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Antonia macht Fortschritte

Am Freitag war ich auf einer Party, auf der ganz unkatholisch Fleisch serviert wurde. Zu Überraschung aller Anwesenden kam auch Antonia. Das erste Mal, daß sie das Haus verlassen hat und irgendwo hingegangen ist.
Der Gips an Hand und Bein ist ab, an der Hand hat sie eine Manschette und das Bein steckt in einer umschnallbaren Schiene. Sie geht an Krücken, die sie sich unter die Achseln klemmen kann. Das geht nur langsam voran, aber immerhin es geht.

Einen Tag vorher hat die Krankenkasse auch einen passenden Rollstuhl nachliefern lassen. Wir erinnern uns, zuerst hatte man Antonia, die ja ziemlich dick und schwer ist, einen ganz schmalen Rollstuhl geliefert. „Der passt vielleicht für ein 50 Kilo-Mädchen, aber nicht für meine Antonia“, hatte ihr Mann gesagt, obwohl die vom liefernden Sanitätshaus beteuert hatten, der Stuhl könne weitaus mehr tragen. Tja, nur wie soll „weitaus mehr“ in so einen schmalen Stuhl passen?

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Auf eigene Kosten hatte Antonias Mann dann einen besseren und breiteren Stuhl besorgt, den Antonia aber inzwischen auch nicht mehr braucht. Da kommt es ja genau richtig, daß nun auch der Stuhl von der Krankenkasse geliefert wurde, der nach Ostern dann unbenutzt wieder abgeholt werden kann.

So war Antonia guter Dinge und man hat es richtig gemerkt, wie gut es ihr getan hat, mal wieder unter Leuten zu sein, zu lachen und zu feiern. Jetzt darf sie ihr verletztes Bein schon mit 10 Kilo belasten, in vier Wochen dann mit 25 Kilo und so weiter. Insgesamt soll der gesamte Heilungsprozess noch bis Ende des Jahres dauern.

Ein Aspekt der ganzen Geschichte war mir bisher entgangen und so war es gut, daß einige der Anwesenden sich die Geschichte vom Sturz nochmals erzählen ließen.
Antonia war ja beim Anfahren des Busses gestürzt. Was ich seinerzeit gar nicht mitbekommen hatte: Der Bus war angefahren und hatte unmittelbar danach heftig gebremst. Aus der Ausfahrt der Hauptpost war nämlich eine Autofahrerin, offenbar ohne auf den anfahrenden Bus zu achten, herausgefahren und hatte die Notbremsung des Busses nötig gemacht.

Der Busfahrer soll noch die vordere Tür geöffnet und der Autofahrerin etwas zugerufen haben. Dann ist er, obwohl ihm die Fahrgäste gesagt haben, daß sich die „dicke Frau da hinten was gebrochen hat“, noch bis zur nächsten Haltestelle weitergefahren. Er habe nicht auf offener Strecke stehenbleiben können, vor allem weil er sonst auch den Straßenbahnverkeher blockiert hätte. Über Funk hat er schon während der kurzen Fahrt von nur 500 Metern Polizei und Krankenwagen gerufen.
Die Autofahrerin hätte ihm folgen sollen, ist aber stattdessen weggefahren. Zunächst, und so hat es auch in der Zeitung gestanden, ich hatte nur nicht kapiert, daß es da um Antonia ging, ist man davon ausgegangen, daß die Frau Unfallflucht begangen habe. Tatsächlich ist sie aber zur Polizeiwache gefahren und hat sich gemeldet.

So, und nun ist die Frau aber der Meinung, sie habe nichts gemacht, sei sich keiner Schuld bewußt und das hat sie Antonia auch erzählt als sie sie im Krankenhaus besuchte. Das habe ihr der Anwalt geraten, das komme immer gut, wenn man sich entschuldige…
Irgendwie passt das alles nicht zusammen. Auf der einen Seite ist sie sich keiner Schuld bewußt, will von dem Unfall gar nichts mitbekommen haben, außer daß ein Busfahrer sie unmotiviert angeschrien habe und auf der anderen Seite fährt sie vom Unfallort schuldbewußt zur Polizei, nimmt sich einen Anwalt und besucht Antonia mit einem Blumensträußchen.

Antonia will nochmal vorbeikommen und mir das alles ganz genau erzählen, vor allem wie es jetzt mit den Versicherungen weitergeht.


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Hier erzähle ich Geschichten aus meinem Bestattungshaus und insbesondere über meine fabelhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Namen sind verändert. Manchmal wurde auch mehrere Personen zu einer Erzählfigur zusammengefasst.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 4. April 2010 | Revision: 10. Juli 2012

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9 Kommentare
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14 Jahre zuvor

Antonia ist verheiratet?

14 Jahre zuvor

Jo, Antonia hat geheiratet, stand vor einer kleinen weile hier zu lesen.

Tja, der eine Cliffhanger ist beendet, der nächste ist hier in Arbeit 🙂
Ich hoffe, das die Geschichten „In der Psychatrie“ und „Hauen und Stechen“ bei Gelegenheit beendet oder zumindest weitergeführt werden, ich möchte unbedingt wissen, wie die enden.
🙂

14 Jahre zuvor

An dieser Stelle mal ein herzliches „Gute Besserung“ an den Praktikantinnen-Prototypen 🙂

Solche Sachen sind nie schön und ich hoffe, es geht jetzt fix voran. Denn wenn man immer beweglich *hust* *g* war und halt alles selbst gemacht hat, ist man in so einer Situation echt aufgeschmissen und das geht auf Dauer echt an die Substanz.

Muss ja nicht. Insofern: Alles Gute. 🙂

Winnie
14 Jahre zuvor

Na Freunde der Sonne, könnt ihr gut rechnen? Dann rechnet mal nicht damit, dass die liebe Antonia auch nur einen Cent bekommt.

Ich würde ihr viel Geld für ihr Leid gönnen, obwohl das die Qualen nicht lindert, aber zumindest im Nachhinein etwas versüßt.

Gute Besserung ihr weiterhin und schöne Ostern.

Brent
14 Jahre zuvor

Es ist egal, ob die Autofahrerin sich irgendeiner Schuld bewusst ist oder nicht, vernünftig ist es auf jeden Fall sich bei der Polizei zu melden, da man sonst die Folgen von Fahrerflucht riskiert.

minibar
14 Jahre zuvor

Antonia ist verheiratet? Da hab ich wohl was verpasst ???

Na, das mit der Autofahrerin ist ja wohl n Ding!
So einfach wird sie hoffentlich nicht davon kommen.

Torsten
14 Jahre zuvor

Also in Bielefeld – der Stadt, die es nicht gäbe – wurde für eine fast gleiche Aktion einer älteren Dame der Führerschein entzogen. Las ich jedenfalls in einer lokalen Zeitung (NW vom???).

Grüße,
Torsten

eulchen
14 Jahre zuvor

Da Antonia auf dem Weg zur Arbeit war, ist das ganze ein BG Unfall. Da muss die BG kräftig zahlen. Aber die holen sich das zurück, wenn es einen Drittschuldigen gab, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

14 Jahre zuvor

Viele Grüße an die liebste!




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