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Ausserhalb

Die im vorletzten Artikel erwähnten Unfallopfer bleiben sämtlich nicht bei uns. Zwei wurden schon abgeholt, zwei werden am Montag geholt. Die Leute sind allesamt von auswärts und werden von Bestattern aus ihren Heimatorten bestattet.

In der Branche sagt man, daß derjenige, der die Leiche hat, auch den Auftrag bekommt. Das bezieht sich für uns in erster Linie auf Polizeiabholungen. Hier werden wir von der Behörde an einen Tat- oder Unfallort gerufen, um einen Verstorbenen abzuholen. Oft sind diese Verstorbenen zudem auch noch beschlagnahmt und warten dann in unseren Kühlräumen entweder auf die schnelle Freigabe oder auf den Umweg über das rechtsmedizinische Institut und eine Obduktion.

Manchmal kommt es vor, daß die Angehörigen lieber mit einem anderen Bestatter zusammenarbeiten möchten, dann werden die Verstorbenen eben wieder abgeholt. In den meisten Fällen sagen sich die Angehörigen aber, daß sie sowieso keinen anderen Bestatter haben und erteilen uns auch gleich den Auftrag.

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Ob diese ganze Geschichte für uns lukrativ ist, wollten manche Leser wissen. Ja natürlich, sonst würden wir es nicht machen. Aber lieber wäre mir die gleiche Anzahl „normaler“ Sterbefälle. Aus der Sache heraus ergibt es sich nämlich, daß unter diesen Verstorbenen eine überproportional große Zahl an Mittellosen ist. Drogentote, Wohnsitzlose, Familienlose, Menschen aus dem „Milieu“, eben die ganze bunte Mischung derjenigen, bei denen nichts und niemand da ist. Da liegt es auf der Hand, daß man da keine „schöne Beerdigung“ verkaufen kann. Man kann es diesen Menschen immer so schön wie möglich machen, aber aus kaufmännischer Sicht ist das natürlich nicht so interessant wie bei Sterbefällen, bei denen die Angehörigen an nichts sparen wollen.

Bei den vier Unfallopfern bin ich aber aus einem ganz anderen Grund ganz froh, daß die von Kollegen abgeholt werden. Die waren von außerhalb und auch da kommt es manchmal vor, daß die Familien uns trotzdem den Auftrag erteilen. Auch wenn wir natürlich gerne Überführungen machen, weil die gut bezahlt werden, bedeuten auswärtige Bestattungen immer einen Mehraufwand.

Man fährt durch die halbe Republik, dann ist der zuständige Friedhofswärter gerade Schützenkönig geworden und auf Tage nicht ansprechbar oder das ganze Dorfrathaus ist auf Betriebsausflug. Manchmal, vor allem weit im Süden, sprechen die auch eine Sprache, die wir nicht können oder man macht einfach irgendeinen Formular- und Behördenzirkus, den wir nicht kennen.
Ganz oft suchen wir vorher einen „kleinen“ ausgefuchsten Bestatter vor Ort und bitten um Kollegenhilfe. So ein Eingeborener vor Ort kennt die Bestimmungen und Gepflogenheiten und kann uns vor mancher Fußangel bewahren.
Aber alles in allem arbeitet man in seinem gewohnten Umfeld doch sicherer und am besten.

Im Grunde bestatten wir überall, wir sind nicht auf unsere Stadt beschränkt. Theoretisch könnten wir in jeder beliebigen Stadt arbeiten, was aber für die Angehörigen natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Das mal nur als Hinweis an diejenigen, die per Mail anfragen, ob wir nicht jetzt eben einen Beerdigung in Gelsenkirchen-Ückendorf oder in Nordenham übernehmen können.
Es ginge, aber es wäre Unfug.

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(©si)