jahre lang studiert.“

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Ein anderer Arzt schrieb mir:

Ich bin gesetzlich verpflichtet, die Leichenschau durchzuführen.
Für meine langjährigen Patienten mache ich das pro bono (Anm. kostenlos).
Aber mit den äußerst geringen Sätzen der GOÄ (Anm. gesetzliche Gebührenordnung für Ärzte) komme ich bei weitem nicht hin.
Nur wenn ich hoch steigere oder weitere Positionen hinzunehme, komme ich auf einen halbwegs realistischen Satz.

Nochmals: Die GOÄ schreibt exakt vor, was für bestimmte Leistungen des Arztes zu bezahlen ist. Die GOÄ ist aber -zugegebenermaßen auch für Ärzte- oft nur schwer zu verstehen. Welche Position kann ich mit welcher anderen Position kombinieren? Was ist schon in einer anderen Kostenposition enthalten? Das sind Fragen, die oft nicht ohne weiteres zu beantworten sind.

So kommt es vor, dass Ärzte hier völlig sinnfrei irgendwelche Positionen zusammenwürfeln.
Entweder weil sie selbst durch die GOÄ nicht durchsteigen oder weil sie auf diesem Umweg aus den äußert knapp bemessenen Vergütungen eine gute Bezahlung machen wollen. Aus diesem Grund kann eine Leichenschau bei Doktor A. 50,30 € kosten und bei Doktor B. 255,80 €.

Für die niedrigen Sätze der GOÄ können aber weder die Angehörigen eines Verstorbenen, noch der Bestatter etwas. Hier müssen die Ärzte über ihre Standesvertretungen dafür sorgen, dass diese Kostensätze endlich einmal angepasst werden.

Ich sage immer wieder: Jede Mühe verdient ihren Lohn.

Es geht überhaupt nicht darum, dass Ärzte nicht eine angemessene Bezahlung für die Leichenschau bekommen sollen. Wenn der Gesetzgeber festlegt, dass die GOÄ hierfür 500 Euro vorsieht, dann ist das eben so, und dann muss das eben immer bezahlt werden.

Es geht allerdings darum, dass die GOÄ leider nicht viel an Bezahlung hergibt und einige Ärzte deshalb bei der Zusammenstellung einzelner GOÄ-Positionen nicht nur kreativ sind, sondern teilweise bewußt nicht zutreffende Punkte abrechnen um in der Summe dann auf einen adäquaten Betrag zu kommen. Und das geschieht nicht aus Unkenntnis, wie das richtig gemacht wird, sondern aufgrund einer fehlenden Kontrolle.

Jedwede Anordnung und Kostenabrechnung von Ärzten unterliegt ansonsten der Nachkontrolle der zahlenden Organe, nämlich der Krankenkassen. Diese haben aber mit Leichenschaugebühren nichts zu tun.

Deshalb können Ärzte theoretisch abrechnen, was sie wollen. Dem Angehörigen als Laien ist es unmöglich, zu erruieren, ob die einzelnen Honorarpositionen gerechtfertigt sind oder nicht.

Wenn aber nun einerseits die Kontrolle fehlt und andererseits solche überhöhten Abrechnungen erfolgen, obwohl der Arzt weiß, dass das nicht korrekt ist, haben wir es mit Vorsatz zu tun und das kann als Betrug zur Anzeige gebracht werden.

Es geht also in allererster Linie darum, die Ärzteschaft zu sensibilisieren, dass das überhöhte Abrechnen kein Kavaliersdeklikt ist. Es ist auch nicht geeignet, um auf einem Umweg das Honorar „gerechter“ zu machen.

Der einzig richtige Weg ist es, über die Standesvertretungen für eine Neuformulierung der Honorarsätze zu kämpfen.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#ärzte #goä #leichenschau

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(©si)