Branche/Kommune

Bestatter operieren unzulässigerweise mit Nettopreisen – teure Särge

Es ist eine Seuche des Gewerbes. Ja, so muß man es ganz klar nennen. Beinahe täglich erreichen mich Bestatterrechnungen, die ähnlich wie die nachfolgende aussehen:

bestrechn2015

Man sieht, der Bestatter hat hier die Nettopreise untereinandergeschrieben, dann eine Summe ermittelt und 19% Mehrwertsteuer aufgeschlagen. Das kann er auch ohne weiteres so machen.
Jedoch steckt oft eine Masche dahinter. Die Bestatter haben auch in ihren Katalogen und in ihren Ausstellungsräumen nur die Netto-Preise an den Waren stehen.

Werbung

Die Kunden beschweren sich zu Recht, daß die Endrechnung des Bestatters viel höher ausfällt, als es den vorher genannten Preisen entspricht. Der Bestatter sagt im Beratungsgespräch, die Bestattung koste so 1.500 bis 1.700 Euro und dann folgt die Endabrechnung mit über 2.000 Euro. Der Kunde meint in aller Regel, der Bestatter habe nachträglich noch die Preise erhöht oder teurer abgerechnet. Abgesehen davon, daß das auch der Fall sein kann, und daß immer Unwägbarkeiten zu gewissen unerwarteten Rechnungspositionen führen können, bedienen sich aber die Bestatter eines allzu beliebten Tricks:

Sie nennen den Kunden gegenüber nur Nettopreise ohne Mehrwertsteuer und schreiben diese Nettopreise auch rotzfrech auf die Rechnung, und addieren dann noch wie selbstverständlich die Mehrwertsteuer hinzu.

Der Effekt: Im Beratungsgespräch nennt man sehr niedrige Preise (weil eben ohne Steuer), hat in der Ausstellung auch niedrigpreisige Schildchen (oft auch mit dem Zusatz „zzgl.19%“) und kann dann später schön teuer abrechnen.

Hier fühlt sich der Kunde zu Recht getäuscht.

Jeder Kaufmann, der mit Endverbrauchern Geschäfte macht, muß zwingend in den allermeisten Fällen, so auch hier, die Endpreise nennen. Und nur diese muß der Kunde auch bezahlen.
Ich bin sogar der Auffassung, daß ein Kunde, dem der Bestatter einen Nettopreis nennt, auch nur diesen bezahlen muß, denn als Endverbraucher darf er sich blind darauf verlassen, daß nicht noch irgendwelche Steuerzuschläge hinzu kommen.

Eine solche Rechnung, wie die obige, würde ich nicht akzeptieren, wenn mir vorher weisgemacht worden wäre, ich könnte die Waren und Leistungen zu den hier abgerechneten Netto-Preisen beziehen.

Der Verband unabhängiger Bestatter VuB schreibt in einer Stellungnahme vom heutigen Tage dazu:

Wir weisen unsere Mitgliedsbetriebe immer daraufhin, daß eine Abrechnung mit Nettopreisen für Endverbraucher unzulässig ist.

Ich würde eine solche Rechnung nicht akzeptieren und den Bestatter höflich darum bitten, eine Rechnung auf der Basis der vorher genannten Nettopreise zu erstellen. Überweisen würde ich dem Bestatter ausschließlich den Netto-Betrag.
Meinetwegen kann er mich dann wegen der Umsatzsteuer vor Gericht zitieren, auf diesen Prozeß wäre ich gespannt.

Da die Verbände, wie auch meine Seite, die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern regelmäßig über die Verpflichtung zur Nennung von Bruttopreisen informieren, muß man den Bestattern, die so abrechnen, Vorsatz unterstellen, und zwar den Vorsatz, etwas Falsches zu tun. Böse Zungen würden sagen, daß dies unlauteres Handeln, wettbewerbswidrig, und sogar nahe dem Betrug anzusiedeln sei.

Der Bestatter, der seine -durch Trauer und Tränen im Denken und Handeln eingeschränkte- Kundschaft ohne eine sachlich korrekte und umfassende, transparente Kostenaufstellung aus dem Beratungsgespräch gehen läßt, handelt unverantwortlich und schadet sich selbst!

Außerdem stößt der Kundin, die obige Rechnung einsandte, der hohe Sargpreis auf.
Grundsätzlich ist zu sagen, daß sie sich vorher nicht erkundigt und keine Preise verglichen hatte. Sie wurde erst bei der Rechnung mit dem hohen Preis für einen einfachen Verbrennungssarg konfrontiert.
Der Bestatter hatte, trotz mehrfacher Nachfrage, keinen Kostenvoranschlag bzw. keine Kostenaufstellung überreicht.

Bestatter müssen sich endlich davon lösen, Sargverkäufer zu sein, die den Hauptumsatz durch den Verkauf von Sarg, Urne und Wäsche machen.
Ich habe endlos erklärt, wie hoch der Kostenfaktor ist, der dazu führt, daß Särge im Endeffekt so viel teurer sind, als im Einkauf.
Logistik, Lager, Just-in-Time-Warenbeschaffung usw. sind hier die Stichworte.

Aber es kann in der heutigen Zeit nicht mehr angehen, daß Särge, die für 200 Euro billig vom Polen oder Tschechen eingekauft werden, für 1.000 – 3.000 Euro verkauft werden. Nichts rechtfertigt diese Marge.
Moderne Bestatter sind Dienstleister. Sie sind, wie ich es immer schreibe „Eventmanager des Todes“, richten große Feiern aus und sollten genau für das ihr Geld verlangen. Für Organisation, Planung, Kontrolle, Dienstleistung und Schreibarbeiten.
Dafür kann man ohne weiteres zwischen 300 und 700 Euro verlangen, kein Hochzeitplaner verlangt weniger!

Aber für die Erledigung der Formalitäten und den ganzen anderen Aufwand nur 60 lächerliche Euro auf die Rechnung zu schreiben und dann an einer Holzkiste 700 Euro und mehr zu verdienen, und eine Blechdose, die vielleicht 60 Euro im Einkauf kostet, dann für über 300 Euro als Urne an den Mann zu bringen, das ist nicht mehr zeitgemäß!

Liebe Kollegen, steht zu dem was ihr tut. Verlangt einen angemessenen, und meinetwegen hohen Betrag für Eure Kunst! Für den Spezialtransport, den ihr erbringt, für die hygienische Versorgung, für die Planungs-, Organisations- und Dekorationsarbeiten.
Verkauft Euer Know How so teuer es euch lieb ist! Aber bitte rückt davon ab, um so viel überteuerte Pietätwaren und Särge zu verkaufen.

Diese Intransparenz schadet Euch!

Immer wieder komme ich und kommt ihr in Argumentationszwang. Das muß nicht sein!

Bildquellen:

    Hashtags:

    Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

    Keine Schlagwörter vorhanden

    Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden


    Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

    Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




    Lesen Sie doch auch:


    (©si)