Seit 1888 besteht das Kölner Bestattungsinstitut Pütz-Sassen. Vor 17 Jahren übernahm das Unternehmen eine Filiale an einer Kölner Straße, die inzwischen zur Fahrradstraße umgewidmet wurde. Jetzt muss der Bestatter schließen.
Kunden können nicht mehr kommen
Bestatter Frenk Ditscheid sagt: „Mit Einführung der Fahrradstraße am Eigelstein sind die Umsätze brachial zurückgegangen. An einer Fahrradstraße, ohne Möglichkeit der Zufahrt, hätte ich mich niemals niedergelassen.“
Angehörige, die naturgemäß oft im fortgeschrittenen Alter sind, hätten deswegen nicht mehr ohne weiteres zu ihm gelangen können.
Bestattungswagen kann nicht fahren
Hinzugekommen seien logistische Probleme gekommen, wenn kurzfristig, außerhalb der freien Lieferzeit von 6 bis 11 Uhr, Särge oder Betriebsmaterial transportiert werden mussten. Die nicht übertragbare Ausnahmegenehmigung hätte 470 Euro gekostet – pro Jahr und Fahrzeug.
Das Viertel verkommt
Viele andere Geschäfte haben ebenfalls Probleme. Derzeit stehen ein Juwelier, ein Waschsalon, ein Ladenlokal sowie ein Telekommunikations-Geschäft leer.
Neben den Verkehrs-Einschränkungen gibt es auch ein Problem mit der Drogenszene. Vor leerstehenden Läden böten sich „ideale“ Niederlassungs-Möglichkeiten für das Klientel. Ein Gastronom berichtet von häufigen Bedrohungen. Einmal hätte sich ein Mann mitten am Tag splitternackt vor dem Nachbarlokal hingehockt und defäkiert.
Die ganze Meldung kannst Du hier lesen:
Meine Einschätzung:
Ein Wandel muss sinnvoll vollzogen werden
Die Umwandlung einer Straße in eine Fahrradzone kann durchaus positive Effekte haben. Unsere Welt ist aber über Jahrzehnte auf die Automobilität hin ausgerichtet worden. Eine lange Zeit galt das Auto als das Nonplusultra.
Wenn es da jetzt einen Wandel gibt, muss der jeweils sorgfältig bedacht sein. Man sollte ihn so gestalten, dass niemand abgehängt oder blockiert wird. Ein behutsames, stufenweises und zeitlich gedehntes Vorgehen kann hier sehr sinnvoll sein. Das gibt etablierten Strukturen die Möglichkeit den Wandel mitzuvollziehen.
Dienstleister muss fahren können
Ein Bestattungsunternehmen ist ein 24/7/365-Dienstleistungsbetrieb. Rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres leisten Bestatter einen Notdienst. Wer möchte schon länger als notwendig eine Leiche in der Wohnung haben?
Dazu muss ein Bestattungsunternehmen mit seinen Fahrzeugen seine Betriebsräume jederzeit anfahren können.
Das ist hier, wenn ich das recht verstehe, auch berücksichtigt worden. Mit 470 Euro/Jahr ist die Ausnahmegenehmigung für eine Stadt wie Köln nicht exorbitant teuer. Wenn drei Fahrzeuge (Leichenwagen, Transporter, PKW) genehmigt sind, machte das rd. 1.500 Euro/Jahr, ein Betrag, den ein gut funktionierendes Bestattungsinstitut aufbringen können muss. Hier sehe ich nicht das Problem.
Kunden dürfen nicht abgehalten werden
Schlimmer ist der Umstand, dass die Hinterbliebenen nicht ohne weiteres zum Bestattungshaus fahren können.
Wer in Trauer ist, wer in Tränen aufgelöst ist und wer sowieso jetzt viel um die Ohren hat, der will die notwendigen Ziele nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreichen müssen oder mit der Straßenbahn fahren.
Es wollen auch nicht alle Trauernden zu Hause beraten werden.
- bestatter-fahrrad: Peter Wilhelm ki
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Als Kundin genieße ich es, dass die Ehrenstraße nicht mehr von privaten PKW verstopft ist. für das Bestattungsunternehmen hätten sich bestimmt Lösungen finden können, wenn man nur gewollt hätte. Aber ja, bei jeder Gelegenheit: Die Radfahrer sind schuld. Wie machen die das nur in den Niederlanden?
Überraschung, auch Niederländer fahren viel und gerne Auto und es gibt auch dort kaum Straßen, die für Autos gesperrt sind.
Ich denke auch das weniger die Fahrradstrasse das Problem ist, sondern viel mehr Planung und Umsetzung selbiger. Solche gravierenden Umstrukturierungen sollte langfristig geplant und kommuniziert werden, so das Anlieger entsprechend reagieren können.
Z.B. kenne ich es aus anderen Städten das eine Fahrradstrasse nicht zwangsläufig für Autos gesperrt ist, Fahrräder haben nur Vorrang. Die Sperrung für Pkw oder auch nur für Verbrenner ist ein komplett anderes Thema. Ich kenne es auch das z.B. in umliegenden Parkhäusern /Park&Ride eingerichtet werden wo Lieferungen angenommen werden, um diese dann mit eauto oder Lastenrad weiter zu liefern bzw. Kunden auf ÖPNV/Fussweg wechseln.
Das alleine hätte dem Institut allerdings auch nicht geholfen, und die Ausnahmegenehmigung für die Firmenfahrzeuge sowie ein Shuttleservice für Kunden ist auch eher am Problem vorbei.
Ich denke da hätte nur ein Umzug geholfen bzw. an dem Standort wird nur noch eine Zweigstelle mit Schaufenster/Minimalbesetzung/Büro/nach Terminabsprache betrieben…
In Fußgängerzonen sieht man eben auch selten Bestattungshäuser, und das aus gutem Grund. Und eine Fahrradstrasse ist was die Arbeit eines Bestatters angeht ähnlich hinderlich.
PS: In Tränen aufgelöst Auto fahren ist bestimmt keine gute Idee.
Wer sagt das derjenige selber fährt?
In der Empörung einen zu kleinen Horizont? 😉
Selbst blinde dürfen auf Behindertenparkplätzen stehen… in solchen Ausnahmesituationen sollte man sowieso nicht alleine fahren oder Geschäfte tätigen… aber nichts desto trotz wird sich ein älterer Angehöriger freuen wenn er schlecht zu Fuß ist, bis vor ein Geschäft vorzufahren.
Aber dafür könnte man bestimmt Lösungen finden, Anlieger frei Schild würde genügen mit einem nur speziell fürs Institut markierten kundenparkplatz… damit hätten alle anderen keine Parkplätze, halteverbotsschilder aufstellen und es gibt für niemand anderes ein Anliegen, außer für Beerdigungen…
Meine Erfahrung zeigt, dass ältere Trauernde in den meisten Fällen gebracht werden. Wer schlecht zu Fuß ist, bestellt den Bestatter meist nach Hause.
Ich verstehe auch die Empörung in manchen Kommentaren nicht. Ich habe nix gegen Fahrräder und Radfahrer (wenn sie sich korrekt verhalten). Ich finde nur, man sollte die Umstände mehr bedenken, bevor man etwas ändert.
Zur Not kann man doch auch etwas weiter weg parken und hin laufen… diese Situation sehe ich nicht als „Problem“…