TV/Medien

Berlin, ich komme -I-

Das Fernsehen ruft an und möchte gerne, daß ich hier aus dem Südwesten in die Bundeshauptstadt Berlin komme, um dort ein paar Sätze in die Kamera zu sprechen. Es geht, soweit es meinen Part betrifft, um das Thema „Tod im Internet“. Da sei es günstiger, mich einfliegen zu lassen, als mit einem Aufnahmeteam 600 Kilometer anzureisen.

Ich war schon lange nicht mehr in Berlin, mein letzter Besuch in der Stadt an der Spree liegt sicher schon 4 Wochen zurück und so sagte ich mehr oder weniger freudig zu.

Aber bitte, ich mag nicht fliegen, man sende mir lieber Fahrscheine für den ICE.
Nicht, daß ich an Flugangst leide, aber der Weg von hier zum Frankfurter oder Stuttgarter Flughafen ist weit und dann brauche ich jemanden, der mich hinbringt und bis ich in Berlin dann vom Flughafen beim Studio bin…, nee, das kommt dann unterm Strich genauso dicke, als ob ich mit dem Zug fahre.

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Zugfahren ist schön. Ich bin schon als Kind gerne mit dem Zug gefahren und mir hat der Bahnhof in dem Stadtteil, in dem ich damals wohnte, immer fast schon so etwas wie Ehrfurcht eingeflößt. Diese beigefarbenen und grünen Kacheln, der fast schon kathedrale Widerhall der Schritte und die Uniformen der beamteten Bediensteten, da war die Welt bei der Bahn noch in Ordnung.
Am Tollsten fand ich den Wiegeautomat, der für einen Groschen mit lautem Getöse mein aktuelles Körpergewicht vollkommen mechanisch ermittelte und auf eine Pappkarte stanzte.
Ach, ich fand das früher toll.

Heute ist das ja irgendwie alles anders. Eine Bahnhofsgaststätte, in der man hätte ein Frühstück einnehmen können, gibt es nicht mehr. Dafür verkaufen sie überall Kaffee Togo, der gar nicht aus Togo kommt, sondern aus Guatemala. Wahrscheinlich ist das Wort Guatemala zu lang, um es auf die Becher zu drucken.
Zu Essen bekomme ich am Bahnhof eine „Schinken-Käse-Zunge“, das ist ein vollkommen salziges Teil mit einer Art geschmolzenem Plastikkäse. Es schmecht nicht gut, aber der frühmorgendliche Hunger treibt es rein.

Ich schlendere so vor mich hin, kaufe am internationalen Zeitungsstand eine WAZ aus der Heimat und entdecke am Ende der „Shopping-Mall“ einen Wiegeautomaten. Der ist natürlich digital, absolut modern und das Wiegen kostet heute 50 Cent. Aber gut, ich habe mich ja schon immer gerne auf Bahnhöfen gewogen, außerdem kann der Apparat meinen Bio-Rhythmus feststellen, meinen „Activity Factor“ ermitteln und sogar feststellen wie groß ich bin und ob ich aktuell meine Periode habe.
Also stelle ich mich auf das Wunderding drauf, werfe meine 50 Cent ein und bekomme im Display die unverschämte und rotzfreche Meldung: „Bitte nur eine Person auf die Waage stellen!“

Was soll’s, ich weiß auch so, daß ich zu schwer bin.
Das wissen die vom Fernsehen aber nicht und weil das ganz nette Leute sind, haben die mir in einem Sechser-Abteil einen Fensterplatz reserviert.
Ich sitze nämlich gerne am Fenster. Da kann man so schön rausgucken.

Wenn man dann was Essen will oder sich beim Zugpersonal einen Kaffee kauft, kann man unterm Fenster so einen kleinen Klapptisch hochklappen, dort seine Tasse abstellen und hinterher den störenden Tisch wieder versenken.

Dachte ich…

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