Frag doch den Undertaker

Bembel, Phosphat und Neuseeländer in Holland

Leser Henning ist auf einen Bericht in der Presse gestoßen, der neuseeländische Verhältnisse beim Umgang mit Totenasche beschreibt. Hier ist der Artikel zu finden.

Im Wesentlichen geht es darum, daß die Neuseeländer zwar die Asche ihrer Toten mit nach Hause nehmen können und mit besonderer Genehmigung auch verstreuen oder vergraben dürfen, dies jedoch nicht tun und stattdessen die Asche an besonders beliebten Stellen auskippen. Dort kommt es dann angeblich zu einer Phosphatüberdüngung und es seien auch noch Fragmente von Knochen erkennbar.

Die Größe der verbleibenden Teilchen in der Asche ist übrigens allein davon abhängig, wie lange und gründlich die Asche gemahlen wird. Hierfür gibt es verschiedene Verfahren, besonders verbreitet ist eine Apparatur, die wie eine Zementmischmaschine oder ein Wäschetrockner über eine rotierende Trommel verfügt und in die neben der Asche mit den Knochen noch Stahlkugeln eingefüllt werden. Durch die Rotation der Trommel zerschlagen die Stahlkugeln die Asche.

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Ist die Totenasche also zum Verstreuen bestimmt, vor allem wenn man sich für eine Luftbestattung, das heißt eine Verstreuung vom Ballon oder Flugzeug aus, interessiert, dann sollte man darauf achten, daß die Asche fein genug zermahlen ist.

Wenn es denn in einem Land schon erlaubt ist, so etwas zu tun, dann kann man auch im Krematorium oder beim Bestatter Bescheid sagen, daß man „feines Material“ will.

Natürlich ist alles was zu viel ist nicht gut und manch einer mag beim Gedanken an Totenasche auch eine gewisse Abscheu haben und nicht unbedingt wollen, daß diese in öffentlichen Parkanlagen an bald jeder Ecke verstreut wird.
Aber bei den Plätzen, die da in diesem Bericht genannt werden, handelt es sich um besonders exponierte Plätze und es wird auch die Neigung der Neuseeländer erwähnt, sich gerne mal über Verordnungen hinwegzusetzen.

Dennoch spricht aber dieses Verhalten nicht für einen Friedhofszwang.
Als vor Jahren in Nordrhein-Westfalen über Totenaschen und den Friedhofszwang diskutiert wurde, kam schnell das Gerücht auf, in Holland, wo man ja auch die Asche mit nach Hause nehmen kann, wären die Grachten voll von Urnen, derer man sich dort schnell entledigt habe.
Das wurde in NRW als eines der Hauptargumente mit ins Feld geführt und rasch das Zerrbild vom „mit einer Urne fußballspielenden Jungen“ gezeichnet. Millionen Urnen würden irgendwann einmal herrenlos und irgendwann wisse man gar nicht mehr wohin damit und es bestehe die Gefahr, daß dann Schindluder damit getrieben würde.

Bei näheren Nachfragen bei den niederländischen Polizeibehörden kam dann allerdings heraus, daß damals kein einziger Fall von in Grachten entsorgten Urnen bekannt war. Diese urbane Legende war von den Gegnern der Aufhebung des Friedhofszwangs bewusst gestreut worden.

Wenn der Friedhofszwang für Asche aufgehoben wäre, käme es natürlich immer mal wieder vor, daß Familien oder Nachlasspfleger auf einmal vor der Frage stehen, was denn nun mit der übriggebliebenen Urne eines vor Jahrzehnten Verstorbenen passieren soll.
Hier müssen dann, gleichzeitig zur Aufhebung des Aschenzwangs, entsprechende Maßnahmen ergriffen und Angebote geschaffen werden. Denkbar wäre an eine Art Zwangsabgabe, sagen wir in Höhe von 50 Euro, bei der Aushändigung der Urne an die Angehörigen, mit der eine spätere „Endlagerung“ der Urne pauschal abgegolten ist.
Ist dann irgendwann eine solche Urne „übrig“, dann gibt man sie einfach an einem Friedhof ab. Dort könnte die Asche an passender Stelle ausgestreut oder einmal im Jahr mit ähnlichen anderen Urnen/Aschen vergraben werden.

Die Leute spülen Joghurtbecher mit Spüli und heißem Wasser aus, bevor sie sie in den gelben Sack schmeissen, warum sollte man ihnen dann nicht zutrauen, auch mit der Totenasche verantwortlich umzugehen. Das wäre noch wahrscheinlicher, gäbe es überall ein kostenloses oder sowieso vorbezahltes Angebot, die Asche eines Tages auch mal loswerden zu können.

Im übrigen geben die Menschen allgemein ein Heidengeld aus, damit ihre Angehörigen eine anständige Bestattung bekommen, sie pflegen die Gräber oft über Generationen und betrachten sie als Punkt der Tradition und Ahnenverbundenheit.
Wieso glauben die Politiker, ein ganzes Volk, das sich ansonsten so verhält, würde ausgerechnet mit Aschenurnen anders und weniger verantwortlich und pietätvoll umgehen?

Nein, ich persönlich glaube nicht daran, daß im Falle einer Freigabe der Urnen, sofort und überall herrenlose Staubbembel auftauchen. Im Einzelfall mag das mal vorkommen, aber im Einzelfall kommt es auch vor, daß ein Elefant aus der Schwebebahn fällt oder sich ein weißer Wal in den Rhein verirrt. Und selbst wenn es häufiger vorkommen würde, der deutsche Beamtenapparat hat für alles eine tolle Lösung.

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(©si)