Eine Leserin schreibt schon seit Wochen verzweifelt in den Kommentaren und hofft auf Antworten von mir und Euch Leserinnen und Lesern.
Nun ist aber der Kommentarbereich nicht der richtige Platz, um Antwort auf aktuelle Fragen zu bekommen. Dazu schreibt man mir besser unter peter@bestatterweblog.de
Der Leserin geht es darum, dass sie auf gar keinen Fall von irgendwem nach ihrem Tod nackt gesehen werden möchte.
Weil die Frau so verzweifelt ist, möchte ich ihr antworten.
Kann ich verfügen, dass meine Leichenschau in Unterwäsche gemacht wird? Damit würde ich ja dem Arzt die Erlaubnis erteilen. Kann ich verfügen, dass mein Hausarzt meine Leichenschau macht und eine Vertretung angeben, falls er im Urlaub sein sollte? Ich möchte von meiner Ärztin untersucht werden, weil sie auch meine Krankenvorgeschichte kennt und ich so sicher sein kann, nicht obduziert zu werden wegen unklarer Todesursache. Außerdem meinte sie, man wird nicht unbedingt komplett entkleidet, wenn sie den Patienten kennt und weiß, woran er gestorben ist, Beispiel Krebs.
Sehr geehrter Herr Wilhelm,
mir ist diese Frage wirklich ganz enorm wichtig. Ich bin stark autistisch veranlagt und diese Panik lässt mich zurzeit nachts nicht schlafen und treibt meinen Puls so in die Höhe, dass ich in letzter Zeit regelmäßig einen viel zu hohen Blutdruck von 144 zu noch was habe und regelrecht Herzrasen- und Herzschmerzen. Können Sie mir bitte eine Antwort geben? Das wäre sehr nett. Liebe Grüße, K
Liebe K.,
ich verstehe Dich sehr gut. Du möchtest nicht, dass Dich andere nackt sehen. Das ist völlig in Ordnung und überhaupt nichts Schlimmes oder Besonderes.
Jeder Mensch hat ein natürliches Schamgefühl, das er mehr oder weniger und je nach Situation überwinden kann. So zeigen sich die meisten Menschen überhaupt nicht gerne unbekleidet, bzw. würden das nie tun, haben aber kein Problem damit, sich beim Arzt zu entkleiden. Diese Leute haben für sich im Kopf klargemacht, dass Ärztinnen und Ärzte nicht aus Neugierde oder sexuellem Interesse anderer Menschen Körper anschauen, sondern zu medizinischen Zwecken.
Jede und jeder hat ja irgendwas an seinem Körper, dass sie/er nicht so schön findet, oder vom geglaubt wird, das würde eventuell nicht der Norm entsprechen oder schlimm aussehen. Hier unterstellt man Ärzten, Krankenhauspersonal und letztendlich auch Bestattern, dass diese eben kein persönliches Interesse daran haben, so etwas zu sehen; und dass sie vor allem nicht darüber sprechen.
So sind die meisten Leute dann durchaus bereit, sich im Falle eines Falles der unangenehmen Prozedur zu unterziehen und sich zu entkleiden.
Dem einen macht das mehr aus, dem anderen weniger.
Und bei manchen Menschen ist dieser Gedanke vollkommen unvorstellbar. Da kann es im Vorfeld von medizinischen Untersuchungen zu regelrechten Panikattacken kommen; und schon Tage vorher kündigen sich Durchfall, Herzrasen und hoher Puls, oft verbunden mit Schweißausbrüchen, an.
Manch einer, der das hier liest, wird vielleicht denken: Mensch, die soll sich nicht so anstellen.
Oder: Mit solchen Problemen gehört man in die Hände eines Psychiaters.
Das muss man aber nicht sagen, denn in dieser Hinsicht ist bei Dir alles völlig normal. Dieses Schamgefühl ist naturgegeben und richtig.
Du musst Dir also auch keine Gedanken darüber machen, dass ich Dich auslache oder nicht ernst nehme.
In den meisten Bereichen Deines Lebens wirst Du Deinen Wunsch ja erfüllen können, indem Du es so gestaltest, dass es Deinen Neigungen entspricht.
In den Situationen, die Du glaubst, nicht kontrollieren zu können, musst Du die Kontrolle behalten und entsprechend offen mit den Beteiligten umgehen. Man kann beispielsweise völlig offen mit seinen Ärzten über diese Befangenheit sprechen. Sie werden dann entsprechend behutsam und verständnisvoll sein.
Nun ist Deine Sorge auch auf die Zeit nach Deinem Tod bezogen. Du weißt das, aber ich schreibe es Dir trotzdem: Du bist dann tot. Du bekommst nichts mehr davon mit. Ärzte, Bestatter und auch Krematoriumsmitarbeiter sehen im Jahr hunderte von unbekleideten Menschen und haben nicht das geringste Interesse, von einem speziellen Körper Kenntnis zu nehmen oder irgendwelche nicht sachbezogenen Gedanken zu entwickeln. Der Leichnam ist die leblose Hülle und nicht mehr die Person, die er mal war. Das Leben und die Person sind erloschen.
Ob die Seele weiterexistiert, wird jeder von uns eines Tages erfahren. Aber eins ist sicher, Menschen leben vor allem in den Erinnerungen weiter. Und alles das hat mit Deinem toten Körper überhaupt nichts zu tun.
Natürlich kannst Du bei einem Bestatter eine Bestattungsvorsorge abschließen und Deine Wünsche ganz exakt zu Protokoll geben. Selbstverständlich darf man da auch verfügen, dass man auf jeden Fall bekleidet bleiben möchte. Es wird einigen Aufwand für den Bestatter bedeuten, aber das kann er ja dementsprechend berechnen. Dann kann er ggf. auch bei der evtl. notwendigen zweiten Leichenschau dabei sein und mithelfen, den Anstand zu wahren. Da ist in Absprache mit dem untersuchenden Arzt ganz sicher was möglich.
Mit Deiner Ärztin und ihrem Vertreter kannst Du das doch bequem absprechen. Sei offen und schildere Deine Gedanken. Man wird Dir zuhören.
- girl-1733358_640: Bild von Jess Foami auf Pixabay
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Danke für die einfühlsame und hilfreiche Antwort. Ich hoffe, sie hilft K. dabei, das Kopfkarussell etwas einzudämmen.
Also ist es möglich, meine Ärztin zu verfügen? Geht das auch, wenn ich im Krankenhaus sterbe? Ist irgendwo gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Arzt des Krankenhauses meine Leichenschau macht? Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.
Lieber Herr Wilhelm?
Können Sie mir diese Frage vielleicht beantworten? Freundliche Grüße Kathleen Metschurat
Hallo Kathleen M.,
Peter hat Deine Frage in diesem Post beantwortet. https://bestatterweblog.de/angst-vor-dem-nacktsein/
Alles Gute,
Melancholia
Kann ich meine Leichenschau auch in Unterwäsche verfügen? Mein Facharzt, der im Krankenhaus arbeitet, meinte, dass man in einer Patientenverfügung verfügen kann, dass seine Leichenschau in Unterwäsche gemacht wird und, dass man sich daran halten muss, wenn ich es verfüge, aber wie sicher ist, dass man sich daran halten muss? Meine Hausärztin meinte, sie hat noch nie gehört, dass man sowas verfügen kann und, dass sie die Leute bei ihrer Leichenschau immer ganz ausgezogen hat und sich strafbar machen würde, wenn sie das nicht tut. Ist das wirklich so? Wie kommt es denn, dass im Internet steht, dass nur etwa 20 % unbekleidet untersucht werden und wie sicher ist meine Patientenverfügung? Ich würde mich sehr freuen, wenn mir auf diese Fragen ein Arzt, oder ein Anwalt antworten würde, der sich damit auskennt. Dafür bedanke ich mich im Vorfeld und wünsche frohe Ostern.
Darf meine Bestatterin auch im Krankenhaus bei meiner Leichenschau dabei sein? Darf meine Hausärztin meine Leichenschau auch machen, wenn ich im Krankenhaus sterbe?
Liebe Kathleen,
ich habe alle Deine Fragen geduldig in mehreren Beiträgen beantwortet.
Du hast panische Angst davor, dass Dich nach Deinem Tod jemand unbekleidet sehen könnte. Das kann jeder in gewisser Weise nachvollziehen, kommt aber letztlich zu dem Schluss, dass dann sowieso das Ende des Lebens erreicht ist und man von den weiteren Abläufen, nach allem, was wir wissen, nichts mehr mitbekommt.
Deshalb ist es dann den meisten Menschen egal, oder sie nehmen es hin, so wie es unausweichlich eben ist.
Ich kann Dir abermals nur raten, mit therapeutischer Hilfe eine Einstellung zu bekommen, die andere Menschen auch haben.
Weitere Fragen zu einzelnen Aspekten, wie man Situationen vermeiden kann, mag ich nun nicht mehr beantworten.
Was kostet denn das, wenn man das in einem Bestattungsvorsorgevertrag regelt? Ist eine betreute Leichenschau durch den Bestatter überhaupt eine Dienstleistung, die mit einem Festbetrag berechnet wird und von jedem Bestatter angeboten wird?